Österreichs MilliardärInnen: aus 10 mach 64,800.000.000

„Verdammt reich“ übertitelt der Trend 7/Juli 2011 seine Top-Story über die 100 reichsten ÖsterreicherInnen. Sie sind es tatsächlich – verdammt reich. Und sie werden immer reicher – Krise hin, Krise her. Nicht zuletzt, weil der österreichische Fiskus sie schont.

0,00012 % halten 64,800.000.000 Euro

Knapp 65 Mrd. Euro. Das ist das Vermögen der TOP-10-reichsten ÖsterreicherInnen bzw. Familien. Knapp 65 Mrd. Euro, das bedeutet, dass 0,00012 % der österreichischen Bevölkerung ein Vermögen besitzen, das sich – nur so zum Vergleich – auf 22,8 % des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (2010: 284,41 Mrd. Euro), also der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs im Jahr 2010, beläuft. Oder eine andere Zahl: Das Vermögen der 10 reichsten ÖsterreicherInnen bzw. österreichischen Familien liegt um rund 7 Mrd. Euro über den im Österreichischen Bundesbudget für das Jahr 2010 veranschlagten Einnahmen.

Insgesamt gibt es in Österreich 19 MilliardärInnen (bzw. Milliardärsfamilien), die über ein Vermögen von 75,54 Miliarden Euro verfügen.

Alleine das Vermögen der Familien Piech und Porsche beläuft sich dabei auf 33,8 Mrd. Euro, jenes der Familie Flick auf 6,8 Mrd. Euro. Dietrich Mateschitz hält 5 Mrd. Euro, Johann Graf (Gründer der Novomatic Group) nennt knapp 4 Mrd. Euro sein Eigen.

0,87 % halten 230.000.000.000 Euro – Krise? Wer, was, wo, wann?

73.900 Euro MillionärInnen gibt es in Österreich. Das sind gerade einmal 0,88 % der Bevölkerung. Die halten dafür 230.000.000.000 Euro. Das entspricht ca. 81 % des BIP 2010. Der „Trend“:

„Für 2010 identifizierte die liechtensteinische Vermögensverwaltung Valluga 73.900 Euro Millionäre – und damit mehr als jemals zuvor. Diese konnten ihr Vermögen im jahresvergleich um 9,5 % Prozent auf 230 Milliarden Euro steigern und so auch wieder die herben Verluste mehr als wettmachen, die sie in der Finanzkrise erlitten hatten.“

Noch einmal zur Erinnerung: Laut Sozialbericht des BMASK 2009 – 2010 belief sich für 2009 in Österreich

  • das Geldvermögen auf 473 Mrd. Euro (Netto: 318 Mrd. Euro)
  • das Immobilienvermögen auf 880 Mrd. Euro
  • Vermögen in Form von Beteiligungen an GmbH auf 18,6 Mrd. Euro (als Teil des  Geldvermögens)

In Summe belief sich das Gesamtvermögen auf geschätzte 1,2 Mrd. Euro, also 1,2 – 1,3 Billionen Euro, also das 4,7-fache des BIP von 2010.

Von diesem Gesamtvermögen halten die reichsten 0,88 % der Bevölkerung – also knapp 73.900 von 8,387 Millionen in Österreich lebenden Menschen – einen Anteil von rund 16,7 %!

Und – ebenfalls zur Erinnerung – wie sich denn jetzt die unterschiedlichen Vermögen auf die Bevölkerung verteilen :

  • die obersten 10 % der Bevölkerung halten 54 % des Geldvermögens
  • 1,19 % der österreichischen Bevölkerung – das sind rund 100.000 Personen – halten 100 % aller Beteiligungen an GmbH in Österreich. Ganze 10 Personen halten dabei gleich ein Viertel aller GmbH-Beteiligungen – nämlich rund 5 Mrd. Euro.
  • die reichsten 10 % der Bevökerung halten 61 % des Immobilienvermögens

Geiz ist Geil

Geiz ist Geil. Reiche sind nicht zwingend geil. Aber dafür zeimlich geizig. „Nur wenige Wohltäter“ lautet eine Zwischenüberschrift im Trend-Artikel. Zwar gebe es im land 3.300 Stiftungen. Während Stiftungen in anderen Ländern überwiegend für gemeinnützige Zwecke gegründet werden, reduziert sich in Österreich die Gemeinnützigkeit in der Regel auf die näheren Angehörigen:

„Es geht vor allem darum, ererbtes oder erarbeitetes Vermögen zu schützen und dabei in den Genuss von steuerlichen Vorteilen zu kommen. Echte Wohltäter gibt es dagegen nur wenige: Rund zwölf Prozent der Privatstiftungen sind ausschließlich gemeinnützig tätig. Entsprechend dürftig fallen die Beiträge aus, die in Kultur, Forschung und Bildung investiert werden. Umgerechnet auf die Bevölkerung, sind das gerade einmal fünf Euro pro Kopf und Jahr. In Deutslchland liegen die Beiträge bei bis zu 230 Euro. Und von den USA ganz zu schweige, wo das Spenden und Stiften eine lange Tradition hat.“

Ist es schon mit der freiwilligen Spendierfreudigkeit nicht besonders weit her, stosst erwartungsgemäß natürlich auch gesetzlich „verordnete Spendierfreudigkeit“ in Form von Vermögenssteuern auf schroffe Ablehnung. Karlheinz Essl, 500 Mio. Euro schwer, Baumax-Gründer und -Eigentümer empört sich im Trend: „Die Vermögenssteuer ist die ungerechteste Steuer, die es gibt, weil sie bereits versteuertes Geld erneut versteuert,“ wiederholt er ein zwar immer wieder gerne vorgebrachtes – deswegen allerdings nicht richtiger werdendes – „Argument“ gegen Vermögenssteuern.

Geht eine Vermögenssteuer an die „Substanz“? Aber woher, bezahlt aus der „Portokassa“!

Abgesehen davon, dass so gut wie jeder Euro in diesem Sinne schon x-fach „ungerecht“ versteuert worden wäre, befindet er sich doch in einem ständigen Geldkreislauf – jeder Euro ging schon durch mehrere Hände und wurde entsprechend mehrfach besteuertm, als Einkommen, als Gewinn, als Investitionsausgabe, als Konsumausgabe und, und, und … –  stellt natürlich auch jede Verbrauchssteuer eine Form von „Doppelbesteuerung“ dar, ohne dass deswegen Essl und Co gegen diese „ungerechetesten“ Steuern Sturm laufen würden.

Ausserdem ist das Argument der „Doppelbesteuerung“ bei etlichen vermögensbezogenen Steuern schlichtweg falsch und nicht zutreffend: Etwa bei der Erbschafts- oder Schenkungssteuer. Schließlich hat der/die Erbe/Erbin für das Geerbte bzw. Geschenkte niemals auch nur einen müden Cent bezahlt. Von einer „Doppelbesteuerung“ durch den Erben kann also keine Rede sein und nur um den kann es gehen. Vollkommen daneben ist der Vorwurf der „Doppelbesteuerung“ auch bei Vermögenszuwachssteuern: warum jeder zusätzlich über Lohnarbeit verdiente Euro besteuert wird, nicht allerdings der Gewinn aus einer Flächenumwidmung oder einer erfolgreichen „Spekulation“ entbehrt wohl jeder sachlichen Grundlage.

Und dass es sich bei einer allgemeinen Vermögenssteuer um eine „Substanzbesteuerung“ handelt, die also den „Bestand“ schmälert, mag zwar theoretisch richtig und zutreffend sein (und: warum auch nicht?) – in der Praxis wird allerdings auch eine Vermögenssteuer wohl eher aus den „Vermögenszuwächsen“ denn aus dem „Vermögensbestand“ bestritten.

Ein Beispiel aus der Welt der Superreichen gefällig? Das Vermögen der Familie Flick hat sich im letzten Jahr – laut Österreich – von 5,7 Mrd. auf 6,8 Mrd. Euro erhöht. Vermögenszuwachs also 1,1 Mrd. Euro! In einem Jahr. Würde z.B. das Vermögen der Flicks mit einer allgemeinen Vermögenssteuer von 0,5 % belegt, würde die Vermögenssteuer – unter der ohnehin wohl kaum zutreffenden Annahme, dass sämtliches Vermögen in Östereich veranlagt wäre – bezogen auf die Bemessungsgrundlage von 5,7 Mrd. Euro (Vermögen Stand Jahrebeginn) rund 28,5 Mio. Euro betragen. Diese Summe kann die Familie Flick allerdings quasi aus der „Portokasse“ zahlen, beläuft sich der Vermögenszuwachs doch tatsächlich auf das fast 39-fache der zu leistenden Vermögenssteuer! Selbst eine 1-%-ige Vermögenssteuer würde die „Substanz“ nicht einmal ansatzweise berühren.

Dass eine Vermögenssteuern tatsächlich bzw. im wahrsten Sinne des Wortes an „die Substanz“ geht, wird in den meisten Fällen nicht zutreffend sein. Steuerfreigrenzen würden ausserdem sicherstellen, das kleine und mittlere Vermögen – das berühmte „Häusel“ – steuerfrei gestellt würden.

Krisenverursacher zur Kassa bitte – Vermögenssteuern jetzt!

„Superreiche“ und Vermögende gehören über risikioreiche und hochspekulative Veranlagungsstrategien und Finanzmarktinstrumenten (z.B. Hedgefonds) mit zu den Verursachern der Finanz- und Wirtschaftskrise. Das belegt u.a. die aktuelle Studie der AK-Wien „Von der Verteilungs- zur Wirtschaftskrise“ . Waren bzw. sind sie auch für die Krise mitverantwortlich, zahlen mussten bzw. müssen sie für den entstanden Schaden deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil: ihre Vermögen wurden nicht nur gerettet, ihre Vermögensstände haben sich nicht nur erholt, nein, sie sind sogar noch weiter gewachsen. In Österreich um 9,5 % im Vergleich zum Vorjahr. Noch nie waren die Reichen in Österreich reicher!

Gerettet wurden Reiche wie Superreiche von der Masse der SteuerzahlerInnen – von den ArbeitnehmerInnen. Die finanzierten mir ihren Steuern und Abgaben die milliardenschweren Bankenrettungspakete. Die hafteten mit ihren Steuern und Abgaben für die unter dem „Euro-Rettungschirm“ stehenden und leidenden Staaten bzw. ihre Schulden gegenüber privaten Gläubigern – Banken, Versicherungen, Fonds. Der Beitrag der Vermögenden zur Rettung ihrer in Banken, Fonds und Versicherungen liegenden Vermögen? Schwindend gering bis nicht vorhanden. Jedenfalls im Steuerparadies Österreich.

Vor dem Hintergrund der Griechenlandkrise und existenzgefährdender, drastischer Sparpakete die „wie eine falsche Medizin letztlich den Griechischen Patienten und den europäischen Zusammenhalt (töten)“ (Sven Giegold, EU-Abgeordneter der deutschen Grünen und Finanzmarkt- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen Fraktion im EU-Parlament) und der Diskussion um eine entsprechend geeignete Beteiligung des privaten Sektors („Gläubigerbeteiligung“) an der Bewältigung der griechischen Schuldenkrise, gewinnt die Forderung nach einer umfassenden Vermögensbesteuerung an neuer Aktualität. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass mit einer Entschuldung Griechenlands und einer entsprechenden Beteiligung privater Gläubiger wohl zu lange zugewartet wurde und inzwischen „viele Risiken der Griechischen Staatsanleihen längst direkt oder indirekt in öffentlicher Hand“ sind. Die Konsequenz daraus formuliert Sven Giegold in einem BLOG-Beitrag so:

„Daraus folgt, dass eine faire Beteiligung des Privatsektors durch Gläubigerbeteiligung allein nicht mehr möglich ist. Notwendig ist vielmehr ein Lastenausgleich durch eine europäisch koordinierte Vermögensabgabe. Außerdem müssen Finanztransaktionen und Kapitaleinkommen in Europa durch EU-Steuerkooperation effektiv besteuert werden.”


Zustimmung zu ESM an Vermögenssteuern knüpfen – jetzt sind SP und Grüne gefordert!


Eine Gelegenheit für den Einstieg in eine umfassenden Vermögensbesteuerung würde sich auch im österreichischen Parlament bieten. Damit der ESM eingerichtet werden kann braucht es u.a. die Änderung des Art. 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV). Dazu ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im österreichischen Parlament erforderlich. Was läge näher, die Zustimmung an die Einführung vermögensbezogener Steuern in Österreich zu binden – wie etwa von der AK Wien auf Initiative der AUGE/UG sowie der GPA-djp in einer Bundesvorstandsresolution zur EU-Wirtschaftspolitik gefordert? Der Zusammenhang liegt auf der Hand. Gefordert sind jene Abgeordneten von SPÖ und Grünen die es mit Verteilungs- und Steuergerechtigkeit ernst nehmen. Ohne sie gibt es keine Zwei-Drittel-Mehrheit. Es liegt in ihrer Hand …

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