Gewerkschaftliches „Superwahljahr“ 2014, eine erste Bilanz: Zwischen Freude und kalt-warm
3. Juni 2014 von adminalternative
2014 war bzw. ist für die Gewerkschaften ein „Superwahljahr“. Gerade auch für uns Unabhängige GewerkschafterInnen. Nicht nur die gesetzlichen Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen – die Arbeiterkammern wurden neu gewählt. Auch bei den Gemeindebediensteten fanden Wahlen statt. Und im Herbst wird bei Post und Telekom sowie im öffentlichen Dienst gewählt. Einen für die UG durchaus erfreulichen Vorgeschmack auf die Herbswahlen gab es dabei bereits. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.
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Erfolgreiche AK-Wahlen 2014
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Die aus gesamtgewerkschaftlicher Sicht bedeutendste Wahl ist seit jeher die Arbeiterkammerwahl. Die ArbeitnehmerInnen Österreichs waren 2014 wieder aufgerufen, ihre Interessensvertretung zu wählen: 2,8 Millionen Wahlberechtigte, von denen 1,1 Mio. von ihrem Wahlrecht auch Gebrauch machten – knapp 40 Prozent.
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Das Endergebnis der AK-Wahlen ist dabei für die AUGE/UG besonders erfreulich: Als einzige Gewerkschaftsfraktion gewann die AUGE/UG in allen Bundesländern Stimmen und/oder Mandate dazu. In einer bislang nie dagewesenen Personalityshow der amtierenden bzw. neu kandidierenden AK-Präsidenten konnte die FSG ihre Position noch einmal ausbauen. Insgesamt legten allerdings die Fraktionen links der FSG deutlich zu, während ÖAAB und FA Verluste hinnehmen mussten bzw. stagnierten. Das Endergebnis der AK-Wahlen (Bundesergebnis = Summe der Länderergebnisse im Vergleich zum Endergebnis der AK-Wahlen 2009):
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- Die AUGE/UG kommt auf 6,01 Prozent (+ 1,33 Prozent) und 65 590 Stimmen. An Mandaten legt die AUGE/UG um 9 auf 47 AK-RätInnen zu. Die AUGE/UG gewinnt in allen Bundesländern Stimmen und in allen Bundesländern – ausgenommen Burgenland – Mandate. In Tirol zieht die AUGE/UG erstmals in den AK-Vorstand ein, in NÖ erreicht die AUGE/UG wieder Fraktionsstatus. Den größten Mandatszuwachs (+ 2) erzielt die AUGE/UG in der Steiermark, den größten relativen Stimmenzuwachs (+ 2,03 Prozent) in Kärnten, den größten absoluten Stimmenzuwachs (+ 3.318 Stimmen) in OÖ.
- Die FSG kommt auf 57,6 Prozent (+ 1,35 Prozent) , 624 314 Stimmen und 489 Mandate (+ 6 Mandate). Die FSG gewinnt besonders stark in Kärnten, Oberösterreich und Burgenland, Verluste setzt es in Vorarlberg, Tirol und der Steiermark.
- Der ÖAAB-FCG fällt auf 21,03 Prozent (- 3,91 Prozent) und 231 839 Stimmen. Der ÖAAB verliert 27 Mandate und kommt nun auf 185 AK-RätInnen. Der ÖAAB verliert dabei in allen Bundesländern (Ausnahme Tirol), in Salzburg fallen die ChristgewerkschafterInnen hinter die Freiheitlichen.
- Die FA (Freiheitliche Arbeitnehmer) gewinnen 0,97 Prozentpunkte und kommen auf 9,68 Prozent (103 617 Stimmen). Mandatsmäßig stagnieren sie bei 81 AK-RätInnen, schwere Verluste setzte es für die blaue Fraktion in Kärnten (2009 noch Kandidatur als BZÖ) und Wien. In Tirol bleiben die FA hinter der AUGE/UG zurück.
- Der GLB kommt auf 1,35 Prozent (+ 0,48 Prozent) und 14 750 Stimmen und legt bundesweit von 3 auf 8 Mandate zu. Erstmals zieht er in die AK-Vollversammlungen in Salzburg und Oberösterreich ein, und gewinnt in Wien und der Steiermark. Stimmenverluste muss er in Tirol und Niederösterreich hinnehmen.
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In der Bundesarbeitskammer hält die AUGE/UG wie bisher ein Mandat (über Wien). Auch in der BAK gewinnt die FSG (+ 2 Mandate, 49 Mandate), während der ÖAAB (- 3 Mandate, 13 Mandate) verliert. Die Freiheitlichen legen auf Bundesebene ein Mandat zu und halten nun bei 4 Mandaten (zu den AUGE/UG Bundesländerergebnissen hier).
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Erste Folgen der AK-Wahl – AK-ÖAAB fordert Steuerreform und kritisiert Spindelegger scharf
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Erste – politische Folgen – zeitigen diese AK-Wahlen bereits. Die AK-Präsidenten des ÖAAB – der Verliererfraktion der AK-Wahlen 2014 – fordern inzwischen immer vehementer eine Steuerreform zur Entlastung der ArbeitnehmerInnen und kann sich zur Gegenfinanzierung inzwischen auch Vermögenssteuern vorstellen. Die Kritik an ÖVP-Finanzminister Spindelegger – selbst ein ÖAABler – fällt dabei ungewohnt scharf aus. Ober die FCG-ÖAAB Fraktion im ÖGB und vor allem in der GÖD nachziehen wird? Wir werden sehen.
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Kalt-Warm für die KIV/UG – die Wahlen bei den Wiener Gemeindebediensteten
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Ebenfalls bereits im ersten Halbjahr 2014 wurden die Personalvertretungs- und Gewerkschaftswahlen bei den Wiener Gemeindebediensteten geschlagen. Hier tritt für die UG seit nunmehr über 30 Jahren die KIV/UG – Konsequente Interessensvertretung – an, bislang unangefochten zweite Kraft bei den Wiener Gemeindebediensteten. Und sie bleibt es auch nach dieser Wahl. Auch wenn das Wahlergebnis „durchwachsen“ und nicht zuletzt angesichts der erfolgreichen Kampagne gegen die Nulllohnrunde im Gemeindedienst etwas enttäuschend ist.
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Während die KIV/UG im Fonds Soziales Wien, im Wiener Marktamt sowie im Geriatriezentrum Klosterneuburgen – KIV/UG-Hochburgen – ihre Position noch weiter ausbauen konnte und auch in der Parkraumüberwachung deutlich an Stimmen und Mandaten zulegte, musste sie in Teilen des Krankenanstaltenverbundes Mandatsverluste hinnehmen. Schmerzlich auch der Verlust der Mehrheit im Amt für Jugend und Familie sowie das enttäuschende Ergebnis bei den Wiener Kindergärten. Insgesamt erreichte die KIV/UG wienweit:
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- bei den Personalvertretungswahlen erzielte die KIV/UG an den Wiener Dienststellen insgesamt 86 Mandate (- 4 Mandate) und 11,24 Prozent der Stimmen (- 1,32 Prozent)
- bei den Gewerkschaftswahlen kam die KIV/UG auf 7,93 Prozent (- 0,36 Prozent) und 22 Mandate (- 2 Mandate).
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Leichte Verluste musste zu den PV-Wahlen auch die FSG hinnehmen (- 1,95 Prozent auf 73,13 Prozent), während sie zu den Gewerkschaftswahlen ihr Ergebnis von 2010 sogar noch geringfügig steigern konnte – von 79,41 auf 79,85 Prozent. Leichte Zuwächse konnten Freiheitliche, ARGE (eine unabhängige Liste) sowie der Linksblock verzeichnen (alle Wahlergebnisse hier).
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Erfreuliche Betriebsratswahlen im Vorfeld der PV-Wahlen im öffentlichen Dienst
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Rechtzeitig vor den Personalvertretungswahlen der Bundesbediensteten und Landeslehrer im Herbst 2014 wählten zwei Bundesmuseen – das Technische Museum sowie die Österreichische Nationalbibliothek ihre Betriebsräte neu. Mit erfreulichen Ergebnissen für die antretenden UG-Listen:
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- Im technischen Museum erreichte die als „AUGE/UG“ antretende Liste knapp ein Drittel der Stimmen und zwei Mandate (+ 1). Mandatsmäßig herrscht bei allen drei antretenden Listen Gleichstand.
- In der Nationalbibliothek konnte die UG-Liste BRAK-UG ihr Ergebnis von 2010 – trotz einer zusätzlich antretenden vierten Liste – noch einmal ausbauen. Sie kam auf 46 Prozent (2010: 44 Prozent) der Stimmen und 3 von 7 Mandaten. Die zweitstärkste Liste folgt mit 23 Prozent auf Abstand.
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Für die Personalvertretungswahlen im Herbst ein zusätzlicher Motivationsschub in einer für die UGöD nicht einfachen Situation – sieht sie sich doch in ihrer Gewerkschaft GöD einer schwarzen Mehrheit gegenüber, die bislang den Unabhängigen die Fraktionsanerkennung verweigert und in trautem Verbunde mit der ÖVP sämtliche Schritte in Richtung Vermögensbesteuerung blockiert. Ob diese Blockade angesichts von Nulllohrunden und Aufnahmestopp von den WählerInnen goutiert wird? Wir werden sehen.
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Personalvertretungs- und Gewerkschaftswahlen auch bei Post und Telekom
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Zusätzlich zu öffentlichen Dienst und LandeslehrerInnen wird im Herbst auch bei Post und Telekom gewählt. Auch hier kandidieren UG-zugehörige Listen. Bei diesen Wahlen wird es nicht zuletzt darum gehen, ob nach Jahren ohne Mandat wieder der Einzug in den Vorstand der Postgewerkschaft gelingt. In der Gewerkschaft der Post- und Fermeldebediensteten finden nämlich im Unterschied zu den meisten anderen Gewerkschaften auch Gewerkschaftswahlen statt. Die Mitglieder wählen direkt die Zusammensetzung der gewerkschaftlichen Gremien. Seit den letzten Wahlen bei der Post hält die UG im Verteilerzentrum Liesing erstmals ein Mandat in Personalvertretung der Post. Wir hoffen natürlich auf Zuwächse.
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Gewerkschaften und AK brauchen starke Unabhängige GewerkschafterInnen!
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Ob das „Superwahljahr“ 2014 insgesamt ein erfreuliches Jahr für die AlternativgewerkschafterInnen wird, steht erst am Jahresende fest. Dass es mehr denn je eine starke UG in Gewerkschaften wie auch Kammern braucht, davon zeugen nicht zuletzt Pläne wie der 12-Stunden-Tag bei Gleitzeit, dem rote und schwarze Mehrheiten in ÖGB und AK nicht wirklich etwas entgegenzusetzen haben bzw. wie es scheint nicht wirklich etwas entgegensetzen wollen. Hier sind wieder einmal insbesondere wir gefragt. Und es ist nicht zuletzt unseren Initiativen in AK und Öffentlichkeit sowie dem Druck der Gewerkschaftsbasis zu verdanken, dass die Verhandlungen einmal „auf Eis“ liegen.
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Es wird auch die UG mit ihrem umfassenden Ansatz bei steuerpolitischen Fragen – Betonung der Verteilungsgerechtigkeit sowie einer Lenkungsfunktion von Steuern, Entlastung von Arbeit, Belastung von Vermögen und Ökologisierung des Steuersystems – brauchen, damit bei aller Notwendigkeit steuerlicher Entlastung in den ÖGB-Modellen auch genug Mittel für Investitionen in Soziale Dienste, Bildung und Klimaschutz übrigbleiben. Und es braucht die UG, damit die ÖGB-Kampagne zu einer Steuerreform keine Kampagne zur Aufpeppelung der SPÖ wird.
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Bislang sind die Wahlen für die UG nicht allzu schlecht verlaufen. Wir hoffen jedenfalls, dass sicher der erfreuliche Trend aus den AK-Wahlen auch im Herbst fortsetzt. In diesem Sinne – Glück auf! Für eine starke UG in starken Gewerkschaften!