Schattenarbeitswelt, nein danke!


Die in den letzten Wochen immer präsenter gewordenen Vorfälle rund um Hygiene Austria führen uns in dramatischer Ausgestaltung vor Augen, wie es um unsere Arbeitswelt steht.

Natürlich können wir froh darüber sein, dass diese Beispiele nicht die grundsätzliche Realität widerspiegeln. Derartige Schlagzeilen zeigen uns aber immer wieder, dass mitten in unserer Gesellschaft Arbeitsbedingungen vorherrschen, die wir anderswo massiv kritisieren würden. Scheinfirmen, Umgehungsgeschäfte, schwindelige Leiharbeitskonstruktionen, die schnell auf die Beine gestellt werden, um an lukrative staatliche Aufträge zu gelangen. Arbeitskräfte, die von einer Firmenkonstruktion in die nächste verschoben werden, unbezahlte Löhne usw. – all dies passiert mitten auf dem Schattenarbeitsmarkt der Republik Österreich.

Fälle wie diese zeigen, welche Funktion das Lohn- und Sozialdumpinggesetz hat. Nur langsam kamen durch Überprüfungen die Fakten auf den Tisch. Aber nicht nur dieses ist zur Unterbindung derartiger krimineller Energie von Relevanz.

Daneben braucht es einen verantwortungsvollen Umgang politischer Entscheidungsträger*innen und die Verpflichtung, soziale unternehmerische Standards in die Vergabe miteinzubeziehen. Dass Unternehmen unter Aushöhlung von arbeitsrechtlichen Mindeststandards und Ignoranz von abgabenrechtlichen Verpflichtungen umsatzträchtige staatliche Aufträge erledigen, ist unerträglich.

Auch fordern wir schon länger, dass Auftraggeber*innen nach dem Bundesvergabegesetz ein Auskunftsrecht betreffend Eintragungen in die Evidenz nach dem Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz erhalten müssen. Ein Eintrag in diese Evidenz soll unter bestimmten, genau festzulegenden Bedingungen einen Ausschluss aus dem Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabegesetz zur Folge haben.

Neben diesem, doch schon kriminellen Wirtschaften, sind wir leider auch im rechtskonformen Bereich immer mehr mit dem Versuch der Umgehung konfrontiert. Aufgrund der Krise boomen Lieferdienste mit „scheinselbständigen“ Lieferbot*innen, selbständige Paketzusteller*innen, befristete Universitätsmitarbeiter*innen, die als Sachaufwand gewertet werden usw. Quer durch alle Branchen zieht sich der Versuch, Risiko und Verantwortung auf die Beschäftigten zu übertragen. Unsichere prekäre Einkommensverhältnisse, eine Aushöhlung der arbeitsrechtlichen Mindeststandards, aber auch eine Veränderung unserer aller Arbeitsbedingungen sind die Folgen.

Wollen wir dieser Entwicklung etwas entgegensetzen, braucht es eine schon lange geforderte Anpassung des Arbeitnehmer*innenbegriffes. Dieser war grundsätzlich immer schon ungenau, ist vor allem aber schon lange nicht mehr zeitgemäß.

Wendet man die in der Auslegung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften geltende grundsätzliche Zweckbestimmung (nämlich den Ausgleich eines Machtungleichgewicht zwischen Beschäftigten und Dienstgeber*innen) an, hält die Ausgestaltung des Arbeitnehmer*innenbegriffes den Notwendigkeiten aufgrund der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt schon länger nicht mehr stand.

Der Arbeitnehmer*innenbegriff muss dahingehend umdefiniert werden, dass er nicht nur auf die persönliche Abhängigkeit, sondern vor allem auf die wirtschaftliche Abhängigkeit eingeht. Vor allem durch die Flexibilisierung der Arbeitswelt (zeitlich wie auch räumlich) ist das Festmachen der Arbeitnehmer*innen-Eigenschaft hauptsächlich an der persönlichen Abhängigkeit nicht mehr tragbar.

 Es braucht dringend einen breiteren Anwendungsbereich, um der weiteren Ausbreitung von angeblich selbständiger bzw. prekärer Erwerbstätigkeit entgegen zu wirken. Nur so kann die weitere Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften (wie Gesetze, Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen, betriebsrätliche Vertretung etc.) sichergestellt werden.

 

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