Veit Sorger und die geschützten Bereiche
26. Februar 2009 von adminalternative
Veit Sorger ist Präsident der Industriellenvereinigung.
Die IV fällt vor allem mit ständigen Forderungen nach weiteren Arbeitszeitflexibilisierungen unangenehm auf. Ja, und die Industriellenvereinigung hat auch schon Lohnverzicht – das macht sie praktisch eh immerwurscht ob Hochkonjunktur oder nicht – von den ArbeitnehmerInnen in Zeiten der Krise gefordert: 25 % weniger Lohn um Arbeitsplätze zu sichern.
Ja, Arbeitsplatzsicherung war und ist der IV immer schon ein großes Anliegen gewesen. Steuersenkungen für Konzerne – „um Beschäftigung zu sichern“. Ausdehnung der Arbeitszeit – „um Beschäftigung zu sichern“. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist privatisieren – „um Beschäftigung zu sichern“. Bloß keine Vermögensbesteuerung, Spekulationsbesteuerung – richtig erraten, weil „um Beschäftigung zu sichern“.
So lieb hat die IV die Beschäftigten. Wenn es noch eine Interessensvertretung gibt, die – neben dem Bauernbund – noch reine und unverblümte „Klassenpolitik“ macht, dann ist es die IV. Das traut sich sonst kaum mehr wer.
Der oberste Industrielobbyist in der ZiB2
Gestern war Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung zu Gast in der ZiB 2. Auch dort blieben uns diverse Wortspenden nicht erspart. Da hat er den Vorstoß der Unterrichtsministerin Schmied, im LehrerInnenbereich eine Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich zu planen, als „couragiert und mutig“ bezeichnet. Es sei richtig, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den geschützten Bereich in die Pflicht zu nehmen, so Sorger.
Nun, dem können wir uns voll inhaltlich anschließen – nämlich den geschützten Bereich in die Pflicht zu nehmen. Wenn auch nicht im Sinne eines Herrn Sorger.
Nehmen wir geschützte Bereiche in die Plicht!
Uns würden nämlich gleich einige geschützte Bereiche einfallen, die mutig und couragiert in die Pflicht genommen werden müssen:
- jene Stifter, die ihr Vermögen in Privatstiftungen steuerschonend geparkt haben. Die sind vor dem Zugriff des Fiskus weitestgehend geschützt.
die Erben bzw. Beschenkten von großen Vermögen, die sind komplett geschützt vor dem steuerlichen Zugriff, seit rot-schwarz I die Erb- und Schenkungssteuer hat auslaufen lassen.
- Überhaupt die großen VermögensbesitzerInnen, sie seit Lacinas Zeiten in einem steuerlich geschützten Bereich verweilen – weil die Vermögenssteuer abgeschafft worden ist.
- Ja, dann all diejenigen, die gut an Spekulationsgewinnen an der Börse verdienen. Die zahlen keine Börsenumsatzsteuermehr, Grasser schützte sie, und Spekulationssteuer aus Kursgewinnen beim Verkauf eines Wertpapiers zahlen sie nach einem Jahr auch nicht. Sie genießen einen umfangreichen Schutz.
- Und dann all die Manager, die nun ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schicken. Deren Einkommen ist bestens geschützt, weil sie im Gegensatz zu ihren ArbeitnehmerInnen keine Lohneinbußen hinnehmen müssen. Und die Aktionäre? Auch die sind geschützt. ArbeitnehmerInnen üben Lohnverzicht, die öffentliche Hand gleicht den über das AMS aus.
Falls dann allerdings doch Gewinne entstehen sollten, werden die nicht zuallererst einmal an die lohnverzichtübenden KurzarbeiterInnen ausgeschüttet – damit sie einen Teil zurückbekommen. Ja, es kann und wird wohl sogar durchaus so sein, dass die EigentümerInnen, all die AktionärInnen, die Boniverwöhnten Top-ManagerInnen ihren Anteil an den Gewinnen schon kriegen. ‚Gesponsert‘ von den Beschäftigten und der Republik Österreich.
Ja, es gibt eine Vielfalt an bislang geschützten Bereichen, die keinen Schutz mehr verdienen. Im Gegenteil:
diejenigen, die über Jahrzehnte von Steuerprivilegien, von der Liberalisierung der Finanz- und Kapitalmärkte, von Steuergeschenken, von der neoliberalen Wirtschaftspolitik profitiert haben, sollen endlich auch für den Weg aus der von ihnen (mit)bescherten Krise zahlen. „Verursacherprinzip“ nennt frau/mann so was. Wer den Schaden verursacht, soll dafür aufkommen. Von dem ist allerdings weit und breit keine Spur.
„mutig und couragiert“ gegen das Bildungssystem
Sorger will jenen Beschäftigten noch etwas zusätzlich abknöpfen, die halt zufällig im öffentlichen Dienst als PädagogInnen arbeiten. Nun, besonders „mutig und couragiert“ ist LehrerInnenbashing wie zu besten Gehrerzeiten ja nicht. Es mag vielleicht gut bei jenen ankommen, die Tag für Tag um ihre Jobs zittern müssen. Bringen tut es ihnen nichts.
Schaden tut es dem Bildungssystem und den SchülerInnen. Die sollen für eine Krise zahlen, für die all die Veit Sorgers und anderen mitverantwortlich zu machen sind. Weil sie alles dafür getan haben, Regeln für Märkte zu verhindern. Weil sie alles dafür getan haben, ein mehr an Verteilungsgerechtigkeit zu verhindern. Sie und ihre „geschützten“ Bereiche sind diejenigen die zahlen sollen. Sicher nicht die ArbeitnehmerInnen. Und auch nicht die LehrerInnen.
Die Veit Sorgers und Beyrers, Veit Schalles und Fritzes, sie alle nerven. So wie die Wortspenden dieser Vertretung der knapp 3.500 Mitglieder nervt.
Aber dann gleichzeitig auch wieder nicht. Die machen halt ihre Lobbyarbeit für ihre 3.500 plus Anhang.
Wirklich widerlich ist, dass diese Vereinigung unter Schüssel dann die Regierung gestellt, geleitet, gebrieft, bezahlt und „mit ihrem Know-How“ so perfekt unterstützt hat, dass sie alles mögliche auf ihrer Agenda für ihre 3.500 durchgebracht hat.
Ebenso ärgerlich ist, dass ihnen in den öffentlich-rechtlichen Medien laufend der rote Teppich ausgelegt wird.
Was das Ö1 Inforadio betrifft, da ist das Wirtschaftsressort mittlerweile so etwas wie das inoffizielle offizielle Sprachrohr der IV. Das nervt noch viel mehr, als die Veit Sorgers et al.