Sozialbericht 2011 – 2012 (Teil 3): Vermögens(ungleich)verteilung in Österreich
29. November 2012 von adminalternative
Einen Beitrag („Fakten zur Vermögensverteilung in Österreich“) im aktuellen Sozialbericht des BMASK haben auch die AutorInnen der aktuellen Vermögenserhebung der OeNB geliefert.
Neben bereits bekannten bzw. veröffentlichten Zahlen, Daten und Fakten zur Vermögensverteilung in Österreich im Zuge der Präsentation der Vermögensstudie (Zusammenfassung siehe hier im BLOG), findet sich im Sozialbericht auch Neues: insbesondere zur Vermögenskonzentration sowie zu sozioökonomischen Merkmalen der Vermögensverteilung.
.
„Ausgeprägte“ Vermögensungleichverteilung
.
Unter Nettovermögen wird das Bruttovermögen abzüglich der Verschuldung verstanden. Sind schon die Einkommen in Österreich höchst ungleich verteilt (siehe Beitrag hier im Blog), trifft das auf die Nettovermögen umso stärker zu :
.
- ein Zehntel der Haushalte verfügt über ein Nettovermögen von weniger als 1.000 Euro
- rund die Hälfte der Haushalte besitzt weniger als 76.000 Euro („Medianwert“) an Nettovermögen
- mehr als drei Viertel aller Haushalte nennen weniger als 265.000 Euro („Durchschnitts- bzw. Mittelwert“) ihr eigen
- 10 % der Haushalte halten ein Vermögen von mehr als 542.000 Euro
.
Wie ungleich Vermögen in den einzelnen Haushaltsdezilen (Haushaltszehntel) tatsächlich verteilt sind, veranschaulicht vor allem ein Vergleich der „Durchschnitts/Mittelwerte“ (arithmetisches Mittel) gegenüber den „Medianwerten“ (50 % liegen über, 50 % liegen unter diesem Wert). Weicht der Mittelwert gegenüber dem Medianwert deutlich „nach oben“ ab, spricht das für eine starke Konzentration der Vermögen „ganz oben“.
.
Beträgt schon der Mittelwert bei den Nettovermögen mit 265.000 Euro das mehr als Dreifache des Medians /6.000 Euro), ist die Abweichung des „Durchschnitts“ vom „Medien“ auch im reichsten Zehntel aller Haushalte bemerkenswert: Während der Medianwert der reichsten 10 % bei einem Nettovermögen von 935.000 Euro liegt, besitzen sie im Durchschnitt 1,6 Mio. Euro! Diese Zahl ist dahingehend bemerkenswert, da bis zum 9. Dezil Median- und Mittelwerte recht nahe beieinander liegen und erst im reichsten Zehntel weit auseinander klaffen.
.
Gleichzeitig ist im ärmsten Haushaltszehntel das Nettovermögen im Durchschnitt negativ – nämlich bei einer durchschnittlichen Verschuldung von minus 18.000 Euro.
.
Starke Polarisierung
.
Besonders deutlich wird die Ungleichheit der Vermögensverteilung, wird das Vermögen des „ärmsten“ Haushaltszehntels zu jenem des vermögendsten Zehntels in Verhältnis gesetzt.
.
- Das reichste Haushaltszehntel hält das 233,7-fache des Bruttovermögens der ärmsten 10 %.
- Bei den Nettovermögen liegt dieser Wert sogar beim 581,1-fachen!
.
Und: Immobilienbesitz macht den (großen) Unterschied. Haushalte, die ihren Hauptwohnsitz als Eigentum besitzen, haben deutlich höhere Nettovermögenswerte als MieterInnen.
.
- Insgesamt besitzen 47,7 % „(Teil)Eigentum an ihrem Hauptwohnsitz.
- EigentümerInnen ihres Wohnsitzes halten ein durchschnittliches Nettovermögen von Euro 487.000 Euro. Das durchschnittliche Nettovermögen von MieterInnen liegt bei lediglich 51.568 Euro.
- Der Median (50 % halten mehr, 50 % weniger) beim Nettovermögen liegt bei MieterInnen bei 11.487 Euro. Bei Wohnsitz-EigentümerInnen bei 241.213 Euro.
.
Wie sich das Bruttovermögen verteilt
.
Hinsichtlich der Verteilung der Bruttovermögen (vereinfacht als „Vermögen“ bezeichnet) unterscheiden die AutorInnen im Sozialbericht vier (Haushalts-)Gruppen:
.
- die „untere Hälfte“ – also jene 50 % der Haushalte, die weniger Vermögen als der „mittlere“ (Median) Haushalt besitzen (d.i. Ein Bruttovermögen bis rund 93.000 Euro)
- die „obere Mitte“ (die nächsten 30 % der Haushalte) die über mehr Vermögen als ein „mittlerer“ Haushalt verfügen, aber nicht zum vermögendsten Fünftel gehören (von 93.000 bis rund 331.000 Euro)
- die „Vermögenden“ – das sind die nächstreichsten 15 %, Haushalte, die zwar zu den Top-20 % aber nicht zu den Top-5 % gehören (ab 331.000 bis 979.000 Euro)
- schließlich die „Top-5 %“ – also das reichste Haushaltszwanzigstel, die über ein Bruttovermögen von mehr als 979.000 Euro verfügen
.
Die Anteile dieser vier Gruppen am Gesamtvermögen verteilt sich wie folgt:
.
- die gesamte „untere Hälfte“ (50 %) der Haushalte verfügen über gerade einmal 4 % des gesamten Vermögens!
- Die „obere Mitte“ (30 % der Haushalte) halten rund 22 % des Bruttovermögens.
- Die Gruppe der „Vermögenden“ (15 %) besitzen rund 29 %.
- Die „Top 5 %“ nennen 45 % des Gesamtvermögens ihr eigen.
.
.
Die kleinste Gruppe – die reichsten Top 5 % – hält damit fast die Hälfte des Bruttovermögens, während die größte Gruppe – die untere Hälfte – nicht einmal ein Zwanzigstel, nicht einmal 5 %, des gesamten Bruttovermögens besitzt!
.
Die „mittleren“ (Median) Bruttovermögen liegen dabei
.
- in der „unteren Hälfte“ bei 12.271 Euro (Durchschnitts-/Mittelwert: 21.631 Euro).
- in der „oberen Mitte“ bei 197.545 Euro (Durchschnitts-/Mittelwert: 200.889 Euro).
- in der Gruppe der „Vermögenden“ bei 489.343 Euro (Durchschnitts-/Mittelwert: 536.165 Euro)
- bei den „Top 5 %“ bei 1.741.861 Euro (Durchschnittswert: 2.620.036 Euro)
.
„Sozioökonomische“ Merkmale der Haushaltsgruppen
.
Nicht zuletzt gerade aus ArbeitnehmerInnensicht interessant: welche sozioökonomischen Merkmale (Alter, Bildung, Beruf) weisen die „Referenzpersonen“ (d.s. jene Personen, welche über die finanzielle Situation des jeweiligen Haushalts am besten Bescheid weiß) der jeweiligen Haushaltsgruppen auf.
.
.
Hinsichtlich des Alters hält der Sozialbericht 2011 – 2012 fest:
.
- Die Referenzpersonen vermögender Haushalte sind tendenziell jünger (Top 5 % Haushalte z.B. Durchschnittsalter 51 Jahre)
- Die Referenzpersonen der unteren Hälfte sind allerdings am jüngsten (durchschnittlich 48,6 Jahre).
- In der oberen Mitte finden sich die ältesten Personen (Durchschnittlich 54,4 Jahre).
- In allen vier Haushaltsgruppen liegt das Durchschnittsalter relativ nahe beisammen.
.
Hinsichtlich des Bildungsgrads konnte festgestellt werden:
.
- Die Bildung der Referenzpersonen steigt mit dem Vermögen (z.B. AkademikerInnenanteil „untere Hälfte“: 10,1 %, „Top-5 %“: 20,8 %. Anteil maximal PflichtschulabsolventInnen „untere Hälfte“: 22 %, „Top-5 %“: 10,2 %)
- Allerdings ist der Bildungsgrad keine Kategorie, die die „Top 5 %“ von der Gruppe der „Vermögenden“ eindeutig abgrenzen würde. So finden sich etwa unter der Gruppe der „Vermögenden“ mehr AkademikerInnen (23,1 %) als unter den „Top 5 %“. Umgekehrt ist der Anteil der maximal PflichtschulabgängerInnen unter den Top 5 % mit 10,2 % höher als unter den „Vermögenden“ mit 6,6 %.
.
Hinsichtlich des Berufs fällt insbesondere der Hohe Anteil der Selbständigen unter der Gruppe der „Vermögenden“ und der „Top 5 %“ (16 % bzw. 25,9 %) auf, während sich der ArbeitnehmerInnenanteil in den vier Gruppen relativ gleichmäßig verteilt (45,6 % „untere Hälfte“, 48,4 % „Vermögende“, 40,6 % „Top 5 %“)
.
Links: Sozialbericht 2011 – 2012, BMASK
AK-Aktuell Nr. 10/2012, Verteilung der Vermögen in Österreich, AK Wien