Wenn grüne StammwählerInnen die SPÖ retten…

Eine kurze Nachbetrachtung zum Ergebnis der Nationalratswahlen
Der Schock sitzt erstmal tief. In ihrer Hochburg Wien Neubau haben die Grünen über 20 Prozent verloren. Die Liste Pilz stellte sich im Endeffekt als die kleinere Herausforderung dar, mehr Stimmen gingen an die SPÖ, damit haben grüne StammwählerInnen der SPÖ den zweiten Platz gerettet. Von Veronika Litschel.

Die weibliche Doppelspitze tritt zurück, ein Mann folgt nach. Im Standard erklären vier grüne Männer das Wahldebakel. Ein Mann folgt Ulrike Lunacek ins Europaparlament. Willkommen in einer wunderbaren Männerwelt. Wir merken schon, haben es im Wahlkampf gemerkt, der autoritäre Anstrich – mal stärker, mal schwächer – des Machers an der Spitze spricht an. Es ist anzunehmen, dass die Frauenpolitik, so zart diese Pflänzchen auch war, nun der Familienpolitik der heterosexuellen Kernfamilie mit dem männlichen Ernährer Platz machen wird. Die Männer sind unter sich, das war allerdings absehbar.

Dieser Hang zu Männern, die aufräumen (inzwischen auch eine grüne Diktion) ist bitte nicht miss zu verstehen. Es geht hier nicht um das abendliche Chaos in Kinderzimmer und Küche. In der Politik ist diese Diktion mit der Durchsetzung der eigenen Interessen, möglichst kleinen, vorwiegend männlichen Machtzirkeln und Unterdrückung der breiten demokratischen Debatte zu Gunsten der autoritären Führung verbunden. Es geht um die Zerschlagung gewählter Strukturen, um das Ausbooten von Gremien und Interessensvertretungen innerhalb der eigenen Partei und nicht zuletzt um das Abschaffen von inhaltlichen Expertisen, die durch Debatte entstehen. Und dieser Befund gilt für alle nun im Parlament vertretenen Parteien.

… wird rot-blau zur Option
Ungeachtet dessen, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich eine solche Konstellation direkt nach dieser Wahl ist, die rot-blau SympathisantInnen in der SPÖ gehen gestärkt aus dieser Wahl. Warum ausgerechnet ehemalige GrünwählerInnen diesen rechten Kurs, der auch von Christian Kern vertreten wurde, unterstützt haben, bleibt ein Rätsel. Jetzt zu sagen, wir wollten das Gegenteil, ist zu einfach. In diesem Wahlkampf hat sich Kern immer mehr dem rechten Parteiteil angenähert, statt sich von ihm zu distanzieren. Wir denken nur an das unsägliche rassistische Stammtisch-Video.

Egal welche Koalition am Ende rauskommt, für die soziale Sicherheit, die Frauenpolitik, eine zumindest den Grundrechten entsprechende Flüchtlingspolitik sieht es düster aus. Und das haben wir vorher gewusst.

Abschließend: Danke an die Grünen, die ihren langen Kampf zur Abschaffung der Anrechnung des PartnerInnen-Einkommens in der Notstandshilfe schlussendlich gewinnen konnten. Danke, dass ihr dabei solange durchgehalten habt. Das ist ein Meilenstein zur eigenständigen Existenzsicherung von arbeitslosen Frauen. Das macht dieses Wahlergebnis noch viel mehr zum Treppenwitz der Geschichte.

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