Budget 2013 (I): Teure Krise(n)

Das Budget 2013 leistet kaum einen Beitrag zur Bewältigung der Krise. Die Budgetlöcher aus der Bankenrettung werden immer größer. Die Belastungen für die ArbeitnehmerInnen ebenfalls.
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Am 16. Oktober präsentierte Finanzministerin Fekter im Rahmen ihrer Rede das Budget für 2013. Übertitelt mit:  „Stabile Finanzen durch Reformen. Wachstum durch Offensivmaßnahmen“. Ab 14. November wird das Budget im österreichischen Nationalrat diskutiert. Einmal mehr hat auch die Arbeiterkammer das österreichische Budget analysiert. Vorweg genommen sei: Im Gegensatz zur Finanzministerin sprechen die AK-ExpertInnen allerdings weniger von „stabilen Finanzen“ als von hohen Kosten der Bankenrettung.  Und: dass die veranschlagten „Offensivmaßnahmen“ das Wachstum besonders befördern würden wollen die AnalystInnen der AK auch nicht so recht glauben. Vielmehr sind die „Offensivmaßnahme“ viel zu wenig.
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Budget 2013 – wesentliche Kennzahlen
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Im Bundeshaushalt 2013 sind „Einzahlungen“ (also Einnahmen) von 68,7 Mrd. Euro und „Auszahlungen“ (also Ausgaben) von 75 Mrd. Euro veranschlagt. Das ergibt einen Abgang von rund 6,3 Mrd. Euro, was einem „Maastricht“-Defizit des Bundes von 2 % des BIP entspricht. Das „gesamtstaatliche“  Maastricht-Defizit – also die Defizite von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern zusammengerechnet  – wird auf 7,4 Mrd. Euro oder 2,3 % des BIP geschätzt.
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Insgesamt betragen die geschätzten gesamtstaatlichen Einnahmen 2013 155 Mrd. Euro, die gesamtstaatlichen Ausgaben 162,4 Mrd. Euro. Die Staatsschulden, also der öffentliche Schuldenstand, wird 2013 einmal mehr leicht auf 75,4 % des BIP steigen (2012: 74,7 %).
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Während Länder und Gemeinden ihre im Rahmen des innerösterreichischen Stabilitätspakts (ÖStP) vorgesehenen Defizitziele übererfüllen (0,44 % Neuverschuldung statt maximal zulässiger 0,54 %, nicht zuletzt als Folge höherer Ertragsanteile für Länder und Gemeinden aus neuen Steuern), die Sozialversicherungsträger sogar Überschüsse produzieren, ist der Bund die einzige Körperschaft, die ihre Verpflichtungen im Rahmen des ÖStP nicht einhalten wird können: statt maximal zulässiger 1,75 % Defizit wird dieses bei bereits erwähnten 2 % liegen.
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Warum konnten die Budgetziele auf Bundesebene nicht eingehalten werden? Der Grund liegt vor allem in der teuren Bankenrettung.
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Teure Krise, noch teurere Bankenrettung
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Kommt die Wirtschaftskrise den SteuerzahlerInnen – also vor allem der Masse der SteuerzahlerInnen, den ArbeitnehmerInnen – schon teuer, kommt die Bankenkrise denselben ganz besonders teuer. 15 Mrd. Euro sah die Bundesregierung anno dazumal im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes für Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals der Banken  („Partizipationskapital“, Haftungsübernahmen, Erwerb von Anteilen) vor. Bis heute wurden 14,3 Mrd. Euro – das sind rund 96 % – ausgeschöpft. Von diesen 14,3 Mrd. entfallen 4,1 Mrd. auf Haftungen, 1,3 Mrd. auf Bürgschaften und Garantien, 4.1 Mrd. auf Partizipationskapital und 4,7 Mrd. Euro auf Kapitalzuschüsse. In diesen Zahlen enthalten sind bereits Kapitalaufstockungen für die Hypo Alpe Adria in Höhe von 1,5 Mrd. Euro (2012) und 700 Mio. Euro (2013).  Bekanntlich sollte die Bankenrettung ja ein „Bombengeschäft“ für die Republik werden – versprach zumindest ein gewisser Josef Pröll, seines Zeichens damals Finanzminister der Republik.
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Nun: Bombengeschäft wurde die Bankenrettung keines. „Bombig“ ist allerdings das tiefe Loch, das in den öffentlichen Haushalten seitdem klafft. Die Verluste aus der Bankenrettung summieren sich bislang auf beinahe 5,4 Mrd. Euro! Allein die angefallenen Kosten für die Hypo Alpe Adria belaufen sich von 2008 bis 2013 auf über 2 Mrd. Euro, jene der Kommunalkredit auf über 2,6 Mrd., die  der Volksbanken AG auf knapp unter 1 Mrd. Hinzu kommen noch „entgangene“ Dividenden von knapp 700 Mio. Euro sowie Refinanzierungskosten von rund 1 Mrd. Euro. Summa summarum fast 7,6 Mrd. Euro, denen Erträge aus Dividenden und Haftungsentgelten von rund 2,2 Mrd. Euro gegenüberstehen.
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Bei den 5,4 Mrd. Euro Verlust dürfte es allerdings nicht bleiben, so die AK-Studie: „Da mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist. Dass die Haftungen für die Eigenkapitalaufstockungen für die Hypo Alpe Adria im Jahr 2012 in Höhe von 1,2 Mrd. Euro weder von der Bankenaufsicht noch von Eurostat akzeptiert werden, dürfte der kumulierte Nettoverlust bei 6.586 Mio. Euro liegen.“ Damit würde sich das gesamtstaatliche Defizit noch einmal deutlich erhöhen – 2012 von 3,1 % auf 3,5 % des BIP! Damit stehen für den Zeitraum 2008 bis 2012 Budgetausfälle von bis zu 6,6 Mrd. Euro im Raum. Und es könnte noch mehr werden, die Bankenkrise ist längst nicht ausgestanden. Die Bankenrettung, ein „Bombengeschäft“.
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Nulllohnrunde und „Pensionsanpassung“ verschärfen Krise
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Sind die „stabilen Finanzen“ schon nicht so stabil, wie sie Finanzministerin Fekter glauben machen will, stellen sich die „Offensivmaßnahmen“ zusätzlich weder als besonders offensiv, noch als besonders wachstumsfördernd heraus. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Europa fällt in die Rezession. Auch Ergebnis, so die AK-AutorInnen, „einer falschen, weil zu harten Konsolidierungspolitik“ im Zeichen von Schuldenbremsen, Fiskalpakt und EU-weiter Austeritätspolitik. Heute, 2012 sind in der Eurozone  8,5 Mio Menschen mehr arbeitslos, als noch 2008. „Die missglückte europäische Politik bremst auch die Konjunktur in Österreich, auch wenn sie in Relation zu den anderen EU-Ländern besser gelaufen ist,“ führt die AK-Budgetanalyse weiter aus. Für 2013 wird für Österreich ein reales Wirtschaftswachstum von nur noch 1 % prognostiziert und ein Anstieg der Arbeitslosenrate auf 7,4 % der unselbständig Beschäftigten bzw. 277.700 Arbeitslose im Jahresschnitt befürchtet. Ein Rekordwert. Dabei scheint selbst dieses schwache Wachstum noch nicht einmal gesichert:

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„Vor allem der anhaltende Sparkurs und die durch eine weitere Verschlechterung der Absatz- und Einkommenserwartungen ausgelöste Zurückhaltung bei Investitionsausgaben der Unternehmen und Konsumausgaben der privaten Haushalte könnte den Abschwung über das gegenwärtig angenommene Maß hinaus verstärken.“

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Entsprechend kritisch fällt die Bewertung der ins Budget eingepreisten, im Rahmen des „Stabilitätspakets 2012 – 2016“ beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen aus: besonders der Aufnahmestopp und die Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst sowie der Abschlag von 1 Prozentpunkt bei der Pensionsanpassung würde „die gesamtwirtschaftliche Nachfrage tendenziell schwächen.“ So sollen alleine 2013 über 1.300 Planstellen im Bundesdienst abgebaut werden, bis 2016 beinahe 4.000. Die Arbeiterkammer schätzt, dass diese Maßnahmen das Wirtschaftswachstum im Jahr 2013 allein um 0,4 % Prozentpunkte dämpfen.

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Offensivmaßnahmen vollkommen unzureichend

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Bereits beschlossene „Offensivmaßnahmen“ der Vorjahre – von Universitäten und Fachhochschulen über thermische Sanierung bis zum Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Schulen und von Kinderbetreuungseinrichtungen –  werden zwar im Umfang von rund 400 Mio. Euro fortgeschrieben – das war’s allerdings auch schon. Mehr, „offensiv“ eingesetztes Geld gibt es nicht, „sparen“ diktiert. Damit werden diese von Fekter so hoch gepriesenen „Offensivmaßnahmen“ 2013 „nur wenig zusätzliche positive Nachfrage- und Beschäftigungseffekte bringen.“ Ganz im Gegenteil:  „Insgesamt belasten daher die diskretionären Maßnahmen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage.“ Die AK fordert entsprechend ein Beschäftigungsprogramm mit den drei Schwerpunkten

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  • sozialer Wohnbau
  • Ausbau sozialer Dienste
  • aktive Arbeitsmarktpolitik

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In diesem Zusammenhang fordern die AK-ÖkonomInnen einmal mehr eine Umschichtung von finanziellen Transfers und Förderungen hin zu sozialen Dienstleistungen sowie ein Umbau des Steuersystems von Steuern auf Arbeit hin zu Steuern auf Vermögen. Beide Maßnahmen würden „positive Nachfrage- und Beschäftigungswirkungen“ mit sich bringen, „ohne den Staatshaushalt zusätzlich zu belasten.“

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Hauptlast der Konsolidierung tragen ArbeitnehmerInnen

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Dass eine Umschichtung der Steuerbelastung von den ArbeitnehmerInnen hin zu Kapital und Vermögen nicht nur aus Steuergerechtigkeits-, sondern auch aus wirtschaftspolitischen Gründen  tatsächlich ein Gebot der Stunde wäre, zeigen nicht  zuletzt die aktuellen Zahlen des Finanzministeriums: das Aufkommen aus der  Lohnsteuer beläuft sich 2013 auf geschätzte 23,9 Mrd. Euro und liegt damit beinahe doppelt so hoch wie das Aufkommen aus Selbständigen-, Kapital- und Unternehmenssteuern (ESt, KÖSt, KESt, Bankenabgabe) mit rund 12,9 Mrd. Euro. Weiterhin hoch bleiben die Einnahmen aus der USt mit 25,1 Mrd. Euro, stagnierend jene aus der MÖSt mit 4,47 Mrd. Euro.

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Österreich bei Steuern und Abgaben auf Arbeit EU-Spitze!

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EU-weit liegt Österreich bei Steuern und Abgaben auf Arbeit (hinsichtlich des Anteils am Gesamtsteueraufkommen) bereits auf Platz 1, bei Steuern auf Kapitalgesellschaften fällt die Alpenrepublik schon tief auf Platz 22, bei Umwelt- und Vermögenssteuern gleich noch tiefer: nämlich auf den 24. Platz. „Rote Laterne“ in unmittelbarer Reichweite …

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Insgesamt leisten die ArbeitnehmerInnen in Österreich 49,4 % aller Steuern und Abgaben. 27,8 % des gesamten Steuer- und Abgabenaufkommens kommen aus Konsumsteuern –  ebenfalls wieder von der Masse der KonsumentInnen – den „Lohnsteuerpflichtigen“ – geleistet. Lediglich 5,7 % aller  Steuern und Abgaben fallen dagegen auf Selbständige, der Steueranteil aus Kapitalerträgen und Unternehmensgewinnen beläuft sich auf lediglich 14,7 % (Quelle: EU-Kommission, 2009).

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Fast ein Drittel „Nullfälle“ bei Einkommensteuerpflichtigen!

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Interessante Aufschlüsse darüber, wer denn jetzt tatsächlich wie viel an Steuern zahlt, liefert auch die  Einkommen- und Körperschaftssteuerstatistik. Aus dieser lässt sich nämlich ersehen, wie hoch der Anteil der „Nullfälle“ (keine Lohn-, Einkommens-, bzw. Körperschaftssteuerleistung) unter allen „Veranlagungsfällen“ (ArbeitnehmerInnenveranlagung, Einkommensteuererklärung …) ist: Während bei jenen Lohnsteuerpflichtigen, die eine ArbeitnehmerInnenveranlagung – sprich „Lohnsteuererklärung“ –  machen der Anteil der „Nullfälle“ bei 18 % liegt, betragen die Nullfälle bei  den Selbständigen  30 %, bei den Gewerbetreibenden 50 %, bei jenen, die Einkünfte aus Vermögen, Vermietung und Verpachtung beziehen bei sehr hohen 46 %, bei Land- und ForstwirtInnen sogar bei 66 % (Einkommensteuer insgesamt: 31 %) ! Selbst 39 % aller körperschaftssteuerpflichtigen Unternehmen sind „Nullfälle“ (Quellen: Einkommensteuerstatistik 2008, Körperschaftssteuerstatistik 2008).

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Die relativ hohe Zahl an „Nullfällen“ bei Selbständigen, Unternehmen und KapitaleignerInnen ist dabei weniger Ergebnis einer immer bedrohlicher werdenden, systematische Verelendung der Selbständigen, noch  einer geradezu existenzbedrohende Gewinnsituation österreichischer  Unternehmen, sondern eher Folge großzügiger, steuerlicher Gestaltungsspielräume. An der Einkommensverteilung zwischen Kapital und Arbeit dürfte der schwache steuerliche Beitrag der „besitzenden Klasse“ jedenfalls nicht liegen, ist die Lohnquote seit den siebziger Jahren doch von um die 75 % auf deutlich unter 70 % gesunken, die Gewinnquote dagegen von um 25 % auf über 30 % gestiegen ….

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Schlussfolgerungen

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Die drohende Rezession 2013 – nicht zuletzt Folge einer EU-weiten Austeritätspolitik und verabsäumter Finanzmarktregulierungen  – würde eigentlich ein energisches Gegensteuern der Politik erfordern: mit „intelligenten“, sozial und ökologisch verträglichen, nachhaltig und beschäftigungsfördernd wirkenden Investitionen in Bildung, soziale Dienste, Klimaschutz und den ökologischen Umbau unseres Industrie- und Energiesystems. Zusätzlich wäre es Aufgabe der Politik, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stabilisieren und zu stimulieren, um den Konjunktureinbruch und den damit verbundenen drohenden Anstieg von Arbeitslosigkeit abzufangen. Gleichzeitig müsste es endlich an die Bewältigung der Krisenursachen  – Ungleichverteilung, Ungleichgewichte und Unterregulierung der Finanzmärkte – gehen. Über eine  umfassende Besteuerung von Vermögen und Vermögensübergängen würden nicht nur Mittel für sozial verträgliche Konsolidierung und gesellschaftlich sinnvolle Investitionen frei gemacht, sondern auch Ungleichverteilung gemindert, sowie „Spielkapital“ für die Finanzmärkte abgeschöpft werden. Über eine Stärkung unterer Einkommensgruppen, einer offensiven (Mindest-)Lohnpolitik sowie die Erhöhung der Binnennachfrage könnte auch Österreich einen Beitrag zum Abbau wirtschaftlicher „Ungleichgewichte“ in Europa setzen. Über ein Bankeninsolvenzrecht, dass Eigentümer und Gläubiger im Konkursfall zur Kasse bittet, statt die Allgemeinheit zahlen zu  lassen.

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Von alledem ist im Budget nur wenig zu finden. Im Gegenteil: Nulllohnrunden, Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst und Pensionsanpassungen unter Inflation schwächen Binnennachfrage, Löhne und Einkommen. Der Einstieg in eine umfassende Vermögensbesteuerung scheitert am Veto der „Klassenpartei“ ÖVP wie am mangelnden Einsatz der SPÖ. Die Hauptlast der Krise wie der Budgetkonsolidierung tragen wie eh und je die ArbeitnehmerInnen. Regulierungsmaßnahmen im Bereich der Finanzmärkte scheitern nicht nur auf EU-Ebene: nach wie vor gibt es kein Bankeninsolvenzrecht und werden Banken, unabhängig von ihrer tatsächlichen volkswirtschaftlichen Relevanz gerettet. Offensivmaßnahmen bleiben im Zeichen von Schuldenbremse, Fiskalpakt und anderen Budgetrestriktionen bescheiden und der Schwere der Krise nicht angemessen. Um rezessive Entwicklungen zu mildern reicht das Budgetierte jedenfalls nicht – vielmehr droht der Sparkurs in Österreich wie der EU die Krise noch zu verschärfen. Dann droht nicht nur ein verlorenes Jahr. Dann droht ein verlorenes Jahrzehnt. Und was das bedeuten würde, kann wohl jeder selbst abschätzen …

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Link: Budgetanalyse 2013 der AK Österreich

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