Arbeiterkammerwahlen – jetzt geht’s richtig los!

Und warum gerade auch Grüne, Alternative, Linke und andere kritische Geister dringend aufgerufen sind, ihr Wahlrecht wahrzunehmen.

Die Arbeiterkammerwahlen sind schon voll im Gange. Ende Jänner wird in Vorarlberg und Salzburg gewählt. Am 5. Februar liegen die ersten Ergebnisse vor. Dann folgt Tirol, Oberösterreich, die Steiermark und Burgenland. Die Kandidaturen sind schon eingebracht. Mit mehr KandidatInnen als je zuvor. Auch in Kärnten ist die Kandidatur bereits fix. Die notwendigen Unterschriften sind gesammelt, die Liste eingereicht. Mit der AK-Wahl 2004 gelang in Kärnten erstmals der Einzug in die Kärntner AK-Vollversammlung, dem regionalen ArbeitnehmerInnenparlament. Mit 3,2 % und 2 ArbeiterkammerrätInnen erreichte die regionale AUGE/UG – unter der Bezeichnung „Die Grünen & Unabhängige GewerkschafterInnen“ einen Achtungserfolg. Damit gab es für die AUGE/UG keine weißen Flecken mehr in der AK-Landschaft.

Was uns immer wieder verwundert – der geringe Bedeutung von Arbeiterkammerwahlen in der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei ist die Arbeiterkammerwahl die viertgrößte Wahl in Österreich – an die 3,2 Millionen ArbeitnehmerInnen wählen ihre „Parlamente“. Eine „kleine“ Nationalratswahl. Warum geht die Wahl dennoch an so vielen Wahlberechtigten und an der Öffentlichkeit vorbei?

Das liegt wohl vor allem daran, dass die Arbeiterkammer ein weitestgehend unbekanntes Wesen ist – vor allem hinsichtlich ihrer politischen Funktion. Die Arbeiterkammer hat nämlich ausgesprochen hohe Akzeptanzwerte, keiner öffentlichen Institution wir so viel Vertrauen entgegengebracht wie der Arbeiterkammer. Vor allem für ihre Serviceleistungen wird die AK geschätzt. Kaum ein/e ArbeitnehmerIn, die in ihrem Leben zumindest einmal die Leistungen der AK beansprucht – sei es in arbeits-, sozial- oder steuerrechtlichen Fragen, sei es beim KonsumentInnenschutz. Die Arbeiterkammer ist allerdings deutlich mehr als Service – sie ist Politik!!

Das macht sich überall dort bemerkbar, wo es um die Begutachtung von Gesetzen, um Stellungnahmen dazu oder um Grundlagenarbeit geht. Das ist überall dort bemerkbar, wo die Arbeiterkammer Forderungen aufstellt und unmittelbar die Interessen der ArbeitnehmerInnen vertritt, meist in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften – gegenüber der Regierung, EU-Institutionen, den „Sozialpartnern“, dem Gesetzgeber. Die Grundlagenarbeit wirkt wirkt weit in die Parteien hinein – nicht nur in die Sozialdemokratie. Nebenbei sitzen VertreterInnen der Arbeiterkammer in den Beiräten des Arbeitsmarktservices, in den Sozialversicherungen, als LaienrichterInnen in den Arbeits- und Sozialgerichten, betreibt ein eigenes Büro und Lobbying in Brüssel uvm.

Die Arbeiterkammer ist also eine hoch politische Institution. Politik ist allerdings nicht gleich Politik. Wer die politische Richtung vorgibt, welche Schwerpunkte die Arbeiterkammer in der Sozial-, Frauen-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik setzt, hängt von den Mehrheitsverhältnissen in der Arbeiterkammer statt. Hängt davon ab, wie stark die einzelnen Fraktionen im ArbeitnehmerInnenparlament vertreten sind. Wie zu den Nationalratswahlen treten zur AK-Wahl verschiedene Listen an. Und da wie dort entscheidet das Wahlergebnis über die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit der nächsten Jahre.

Warum gerade grün-alternative, kritische und linke WählerInnen unbedingt zu den AK-Wahlen gehen sollten …

Die Wahlbeteiligung zu den AK-Wahlen liegt mit knapp über 40 % verhältnismäßig niedrig. Erstaunlich ist dabei, dass sich z.B. gerade bei GrünwählerInnen – eine Gruppe übrigens, in der die Akzeptanzwerte für die AK besonders hoch liegen – sowie bei kritischen, in der NGO-Szene aktiven Menschen- die Mobilisierung zu den AK-Wahlen relativ schwierig gestaltet. Obwohl diese sonst sehr „wahlwillig“ sind und aktiv an demokratischen Prozessen teilhaben und -nehmen. Offensichtlich wird die Bedeutung der AK bei diesen Gruppen unterschätzt. Enweder wird die AK nicht als zentraler politischer Player wahrgenommen. Oder nicht als jener Ort, wo die Vertretung ihrer Interessen und Anliegen – auch – stattfinden kann. Ein schwerer Fehler.

Warum? Ein paar Beispiele: Als Negativbeispiel der politischen Rolle der AK sei – weil gerade angesichts der Gaskrise besonders aktuell – die Energiepolitik erwähnt. So war etwa die Arbeiterkammer in trauter Gemeinsamkeit mit Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung beim „Abwürgen“ eines zukunftsweisenden Ökostromgesetzes beteiligt. Einzig die AUGE/UG, die dagegen Strum lief. Die ökologische Frage – und damit auch die energiepolitische Frage – wird von der AK noch viel zu wenig als verteilungspolitische Frage begriffen. Auch wenn ökologische Themen innerhalb der AK – nicht zuletzt aufgrund unserer Tätigkeiten – immer mehr an Gewicht bekommen: Klimaschutz – gerade auch aus einer beschäftigungs- und verteilungspolitischen Perspektive – nimmt nach wie vor nicht die Rolle ein, die ihm zusteht.

Manchen emanzipatorischen Positionen konnten wir allerdings auch zum Durchbruch verhelfen: wenn es um die Frage des passiven Wahlrechts von MigrantInnen zu Betriebsrat und AK, oder um die Einbeziehung atypisch und/oder prekär Beschäftigter in den Vertretungsbereich der AK ging, war des die AUGE/UG die das – erfolgreich – einforderte und letztlich durchsetzen konnte. Und es waren wir, die die bedarfsorientierte Grundsicherung in der AK salonfähig machten.

Darum geht’s!

Die rot dominierte Arbeiterkammer ist in Zeiten der schwarz-blauen Regierung durch fundierte und offene Kritik aufgefallen. ÖVP und FPÖ drohten damals immer wieder mit der Kürzung der AK-Umlage, was die Arbeiterkammer empfindlich geschwächt hätte. Nun ist wieder die SPÖ an der Regierung. Kritik der AK an Regierungsplänen fällt nun ausgesprochen schwach aus. Dabei läge es gerade jetzt an den Institutionen der ArbeitnehmerInnen – an ÖGB und AK – mächtig Druck auf eine soziale, ökologische und demokratische Wende in der Wirtschaftspolitik zu machen. Angesichts von Finanz- und Wirtschaftskrise ist das neoliberale Modell schwer erschüttert und desavouiert. Ein historisches Fenster für grundlegende Reformen im System hat sich einmal geöffnet. An Positionen der AK würde es nicht mangeln. Durchaus begrüßenswerte Positionen. Allerdings werden diese – wohl aus Rücksichtnahme auf die SPÖ – nicht offensiv eingefordert. Es geht daher darum, innerhalb der AK auf die AK Druck zu machen – was nicht zuletzt in den ÖGB hineinwirken würde.

Druck darauf, dass …

… mutige Schritte zu einer gerechteren Verteilung gesetzt werden – über die Wiedereinführung vermögensbezogener Steuern, über ein progressiveres Einkommenssteuersystem, über eine deutliche steuerliche Entlastung von unteren Einkommensgruppen, über die Wiedereinführung einer Börsenumsatzsteuer, über ein Ende für Steuerprivilegien für Superreiche, Spitzenverdiener und Unternehmen – um zumindest ansatzweise dem „Verursacherprinzip“ gerecht zu werden. Dass nämlich endlich jene, die hauptverantwortlich für die Krise sind, einen entsprechend ordentlichen Beitrag zum Steueraufkommen und damit zur Finanzierung von Wegen aus der Krise leisten.

… die weitestgehend „demokratiefreie Zone“ Betrieb endlich mit Demokratie durchlüftet wird und BürgerInnenrechte – wie das recht auf freie Meinungsäußerung und Kritik – auch in der Arbeitswelt sanktionsfrei wahrgenommen werden. Und dass Mitbestimmung, Mitgestaltung, ein mehr an Zeitsouveränität zugunsten der ArbeitnehmerInnen deutlich ausgebaut werden. Und dass BetriebsrätInnen mit jenen Rechten ausgestattet werden, um die Interessen ihrer Belegschaft auch tatsächlich wirkungsvoll wahrnehmen zu können – bis hin zu Vetorechten.

… die Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld, die Verteilung von Lebens- und Arbeitszeit gerechter gestaltet wird – zwischen jenen, die zuviel und jenen, die zuwenig an Arbeit und damit Einkommen und Existenzmöglichkeiten haben. Insbesondere auch zwischen Männern und Frauen, zwischen Beschäftigten und Erwerbsarbeitslosen.

Klima- und Umweltschutz endlich auch als zentrale verteilungspolitische Frage erkannt wird, und Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz insbesondere auch in Zeiten der Krise eine doppelte „Dividende“ einfährt – nämlich ein mehr an Beschäftigung, eine finanzielle Entlastung der Haushalte von hohen Energiekosten und einen deutlicher Gewinn von Lebensqualität

… endlich ein mehr an Gerechtigkeit in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft hergestellt wird – bei Einkommen, Rechten und Chancen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung und Arbeitsverhältnis – über eine entsprechende Bildungspolitik, über gesetzliche Mindestlöhne, über einen Einkommensschutz für Teilzeitbeschäftigte, über ein entsprechendes Angebot an sozialen und öffentlichen Leistungen, die allen zugänglich sind

Druck, der nur erzeugbar ist, wenn jene Kräfte in der AK gestärkt werden, die diesen Druck auch machen können. Druck der nur erzeugt werden kann, wenn jene Kraft, die für diese Positionen steht, aus den AK-Wahlen entsprechend erfolgreich hervorgeht. Die AUGE/UG steht für diese Positionen. Wie viele GrünwählerInnen, kritische Geister, Linke …

Darum ein Appell an all jene, die bislang AK-Wahlen als wenig relevant erachtet haben. Die einfach vergessen haben zu wählen. An all jene, die sich als Grün-Alternative, Linke oder kritische Geister verstehen: Nicht vergessen und wählen gehen! Die Arbeiterkammern sind einfach zu wichtig, um sie nur den anderen zu überlassen.

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