ATX-Konzerne: Ausschütten statt vorsorgen
17. April 2013 von adminalternative
Die Aktionäre wird’s freuen: An die 2 Mrd. Euro werden die zwanzig Leitunternehmen im ATX im Jahr 2013 ausschütten. Mehr als die Hälfte der ATX-Konzerne erhöhen ihre Dividendenzahlungen, sieben Unternehmen sogar um 9 %. Das in Zeiten, wo die Wirtschaftskrise einen neuen Höhepunkt erreicht.
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Die Eigenkapitalsituation der Unternehmen ist dabei gut. Zusätzliche Reserven – etwa für Investitionen in Krisenjahren – werden allerdings nicht gebildet. Und: die Steuerleistung der Unternehmen liegt deutlich unter den vorgesehenen 25 % Körperschaftssteuer.
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Unter den Top-5 Betrieben – hinsichtlich der Höhe der Ausschüttungen – liegen dabei zwei Energieunternehmen und drei Konzerne der Finanzbranche:
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- die OMV AG hat ihr Ausschüttungsvolumen von 358,8 Mio. Euro auf 392,7 Mio. Euro 2013 erhöht.
- Freuen dürfen sich auch die AktionärInnen der Raiffeisen Bank International AG: sie bekommen mit 227,9 Mio. Euro um fast 23 Mio. Euro mehr als noch 2012.
- Die Verbund AG steigert ihre Dividenden von 191,1 auf 208,9 Mio. Euro.
- Die Erste Group Bank AG, die 2012 nichts ausschüttete, befriedigt ihre EigentümerInnen heuer mit 157,8 Mio. Euro.
- Bleibt zuletzt die Vienna Insurance Group AG, die ebenfalls kräftig von 140,8 Mio. Euro 2012 auf 153,6 Mio. 2013 erhöht.
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Zurückhaltung bei der Telekom, Großzügigkeit bei der Post AG
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Während die skandalgeschüttelte Telekom mit 22 Mio. Euro neuerdings „Zurückhaltung“ bei den Dividendenausschüttungen zeigt – über Jahre hindurch ging die Ausschüttungspolitik auf die Unternehmenssubstanz und reduzierte die Eigenkapitalquote auf bedrohliche 12,0 % – zeigt sich ein anderer „staatsnaher“ Betrieb großzügig wie eh und je: Die Post AG schüttet 98,7 % ihres Gewinns an die AktionärInnen aus – nach hohen 92,8 % 2012 und nicht minder beeindruckenden 91,3 % im Jahr davor.
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Ausschüttungen trotz Verlustes tätigen 2013 die Wienerberger AG – rund 14 Mio. Euro, überdurchschnittlich schüttet die CA-Immo – trotz Gewinnrückgangs – aus: nämlich 61,3 % des Gewinns. Die durchschnittliche Ausschüttungsquote lag 2013 bei den 17 untersuchten ATX-Unternehmen bei 39,9 % und ist damit gegenüber den Vorjahren (2011: 44,2 %, 2012: 45,7 %) rückläufig.
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AK-Unternehmensmonitor 2012: Gewinne auf hohem Niveau
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Der im Februar 2013 präsentierte AK-Unternehmensmonitor 2012, der die wirtschafliche Lage der österreichischen Unternehmen im Jahr 2011 untersucht, zeugt ebenfalls von einer Unternehmens- und Dividendenpolitik, die der Schwere der Krise nicht gerecht wird. Untersucht wurden dabei
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- die Jahresabschlüsse von 1.247 Unternehmen mit über 600.000 Beschäftigten,
- d.s. Die bedeutendsten österreichischen Kapitalgesellschaften, allerdings
- ohne Banken, Versicherungen und Non-Profit-Unternehmen.
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Mit einem EBIT (operatives Ergebnis, übersetzt „Gewinn vor Zinsen und Steuern“) von 4,5 % ist es den Unternehmen gelungen, „die konjunkturelle Erholung nach der Krise rasch im Kerngeschäft zu festigen,“ so der AK-Monitor. Der EBIT liegt tatsächlich knapp über dem letzten „Vorkrisenjahr“ 2008 (EBIT: 4,3 %).
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Beachtliche Eigenkapitalrenditen
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Auch 2011 im zweistelligen Bereich: die Eigenkapitalrendite, die „Verzinsung“ des Eigenkapitals, das Verhältnis des Jahresüberschusses zum eingesetzten Eigenkapital. Dieses liegt mit 12,9 % (2011) zwar knapp unter jener des Jahres 2008 mit 13,3 % allerdings mit 10,3 Prozentpunkten deutlich über der durchschnittlichen Rendite inländischer Anleihen! Im Monitor heißt es dazu:
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„Zurückzuführen ist der hohe Wert einerseits auf die anhaltend gute Ertragslage sowie die straffere Finanzierungsstruktur in den Unternehmen.“
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Spitzenreiter ist der Sachgütersektor mit einer Eigenkapitalrendite von 23,1 %! Es zahlt sich aus, AktionärIn zu sein. ArbeitnehmerInnen der betroffenen Unternehmen profitieren von der wirtschaftlichen Lage ihrer Betriebe deutlich weniger.
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„Schrumpfender“ Kuchen für ArbeitnehmerInnen …
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Die Schere zwischen „Wertschöpfung“ und Personalaufwand geht nämlich immer weiter auseinander. ArbeitnehmerInnen „produzieren“ zwar immer mehr – die Produktivität steigt also – der „Personalaufwand“, also der Anteil der Beschäftigten am der Produktivitätsentwicklung geht allerdings zurück.
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Lag – krisenbedingt – der Personalaufwand 2009 noch bei 64,6 % der Wertschöpfung (pro Kopf) sank er 2010 auf 62,6 % um bis 2011 einen Stand von 61,7 % zu erreichen. Anders ausgedrückt: betrug die Schwere zwischen Wertschöpfung und Personalaufwand 2007 noch knapp über 37.000 Euro, stieg sie bis 2011 auf über 40.000 Euro.
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… wachsender für EigentümerInnen
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Werden die ausgeschütteten Gewinne den (Brutto-)Löhnen und Gehältern der Unternehmen gegenüber gestellt („Ausschüttungstangente“), so beliefen sich die Dividenden im Jahr 2009 noch auf 38,1 % der Löhne und Gehälter, 2011 allerdings schon wieder auf 45 % – und sind damit beinahe wieder auf Vorkrisenniveau von 45,7 % im Jahr 2008. Fast die Hälfte der Lohnsumme fließt demnach an Aktionäre und die Muttergesellschaften. Der Bericht:
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„Die EigentümerInnen profitieren in Relation vielmehr von der guten Ertragslage als die Beschäftigten in Form von Entgeltsteigerungen.“
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Zurückhaltung bei Investitionen …
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Gerade in Krisenzeiten besonders bedrohlich: Sachinvestitionen gehen im Verhältnis zu den Dividenden deutlich zurück. Oder anders: es wird mehr vom Gewinn ausgeschüttet als investiert.. Hielten sich 2007 Ausschüttungen und Investitionen noch fast die Waage – damals wurden Ausschüttungen im Verhältnis von 108,2 % zu den Investitionen getätigt – übersteigen 2011 die Ausschüttungen mit 123,3 % die Sachinvestitionen doch deutlich.
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„Für die Unternehmen bedeutet dies, dass erwirtschaftete Gewinne nicht für Investitionen in die Zukunft eingesetzt werden können und bei der Finanzierung von Investitionen insbesondere auf Fremdkapital zurückgegriffen werden muss.“
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Dass generell genug Kapital für Investitionen zur Verfügung stehen würde, davon zeugen nicht zuletzt die hohen „Reserven“ der Unternehmen: Die Eigenkapitalquote liegt bei „ausgezeichneten“ 43,1 %. Trotz Krise wurde das Niveau zwar einigermaßen gehalten (zum Vergleich Eigenkapitalquote 2007 von 45 %), allerdings – nicht zuletzt als Folge der großzügigen Ausschüttungspolitik auch in den Krisenjahren – nicht ausgebaut.
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„Generell stünde ausreichend Kapital für Investitionen in die Zukunft zur Verfügung. Besonders hoch ist das in Bezug auf die Dividenden ungenützte Investitionspotential im Sachgüterbereich, die Dividenden liegen hier im Vergleich zu den Investitionen doppelt so hoch.“
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Erfreulich in diesem Zusammenhang ist lediglich, dass die Lust, Gewinne in Finanzanlagen zu investieren, deutlich zurückgegangen ist. Lagen Investitionen in Sachanlagen noch 2007 mit 126,9 % nur knapp über jenen in Finanzanlagen, hat sich das Verhältnis 2011 inzwischen auf 2 zu 1 zugunsten von Sachinvestitionen deutlich verschoben. Schluss der AutorInnen: Scheinbar gelte inzwischen die Devise, dass „Finanzinvestitionen tabu“ seien.
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Magere Beschäftigungszuwächse
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Wo Investitionen ausbleiben ist kein Beschäftigungswunder zu erwarten. Zwar stieg die Beschäftigtenzahl 2011 bei den großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften erstmals mit Ausbruch der Krise wieder auf 554.268 ArbeitnehmerInnen – doch bleibt sie nach wie vor geringfügig hinter dem Vorkrisenjahr 2008 zurück.
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Unternehmen „mit Verantwortung“? Nicht bei den Steuern!
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Nicht weniger unerfreulich: Die von den Unternehmen abgeführte Gewinnsteuer liegt mit einem effektiven Steuersatz (also die tatsächlich geleisteten Steuern im Verhältnis zur Bemessungsgrundlage) von 19,4 % nach wie vor deutlich unter dem nominellen Körperschaftssteuersatz von 25 %. Der niedrige effektive Steuersatz ist allerdings keineswegs in der „schlechten“ Gewinnsituation zu suchen: seit Jahren liegt er unter 20 %, selbst im Hochkonjunkturjahr 2007 gar bei niedrigen 17,8 %!
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Fazit
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Zusammenfassend attestiert der AK-Unternehmensmonitor 2012 den großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften zwar „hohe Ertragskraft, stabile Finanzierungsstrukturen und großes Potential für Investitionen“, kritisiert allerdings
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„… die Fortsetzung der großzügigen Ausschüttungspolitik, insbesondere in Relation zur Lohn- und Gehaltssumme … Hier ist angesichts der fragilen Wirtschaftslage rasch eine Trendumkehr erforderlich, denn die abgeflossenen Mittel könnten vielleicht schon bald dringend als Zwischenfinanzierung bzw. als Investitionsstütze benötigt werden.“
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Eine erforderliche ‚Trendumkehr‘, die bedauerlicherweise allerdings auch 2013 immer noch nicht zu beobachten ist.
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Links:
AK-Unternehmensmonitor 2012
Ausschüttungspolitik der ATX-Konzerne (2011 bis 2013), AK Wien, April 2013