Was braucht Pflege zu Hause?


UG-Arbeitsgruppe Pflege, Gesundheit und Soziales

ein Beitrag von GeSoPfle, der Arbeitsgruppe für Gesundheit, Soziales und Pflege der UG

eine Forderung der UG:

Pflege ist etwas, das wir alle brauchen. Genauso wie Wasser, Energie, Straßen, etc… Deswegen sollte es auch eine staatliche Verantwortung sein. Stattdessen wird es gesellschaftlich zum größten Teil Frauen, und noch dazu unbezahlt und ohne Anerkennung und Wertschätzung zugemutet, wie die Fakten zeigen:

  • 41% der Pflegeleistung in Österreich wird von Angehörigen erbracht.
  • Der Großteil der pflegenden Angehörigen ist weiblich, 73%.
  • Die größte Gruppe der pflegenden Angehörigen ist zwischen 46 und 64 Jahren, also noch voll im Erwerbsleben oder knapp danach.
  • 42 % der Pflegegeldbezieher*innen werden ausschließlich von Angehörigen gepflegt.
  • Alle, die Pflege privat leisten (auch leisten müssen), haben momentan erhebliche Nachteile mit negativen Langzeitfolgen.

Pflege zu Hause ist also kein „Randphänomen“. Und, Pflege belastet Angehörige. Pflege zusätzlich zum Beruf belastet übermäßig.

Pflege von Angehörigen führt oft dazu, dass Menschen nur mehr in Teilzeit arbeiten können, oder sich kurzfristig oder für längere Zeit aus dem Erwerbsleben zurückziehen. Die Folgen sind weniger Einkommen, weniger Pensionsversicherungsleistungen und Pensionsversicherungsjahre und in der Folge weniger Pension. Auch weniger Vorrückungen in Lohnschemata und weniger Lohnzuwächse sind negative Folgen, wenn das Erwerbsleben unterbrochen wird. Damit entstehen Abhängigkeiten, sowohl vom Partner wie auch von Sozialleistungen.

Die Pflege zu Hause bedeutet oft eine 24h Belastung unter hohem psychischem und physischem Druck, ohne Aussicht auf einen freien Tag oder Urlaub. Ihre Möglichkeiten, sich aktiv in sozioökonomische Prozesse einzubringen, sind extrem reduziert oder gehen verloren.

Mögliche Ziele für eine Verbesserung der Situation von pflegenden Angehörigen wie auch von Menschen mit Pflegebedarf zu Hause sind:

Pflegebedarf darf nicht länger als individuelles Risiko und alleinige Verantwortung der betroffenen Menschen und ihrer Familien gesehen werden. Pflege ist eine gemeinsame, gesellschaftliche Aufgabe, für die gemeinschaftliche Lösungen gefunden werden müssen. Das Bedürfnis nach einem selbstbestimmten Leben zu Hause auch bei Pflegebedarf hat für viele Menschen eine hohe Priorität und wird auch zunehmend öffentlich anerkannt. Wenn nun Angehörige Pflegeleistungen zu Hause übernehmen, sollten sie dies in Kooperation mit einem Team aus Professionalist*innen tun können. Community Nursing kann die Grundlage dafür bilden.

Folgende Voraussetzungen wären zu erfüllen:

  • Die Schaffung arbeitsrechtlicher Möglichkeiten, Angehörige zu pflegen, ohne dabei viele Nachteile auf sich nehmen zu müssen
    Pflege zu Hause ist eine Leistung, die der Gesellschaft hilft, sie entlastet. Ansprüche auf berufliche Auszeit und Teilzeit müssten daher gesetzlich geregelt werden.
  • Einkommensstabilität und Versicherungsleistungen (auch Pensionsjahre), sind keine Almosen, sondern sollten der Arbeitsleistung und dem Beitrag zur gesellschaftlichen Wertschöpfung und zur Lösung eines – wie oben beschrieben – gemeinschaftlichen Problems entsprechen.
    Es muss Zugang zum Sozialversicherungssystem geben, wenn Angehörige pflegen. Die eigene Krankenversicherung muss gesichert sein. Die Pensionsversicherungsjahre sollten trotz Pflege anerkannt, der Einkommensverlust ausgeglichen werden. In den Kollektivverträgen, bei Vorrückungen für Urlaubsanrechnungen, Einkommenssprünge nach Dienstjahren, etc. müssen Pflegezeiten angerechnet werden.
  • Unterstützung und Einbeziehung von Professionist*innen
    Bei der Einbindung der Angehörigenpflege in ein Team aus Professionist*innen geht es sowohl um gemeinsame Bedarfs-Einschätzung, als auch um die Übernahme von notwendiger Unterstützungs- und Pflege-Arbeit, non-direktive Beratung und die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für Selbsthilfegruppen.
    Die Deckung des Unterstützungs- und Erholungsbedarfs der pflegenden Angehörigen kann auch bei der Pflege zu Hause am besten durch ein Team von Professionist*innen sichergestellt werden. Dies soll in einem Berufsgruppenmix erfolgen, je nach Bedarfslage, Behinderung oder Erkrankung. Sozialarbeiterische und rechtliche Unterstützung, Einsatz von Heimhilfe, Ergo,-Physiotherapie oder anderer therapeutischer Berufe können die persönlichen Ressourcen der betroffenen Menschen und ihrer pflegenden Angehörigen stärken.
    Eine flächendeckende Einrichtung von Tageszentren sollte dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.
  • Zeit für Erholung
    Pflegende Angehörige brauchen Zeit für Erholung, freie Tage, eigene Erkrankung, Urlaub bei sichergestellter Erfüllung des Bedarfs der gepflegten Person. Dazu muss es Ressourcen geben, die mit langfristiger Planung oder auch bei kurzen Anlassfällen (eigene Erkrankung…) zur Verfügung stehen.

Die Finanzierung derartiger Unterstützungs-Strukturen sollte angesichts der umfangreichen Arbeit, die pflegende Angehörige unbezahlt leisten, gegeben sein. Eine jährliche Zahlung von 1.500 Euro, wie das schon diskutiert war, löst keines der Probleme und kompensiert keinen der Nachteile, mit denen pflegende Angehörige tagtäglich konfrontiert sind. Dieser, im Vergleich zum Aufwand, verschwindend geringe Betrag kann nur als Alibi-Leistung angesehen werden, die dazu dient, sich von der gemeinschaftlichen Verantwortung für den Umgang mit dem Lebensrisiko ‚Pflegebedarf‘ loszukaufen.

 

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