Unabhängige GewerkschafterInnen im Bundesheer: Und es gibt sie doch …

… eine Unabhängige Personalvertretung im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport. Und das seit nunmehr zwei Jahren. Eine Rückschau. Eine erste Bilanz. Und eine Vorschau. Von Ingo Hackl.


Wie alles begann

Man schrieb das Jahr 2008. Es war das Jahr vor der großen Wahl (Bundespersonalvertretungswahlen 2009), und es war das Jahr, in dem alles begann. Einer dachte sich, so kann es nicht weitergehen; in der Personalvertretung muss sich was ändern.

Rot, schwarz, blau…. Da muss es doch noch etwas geben. Etwas, das besser ist; etwas, das anders ist; etwas, bei dem der Mensch – in diesem Fall die Bediensteten im Öffentlichen Dienst – im Mittelpunkt steht. Auf den ersten Blick war da nichts, was wirklich attraktiv oder interessant gewesen wäre … und die Suche nach Alternativen begann!

Wohin sich wenden?

Eine Telefonnummer ist zwar schnell gewählt, aber der Weg zu dieser Telefonnummer ist mitunter oft lang. Und manchmal braucht es auch Umwege. Um am Ziel anzukommen, muss man mitunter ein paar Schritte zurückgehen, um einen einzigen Schritt voranzukommen.

So landete ich im ersten Ansatz bei den Grünen:
Interesse: ja
Unterstützung: jein
Organisationsstruktur: nein

Aber über diesen Umweg erhielt ich den entscheidenden Hinweis, dass es da noch etwas gibt, das das Richtige sein könnte. Und dieses Etwas fand sich im Kreis der Unabhängigen Gewerkschaften: eine (gar nicht so) kleine, feine, bunte Truppe – Die Unabhängigen GewerkschafterInnen im Öffentlichen Dienst und Ausgegliederte (UGÖD).

Der erste Kontakt- Treffen mit einem „Exoten“

Wieder ein Anruf. Wieder ein Treffen. …Bin ich jetzt hier richtig oder doch wieder falsch?

Skepsis meinerseits und Skepsis seitens der UGÖD. Jemand von der Landesverteidigung? Hm, ein ziemlicher Exote. Bestimmt ein Militarist oder doch nur ein Militär oder…oder…?

Aber es passte. Die Ideen passten, die Personen passten und die Überzeugung passte. Freude seitens der UGÖD, Freude meinerseits!

Man sagte mir, es gebe im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport noch keine UGÖD Vertretung. Absichtserklärungen, derer hatte es schon von einigen gegeben, die Umsetzung war jedoch nie zustande gekommen. Sollte hier nun tatsächlich jemanden sein, der es wirklich in die Hand nehmen will!? – Oh ja, das wollte ich!

… und damit begann das Laufen und Kämpfen.

Der Wahlkampf

Formulare, Bürokratie, viele und lange Wege, MitstreiterInnen suchen, eine Struktur schaffen …

Im Bereich der Landesverteidigung achtet man Menschen, die einen aussichtslosen Kampf aufnehmen und für eine Sache eintreten. Darum gelang es wohl, nach vielen, vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen an einigen Dienststellen in Wien, genügend Unterstützungsunterschriften zu sammeln, um regional (auf Dienststellenebene) und österreichweit (Zentralausschussebene) als eigene Liste bei der Personalvertretungswahl antreten zu können.

Allein diese – überwiegend konstruktiven und vielfach berührenden – Gespräche wären es schon wert gewesen, die Mühe auf sich zu nehmen. Dass es dann tatsächlich auch noch gelang, kandidieren zu können, war eine überraschende, aber sehr schöne Erfahrung.

Es ging aber nicht nur darum, Unterstützungsunterschriften zu bekommen, sondern galt es auch, Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu begeistern. Interessierte gab es schon einige, auch so manche Zusagen, doch letztendlich kam allen der Mut, sich der Wahl als Kandidat zu stellen, wieder abhanden (Kandidatin gab es keine).

Hieß das nun allein gegen den Rest der Welt?
Ob das überhaupt gut gehen kann?
Egal – die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

Plötzlich fand sich doch ein zweiter. Ihm missfiel der Gedanke, mich allein auf die Schlachtbank zu schicken, und er sagte spontan zu, mitzumachen.

… der Wahltag kam näher.

UNABHÄNGIG – KONKRET – KOMPETENT
Das waren unsere Schlagworte

Das Einstehen für eine transparente Informationspolitik; das Garantieren einer sachorientierten Interessensvertretung und faire aber harte Verhandlungen mit der Dienstgeberseite waren die Hauptansätze.

Der Tag der Wahl

Die Stimmen flossen für die anderen, für uns tröpfelten sie. Nach der Auszählung wurde klar: österreichweit gab es zu wenige, aber an der Dienststelle hatten wir tatsächlich ein Mandat erreicht.

Die Zeit danach

Die Aufregung bundesheerintern und auch extern war groß. Nie hätte man sich im Ernst gedacht, dass eine grün-affine, unabhängige Gruppierung es schaffen könnte, in der altehrwürdigen Landesverteidigung mehr als ein paar Sympathisanten zu finden. Uns wurde gratuliert, und gleichzeitig wurde uns Beileid gewünscht. Viele, denen wir als Personen am Herzen lagen, fürchteten, dass wir nun von den alten Machtstrukturen entsprechend gegängelt und zerrieben werden würden, wenn wir tatsächlich versuchten, unsere Ankündigungen wahr zu machen.

Nun begann also der „Ernst des Lebens“, nämlich die Arbeit als Personalvertreter.

Anfänglich wurde mir als Kleinfraktion noch Misstrauen und Unsicherheit entgegengebracht. Es dauerte ein bisschen, bis den Gegenübern klar wurde, dass es mir nicht um Rebellion um der Rebellion willen ging, sondern darum, die Interessen der Bediensteten so gut wie möglich zu vertreten und dabei, wenn es sein musste, auch die ausgetretenen Wege zu verlassen. Von Sitzung zu Sitzung, von Verhandlung zu Verhandlung zollte man mir mehr und mehr Respekt, erkannte an, dass ich lösungsorientiert arbeitete ohne zu apportieren, wenn der Dienstgeber versuchte „Bring“ zu rufen. Ohne mich zu ducken, wenn …

Den wohlwollenden und auch nicht so wohlwollenden Unkenrufern zum Trotz trat nichts von dem ein, was man/frau vorab prophezeit hatte: Kein Ausgestoßen-, kein „Fertiggemachtwerden“, kein Spott, kein Hohn – sondern zunehmend Zusammenarbeit, Akzeptanz, Respekt und Zusammenhalt im Kollegialorgan Dienststellenausschuss – ganz im Sinne einer Personalvertretung für alle, die Unterstützung brauchen.

Alltag

Es war erstaunlich, wie schnell auch das Feuer von „alten“ PersonalvertreterInnen, das im Laufe vieler Jahren des Auflehnens und Bemühens zu einer leisen Glut zusammengeschrumpft war, durch den frischen Wind, den man mit Einsatzbereitschaft, Entschlossenheit und neuen Ideen mitbringt, wieder entfacht werden kann. Plötzlich war es wieder möglich, mit neuer Energie auch gegen alte Wände (wieder) anzurennen. Einige begannen tatsächlich zu bröckeln, einige fielen sogar.

Erfolg?!

Das große „Problem“ in der Personalvertretungsarbeit ist es, dass man – weil der Verschwiegenheit verpflichtet – Erfolge für Bedienstete nicht lauthals verkünden kann. Nur die/der Betroffene selbst könnte darüber berichten. Oft handelt es sich aber auch um Angelegenheiten, die tief in den persönlichen Bereich hineinreichen, weswegen Öffentlichkeit gern vermieden wird. Als Personalvertreter/in kann man stolz darauf sein, sich darüber freuen – aber hausieren geht man damit selbstverständlich nicht.

Fest steht: frau/man kann einiges bewegen!

… wie geht es weiter?!

In den eineinhalb Jahren meiner Tätigkeit erhielt ich viele positive Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen, die mit ihren Anliegen zu mir kamen: Oft war es möglich, zu einem Einvernehmen mit der Dienstgeberseite zu kommen. Aber auch dort, wo dies nicht im gewünschten Maß erreicht werden konnte, wurde als wohltuend empfunden, dass sich jemand der Sache annimmt, sich einsetzt und ein offenes Ohr hat.

Natürlich gab es auch kritische Stimmen. Diejenigen, die sich den großen Umbruch erwartet hatten, mich als den Cowboy gesehen hatten, der wild um sich schießend alles niedermähen würde… diejenigen musste ich leider enttäuschen. Ein Mensch allein kann zwar viel bewegen, aber nicht die Welt aus den Angeln heben. Außerdem ist nach meinem Verständnis „einen Kampf aufzunehmen“ nicht gleichbedeutend mit „Amok zu laufen“.

Erwartungen, dass sich alles auf einen Schlag ändern würde, konnten nicht erfüllt werden und können wohl nirgendwo erfüllt werden, wo auf ein respektvolles und wertschätzendes Klima abgezielt wird.

Wenn nun schon einer so einiges bewegen kann – wieviel mehr könnte wohl erreicht werden, wenn sich an vielen Dienststellen engagierte, mutige, hartnäckige Leute finden, die sich gemeinsam anschicken, etwas zu bewegen?

Die Zukunft

2014 sind die nächsten Wahlen, und die Basis der unabhängigen, kompetenten Interessensvertretung der Bediensteten muss eine breitere werden. Es darf nicht auf eine Dienststelle, nicht auf ein Bundesland beschränkt bleiben.

Drei Jahre sind kurz, sehr kurz.

In erster Linie bedarf es engagierter Menschen, die willens sind, sich für ihre Kolleginnen und Kollegen im Rahmen der Personalvertretung einzusetzen

Und es braucht Koordination und Organisation von Interessierten, um in der Zusammenarbeit die notwendige Stärke zu entwickeln und gemeinsam laut genug zu werden, damit man uns nicht überhören kann.

Man muss nicht auf die Pensionierung warten, um seine innere Ruhe wiederzufinden. Für Verbesserungen einzutreten, bringt sofort spürbare Erleichterung 😉

Wenn Du an einer Mitarbeit interessiert bist und eine Fraktion im Rahmen der UGÖD gründen willst und im Bereich des BMLVS tätig bist, dann melde Dich einfach bei: ingo.hackl@chello.at

Ingo Hackl
Dienststellenausschuss-Mitglied im BMLVS
Mittlerweile UGÖD-Bundesvorstandsmitglied
Mitglied des KOA (Koordinationsausschuss der Unabhängigen GewerkschafterInnen)

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