AK-Wahlen: Rechte Krisengewinnler

Mit der Verkündung des Endergebnis der AK-Wahlen in Wien und Niederösterreich am Freitag den 22. Mai ist der AK-Wahlmarathon nun zu Ende gegangen. Von knapp über 2,6 Millionen Wahlberechtigten haben knapp über 1,1 Millionen ihr Wahlrecht genutzt. Die Wahlbeteiligung ist im Vergleich zur AK-Wahl 2004 von 48,79 % auf 43,83 % gesunken.

Bundesweit brachten die AK-Wahlen folgendes Ergebnis:

Die dominierende FSG – die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen – haben deutliche Verluste hinnehmen müssen. Sie fallen von 63,41 % (2004) auf 55,81 %, verlieren 56 Mandate und halten nun 483 Mandate

Die konservative Fraktion ÖAAB-FCG – legt von 23,73 % auf 24,94 % zu, gewinnt 6 Mandate und liegt nun bei 212 Mandaten österreichweit.

Deutliche Gewinne setzte es – wie zu befürchten war – für die Freiheitlichen (FA): Sie konnten ihr Ergebnis von 4,9 % im Jahr 2004 auf 8,71% 2009 verbessern, gewannen so 26 Mandate dazu, auf 67 Mandate.

Gewinne setzte es glücklicherweise auch für uns, die AUGE/UG – die Alternativen, Grünen und Unabhängigen GewerkschafterInnen. Wir konnten unser Ergebnis geringfügig um 0,33 % auf 4,68 % verbessern und um 5 Mandate auf 38 Mandate zulegen.

Auf sonstige Listen (GLB, BZÖ in Kärnten, Bündnis Mosaik …) entfielen in Summe 40 Mandate, ein Plus von 30 Mandaten.

Kommen wir zur AUGE/UG, zur Fraktion unabhängiger, linker und grün-alternativer GewerkschafterInnen in der AK: Sie gewann je ein Mandat zusätzlich in Salzburg und in der Steiermark, drei Mandate zusätzlich in Wien. Mit 7,21 % (13 statt bisher 10 Mandate) erzielt die AUGE/UG in Wien das beste Ergebnis, das eine AUGE/UG-Gruppierung je zu einer Länderarbeiterkammer erzielt hat. Die AUGE/UG hielt ihre zwei Mandate in Niederösterreich (2,12 % der Stimmen) und liegt dort klar vor den Grünen GewerkschafterInnen, die von der Landesorganisation der NÖ Grünen ins Rennen geschickt worden ist und die trotz eines enormen finanziellen Mitteleinsatzes, darunter „unser“ AUGE/UG-Fraktionsgeld der letzten Periode, das die Grünen im Rahmen ihrer Loslösung mitgenommen hatten – tja, von Geld löst es sich nun mal schwerer, als von einer politischen Idee – nur knapp zwei Mandate (1,81 % der Stimmen) und weniger Stimmen als die AUGE/UG erreichen konnten. Die AUGE/UG ist in Niederösterreich vom fünften auf den vierten Platz vorgerutscht, in Wien vom dritten auf den vierten Platz zurückgefallen. Der Grund: die dramatischen Zugewinne der Freiheitlichen

SORA-Studie

Sinkende Wahlbeteiligung trotz Krise und enormen Drucks auf ArbeitnehmerInnen, hohe FSG-Verluste, starke FA-Gewinne. In Wien haben die Freiheitlichen ihren Mandatsstand von 7 auf 22 Mandate verdreifacht! Das Institut SORA hat die Gründe dafür gesucht (telefonische Nachwahlbefragung, 1.500 Wiener AK-Mitglieder).

Das Ergebnis: Die Krise treibt der extremen Rechten die WählerInnen in Scharen zu. Jene, die bereits jetzt die Zeche für die Krise zu zahlen haben, wählen rechts: So haben 39 % der AK-Wahlberechtigten die in letzter Zeit Lohnverluste hinnehmen mussten – immerhin 10 % aller Wahlberechtigten – (Kurzarbeit, Reduktion der Überstunden, Lohnverluste durch Arbeitsplatzwechsel) freiheitlich gewählt. Jene, die keine Verluste hinnehmen mussten nur zu 9 %. In Betrieben, wo bereits ArbeitnehmerInnen gekündigt wurden – 30 % aller AK-Wahlberechtigten arbeiten in Unternehmen, die bereits Personal abgebaut haben – erreichten die Freiheitlichen 17 % der Stimmen. In Betrieben ohne Personalabbau rund 10 % der Stimmen.

Nur kein falsches Verständnis für freiheitliche „Protestwähler“!

Es ist schon verblüffend: Obwohl weit über 80 % aller ArbeitnehmerInnen die Arbeiterkammer gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise als besonders wichtige Institution ansehen, wählt doch ein erklecklicher Teil von ihnen jene Fraktion, deren „Mutterpartei“ – und die FA ist ja nichts anderes als ein Wurmfortsatz der FPÖ – die tagaus tagein die Arbeiterkammern finanziell und damit politisch schwächen wollen. Da wird eine Organisation gewählt, deren Pendant in der Wirtschaftskammer schon einmal eine Notstandsgesetzgebung, die Aushebelung von Kollektivverträgen und Betriebsreinbarungen in Zeiten der Krise gefordert hat. Und die FA sich selbstverständlich nicht durchringen konnte, diese Positionen, die an schlimmste Zeiten erinnern, klar zu verurteilen. Und dass die Freiheitliche Bewegung mit Gewerkschaftsbewegung, mit ArbeiterInnenbewegung und den Errungenschaften derselben nichts, aber absolut nichts am Hut hat, hat sie auch nur allzu oft bewiesen. Die extreme Rechte war und ist seit jeher ein Gegner der Gewerkschaftsbewegung, der organisierten ArbeitnehmerInnenschaft gewesen. Mehr noch: die ArbeiterInnenbewegung war der extremen Rechten seit jeher verhasst, wurde auch offensiv bekämpft. Offensichtlich interessiert’s die WählerInnen der FA allerdings nicht besonders. Die Wahl von Freiheitliche darf nicht auf „Protest“ beschränkt bzw. verharmlost werden. Wer aus Protest FA oder freiheitlich wählt, wählt extrem rechts. Er/Sie ist damit für den Aufstieg der extremen Rechten mit verantwortlich. Ob aus Protest oder aus Überzeugung ist irrelevant. WählerInnen sind für ihr Wahlverhalten verantwortlich. Und für die Folgen, die daraus entstehen können. Und es werden genau diese WählerInnen sein, welche die Folgen am stärksten zu spüren bekommen (ein ausgezeichneter Artikel über den gewerkschafts- und arbeitnehmerInnenfeindlichen Charakter der FPÖ findet sich hier, auf der KIV/UG-Homepage).

Der Rechtsruck bleibt dabei allerdings nicht auf die Privatwirtschaft beschränkt, sondern findet auch im – von Freiheitlichen und anderen rechten Konsorten so leidenschaftlich verhassten und bekämpften „geschützten“ öffentlichen Bereich statt – in den Krankenhäusern, bei den Wiener Linien erreichte die FA ebenfalls deutliche Stimmenzuwächse.

Linke Gewerkschaftspolitik gegen Rechtsruck

Auch wenn in Österreich – und besonders in Wien (AUGE/UG plus 3 Mandate) und der Steiermark (AUGE/UG plus 1 Mandat, GLB – die KP-nahen GewerkschafterInnen – plus 1 Mandat) – die Kräfte links der Sozialdemokratie – die AUGE/UG sowie Gruppierungen aus dem kommunistischen Lager – Mandatszugewinne verzeichnen konnten: sie blieben weit hinter den Gewinnen der Freiheitlichen zurück. Es gibt am Wahlergebnis nichts schönzureden, wie es von Teilen der FSG versucht wird: natürlich bleibt die Sozialdemokratie dominierende Kraft in der AK. Natürlich war die AK-Wahl 2004 – schwarz-blau, Pensionsreform etc. – hinsichtlich der FSG-Ergebnisse eine Ausnahmeerscheinung. Der Rechtsruck darf nicht ingnoriert und verharmlost werden. Er findet statt. Und er wird weiter stattfinden. Bei den EU-Wahlen, bei den Wiener Wahlen. Wenn nicht endliche ein scharfer Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik vollzogen wird. Wenn weiterhin die Krisenverursacher als Krisengewinnler aussteigen und nicht endlich zur Finanzierung der Krisenbewältigung und unseres Sozial- und Bildungsstaates herangezogen werden, wird das die Rechtsentwicklung nicht stoppen.

Die ArbeitnehmerInnenorganisationen. Arbeiterkammern wie Gewerkschaften – sowie die Linke als Ganzes ist nun enorm gefordert. Kantige, konsequente ArbeitnehmerInnenpolitik ist nun gefragt – ohne Kompromisse gegenüber Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu machen. Spannend die Frage, wie sich die FSG künftig positionieren wird – es gibt sie ja durchaus, die FSG-Spitzen wie der Bau-Holzgewerkschafter und Nationalratsabgeordnete Muchitsch, die sich den Freiheitlichen gegenüber öffnen wollen. Als AUGE/UG werden wir jedenfalls für linke Positionen und gegen die extreme Rechte in der AK kämpfen. Und als UG im ÖGB. Das ist jedenfalls unser Auftrag, den wir aus den AK-Wahlen mitnehmen.

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