Wie ÖVP und SPÖ zunehmend die Rhetorik der FPÖ übernehmen
Die politischen Entwicklungen der letzten Jahre in Österreich zeigen eine bedenkliche Annäherung der ÖVP und – in Teilen – auch der SPÖ an rechte Diskursmuster, wie sie traditionell von der FPÖ geprägt werden. Besonders auffällig wird dies im Bereich der Migrationspolitik und in der Verwendung von antisemitischen Codes und rassistischen Andeutungen. Die schrittweise Übernahme dieser Themenfelder durch die bürgerliche und teils auch sozialdemokratische Parteienlandschaft weist auf eine Normalisierung von Begrifflichkeiten und Denkmustern hin, die einst auf den rechten Rand beschränkt waren.
Migration als Polarisierungsinstrument
Die FPÖ hat seit langem das Thema Migration als politisches Instrument genutzt, um Ängste und Ressentiments zu schüren und Wähler:innen zu mobilisieren. Doch mittlerweile ist der migrationskritische Diskurs auch in der ÖVP fest verankert. Besonders durch Sebastian Kurz und seinen Nachfolger Karl Nehammer ist das Thema Migration zu einem zentralen Element in der Programmatik der Volkspartei geworden. Schlagworte wie „illegale Migration bekämpfen“ und „Asylbetrug“ wurden in die politische Kommunikation übernommen und dienen dazu, das Bild einer Bedrohung zu schaffen, dem die ÖVP als „Schutzpartei“ entgegenzutreten vorgibt.
Auch die SPÖ, vor allem unter Hans Peter Doskozil, hat sich diesem Diskurs zunehmend angenähert. Doskozil, der sich immer wieder als Anwalt der „besorgten Bürger:innen“ positioniert, hat wiederholt eine restriktivere Migrationspolitik eingefordert und sich damit von Teilen der eigenen Parteibasis entfernt. Diese Annäherung an die Rhetorik der FPÖ lässt eine Verwässerung sozialdemokratischer Werte erkennen, während sich die SPÖ scheinbar bemüht, in diesem stark polarisierten Thema nicht als „zu liberal“ wahrgenommen zu werden. Auch wenn unter Babler eine versuchte Umkehr auf diesen Weg erkennbar ist.
Antisemitische Codes und „Feindbilder“
Eine besonders besorgniserregende Entwicklung ist die zunehmend offenere Verwendung antisemitischer Codes und die subtile Andeutung von Verschwörungstheorien. Während die FPÖ traditionell auf antisemitische Ressentiments und fremdenfeindliche Untertöne setzt, finden sich ähnliche Tendenzen nun auch in der ÖVP wieder. Ein besonders aufschlussreicher Moment war die wiederholte Nennung von jüdisch anmutenden Namen wie „Silberstein“, die eine verborgene Einflussnahme andeuten sollen. Diese antisemitischen Untertöne greifen dabei auf ein altes, aber wirksames Instrumentarium zurück, das fremdenfeindliche und antisemitische Vorurteile bedient, ohne sie offen anzusprechen.
Mit dieser Art von Kommunikation spielt die ÖVP mit dem Feuer, indem sie antisemitische Andeutungen normalisiert und salonfähig macht. Die Verwendung jüdisch klingender Namen in einem negativen Kontext ist eine subtile, aber gezielte Strategie, um Misstrauen zu säen und gewisse gesellschaftliche Gruppen zu stigmatisieren.
Normalisierung und die Gefahr für die Demokratie
Durch die Übernahme der Rhetorik und Diskurselemente der FPÖ tragen die ÖVP maßgeblich und in Teilen auch die SPÖ dazu bei, rechte Narrative zu normalisieren. Indem sie Begriffe und Bilder in den politischen Mainstream bringen, die einst als rechte galten, verschieben sie die Grenzen dessen, was sagbar und politisch akzeptabel ist. Diese Verschiebung droht nicht nur, den sozialen Zusammenhalt in Österreich zu gefährden, sondern stellt auch eine Gefahr für die demokratische Kultur des Landes dar.