Krötenwanderung: Grußbotschaften aus dem Kulturbereich

Aus Zeitmangel auf unserer Demo Krötenwanderung am 1.10. konnten wir die Grußbotschaften der mitaufrufenden KollegInnen vom Kulturrat Österreich sowie von einem der Unterstützer – Erwin Leder, dem Schauspieler und Vorsitzenden der Fachgruppe für freiberufliche SchauspielerInnen und SprecherInnen in der Kulturgewerkschaft (GdG-KMSfB) – nicht mehr verlesen. Wir bitten um Entschuldigung und wollen dies an dieser Stelle nachholen.

Der Bereich der Kultur hat als geförderter Bereich von Städten, Ländern und Bund eine wichtige Rolle in der Bildungsarbeit für die österreichische Bevölkerung einerseits und für die Entwicklung einer sozialen, gegenseitig-wertschätzenden und selbstbestimmten Gesellschaft andererseits. Aber gerade dieser Bereich hat immer mehr unter Kürzungen von Subventionen zu leiden! Im Hinblick auf den gesamt-gesellschaftlichen Auftrag des Kultur-Bereichs, welcher ebenso als sozialpolitisches wie bildungspolitisches Gestaltungsinstrument fungiert, ist die ausreichende Austattung mit finanziellen Ressourcen und die Schaffung von Freiräumen für kulturelle Belange eine wichtige Thematik, die politisch nicht ausgeblendet werden darf! Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Situation von Kulturschaffenden als oftmals prekär Tätige und selbst durch Armut Gefährdete, Handlungsbedarf erfordert.

Daher ist es notwendig, auch die Forderungen und Anliegen der Kulturschaffenden in Österreich in unseren Blickwinkel zu setzen und gemeinam mit dem Kultur-Bereich solidarisch für eine Sozial- und eine Bildungsmilliarde zu plädieren!

Botschaft Kulutrrat Österreich

Her mit den Kröten!
Der Kulturrat Österreich unterstützt die Forderung nach einer Sozial- und einer Bildungsmilliarde, und fordert mehr Geld für zeitgenössische Kunst, Kultur und freie Medien.

Alle wissen es doch. Die Krise des Kapitalismus ist symptomatisch: Gewinne werden privatisiert. Verluste sollen alle zahlen. Immer wenn die Zeiten „schlechter“ werden, geht es zuerst gegen jene, die weniger haben. Nun reicht es längst (nicht)! Daher: Weniger Arbeitszeit statt Mehrarbeit ohne Gehaltserhöhung, adäquate Bezahlung statt Einfrieren von Subventionen, bedingungsloses Grundeinkommen statt Erpressung zur Arbeit, Solidarität statt Nationalisierung, Bleiberecht statt Ausweisung und Abschiebung. Wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, sondern die ganze Bäckerei!

Unter dem Vorwand des Krisennotstands wird überall dort gespart, wo Perspektiven auf ein besseres Leben entwickelt werden können: Kunst, Kultur, Freie Medien, Wissenschaft, Bildung, um nur einiges zu nennen. Umgekehrt wird aufgerüstet, von Sparkurs keine Rede: Sicherheit für jene, die es sich leisten können – vor jenen, die keine mehr haben. Schluss mit der Entsicherung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen!

Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden und eine Plattform für gemeinsame kulturpolitische Anliegen und Ziele, welche gegenüber Politik, Medien und Verwaltung gemeinsam vertreten werden.

Die Mitglieder, sowie ihre konkreten Forderungen, Anliegen und Themen für Kulturschaffende sind auf der Homepage www.kulturrat.at einsehbar!

Empfehlung: die Broschüre „Selbstständig – Unselbstständig – Erwerbslos“ des Kulturrates Österreich: Download HIER!

Botschaft Erwin Leder

Botschaft an alle ÖsterreicherInnen von Erwin Leder Vorsitzender FG Freie SchauspielerInnen und SprecherInnen in der Kulturgewerkschaft

Seit der Einführung der Neuen Selbständigkeit gibt es heute ganze Berufszweige, die in die Armutsfalle getrieben und zu Sozialfällen kaputt gespart und gezwungen wurden, für Minderlohn zu arbeiten. Dazu zählen vor allem auch die freien Bühnenschaffenden.

Österreich ist ein Land mit überdurchschnittlich großem Anteil von wunderbaren KünstlerInnen, die jedoch mit zweierlei Maß gemessen werden. Österreich hat als einziges europäisches Land ein Bühnenarbeitsrecht, welches alle Bühnenkünstler gleichermaßen vor (Selbst)Ausbeutung schützt, doch gibt es BühnenkünstlerInnen, die an großen Häusern Dienstverträge bekommen – und BühnenenkünstlerInnen, für die das Gesetz scheinbar nicht gilt, wo sie an der Basis und an kleinen Häusern für einen Hungerlohn arbeiten. Doch die Regierung sieht nach einem ganzen Verhandlungsjahr  2010 wissentlich weiterhin ohnmächtig zu. Noch haben wir in Österreich eine blühende freie Theaterlandschaft, die bunte Spiegelbilder unserer Gesellschaft malt. Aber sie verblüht, weil sie von der Politik unterschätzt und von den Medien verleugnet wird.

„Freie Gruppen und Theater“ verstehen sich als  Unterhaltungs- und Bildungsstätten. Sie sind Not wendig, um in den Menschen Achtsamkeit und Mitgefühl heranzubilden und die Gesellschaft zu einer humanen Gemeinschaft zusammenzuführen.  Freie Theater sind Wertschöpfer für die Gesellschaft und Grund legend – „die Basis“ – ohne den gesunden Nährboden einer breiten Basis keine gesunde Hochkultur.

 

Künstler haben etwas zu geben. Wir wollen nicht von Almosen leben, wir sind weder soziale Randgruppe noch Bittsteller. Wir arbeiten oft mehr als 8 Stunden täglich und wollen und müssen angesichts unserer Leistungen doch endlich leben dürfen.

Die Position der dramatischen Kunst für die Öffentlichkeit:

Dramatische Kunst ist handwerklich, technisch, ethisch und ästhetisch praktisch Maß gebend sowie Bildung und Gemeinschaft fördernd. Geistige und körperliche Gesundheit wächst in der Auseinandersetzung mit dieser Kunst- und Kulturlandschaft.

Kunst fördert im Allgemeinen zudem

  • Intelligenz (Kinder, die Klavier spielen und/oder Bilder malen mögen oder Texte zu rezitieren lieben, sind erwiesener Maßen intelligenter)
  • die Einsicht in die menschliche Geschichte und in die der gesamten Entwicklung unserer Welt
  • die Einsicht in menschliche Vorgänge, Verhaltensweisen, Krisen und Glück
  • und das humane, friedfertige Zusammenleben innerhalb unserer Gesellschaft/en.

Allein die Dramatische Kunst fördert:

  • Sprache/n
  • zwischenmenschlichen Kontakt und Umgang damit
  • Selbsterkenntnis und
  • Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Beziehungsarbeit und Wertschöpfung.

Freie Gruppen und Theater sind Ihre, Damen und Herren, Ihre Theater in Ihrem Bezirk, Ihrer Gemeinde, in Ihrer Straße um die Ecke, und doch finden sie keine entsprechende Beachtung: sie haben oft nicht einmal die Mittel, sich selbst zu erhalten oder zu bewerben. Die Fördermittel werden jährlich geringer. Die Wirtschaft fördert weder einzelne, noch die Gemeinschaft der Freien Theater. Das freie Plakatieren wurde vor 2 Jahren zur Verschandelung degradiert und verboten. Seit Jänner 2010 findet man wegen angeblichem Platzmangel nur noch Großbühnen in den Tagesspielplänen der großen Tageszeitungen, welche jedoch Fördergelder kassieren. Anstatt günstig freie Theaterstücke zu produzieren beschränkt der ORF seinen Bildungsauftrag auf das Ö1 Radio.

Wir halten es für unvereinbar, dass

  1. freie SchauspielerInnen nunmehr seit 1 1/2 Jahrzehnten in gesetzlichen Graubereichen arbeiten und überleben müssen,
  2. freie SchauspielerInnen nahezu keine Probegagen mehr bekommen, für Dumpinglöhne arbeiten müssen und sich selbst versichern, damit die kleinen Theater nicht zusperren müssen.
  3. in Anbetracht der eklatant wachsenden Armut von Kunst Schaffenden eine Kulturnation sich in Jahrzehnte langes Schweigen hüllt und auf Verdrängung setzt,
  4. in Anbetracht der bestehenden Gesetzeslage der österreichische Gleichheitsgrundsatz so lange Zeit schon offiziell hintergangen wird, und
  5. in Anbetracht der für unseren Beruf ganz offensichtlich praxisfernen AMS-Bundesrichtlinie vom 1.1.2009 der Bund selbst nicht auch für die Einhaltung und Finanzierung der dazu notwendigen Erfüllung des Bundesgesetzes Sorge trägt.

MIT DER ZUSÄTZLICH JÄHRLICHEN FÖRDERSUMME* EINER EINZIGE GROßBÜHNE (*30-40 Mio. € Anm. E. L.)

  • könnten alle ca. 400 österreichischen freien Gruppen und Theater adäquate Gehälter lukrieren, ihre Mitglieder wären versichert, und das Gesetz wäre erfüllt.
  • Gäbe es keine unbezahlten Proben mehr und keine nicht versicherten Bühnenunfälle.
  • Müssten alle freien Gruppen und Theater sowie alle seine tausende KünstlerInnen nicht mehr Monat für Monat um Miete und Überleben fürchten.
  • Hätten alle ÖsterreicherInnen eine leistungsfähige Bühne in IHRER NÄHE.

Frau Ministerin Schmied behauptete zur Eröffnung der Bregenzer Festspiele, Österreich sei eine Kulturnation, wie klug: dieser Satz sollte in die Verfassung stehen. Politik und Wirtschaft schmücken sich mit großen internationalen Erfolgen österreichischer KünstlerInnen, ansonsten gilt traditionell: NUR TOTE KÜNSTLER SIND GUTE KÜNSTLER, nicht wahr? Deshalb ist auf lange Sicht ein KUNSTGESETZ anzudenken.

Eine professionelle dramatische Basis ist für die österreichische Kulturlandschaft von nationalem Interesse. Ihr Verlust hätte schwere Folgen, denn die Qualität einer breiten Basis bildet das Fundament einer Pyramide, an deren Spitze eine Hochkultur blühen kann. Wenn das der Fall sein soll, muss die Gemeinschaft Verantwortung übernehmen, sonst wird es in absehbarer Zeit nur noch Staatskunst geben. Es geht um das gesunde Standbein der dramatischen Künste unseres Landes und in Folge um die Erhaltung und schöpferische Bewirtschaftung des kulturellen Erbes Österreichs.

Erwin Leder – Vorsitzender FG Freie SchauspielerInnen und SprecherInnen in der Kulturgewerkschaft (2010-09-29)

Weitere Informationen zu Erwin Leder gibt es auf seiner Homepage: www.erwin-leder.com

Erwin Leder setzt sich als Vorsitzender der Fachgruppe für freiberufliche SchauspielerInnen und SprecherInnen unermüdlich für die Rechte der Kulturschaffenden in Österreich und die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen ein! Danke, für Deine Unterstützung!

Unterstütze unsere Forderungen nach einer Sozialmilliarde: jetzt online unterzeichnen.

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