Nehammer und Afghanistan: Unmenschlich und empathielos
19. August 2021 von auge/ug
Karin Stanger, Bundessprecherin AUGE/UG
Die Situation in Afghanistan ist unübersichtlich, bedrohlich und gefährlich. Die Machtübernahme der Taliban bedeutet gerade für Frauen, Mädchen, NGOs, Journalist*innen, Kritiker*innen und Menschen die für oder mit den USA gearbeitet haben Lebensgefahr.
Viele Länder (USA, Deutschland, UK, Kanada, Polen, Albanien, etc.) nehmen geflüchtete Menschen auf, um sie in Sicherheit vor den Terroristen zu bringen. Schnell Hilfe zu leisten und die Menschen aus dem Land zu holen ist das Gebot der Stunde. Es ist auch das worauf man sich geeinigt hat, als man die Menschenrechte formulierte. Sie sind universell – alle Bereiche umfassend und nicht teilbar. In Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht, dass Geflüchtete das Recht haben, Asyl zu suchen und zu genießen. Außerdem ist der Schutz vor Abschiebung in die Verfolgung ein Menschenrecht, das unter anderem in der Europäischen Menschenrechtskonvention bestätigt wird. Jeder Staat muss somit Personen Schutz gewähren, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht.
ÖVP goes FPÖ
Während sich internationale Organisationen gegen Abschiebungen nach Afghanistan aussprechen, hält Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an der Praxis fest und will in Drittländer abschieben. Nehammer sagte, er sehe keinen Grund, „warum Afghanen nach Österreich kommen sollten“ und will „solange es möglich ist“ nach Afghanistan abschieben. Zudem überlegt er wie er die Menschenrechte – das Fundament unserer Rechtsordnung aushebeln kann. Nehammer: „Wenn Abschiebungen aufgrund der Grenzen, die uns die europäische Menschenrechtskonvention setzt, nicht mehr möglich sind, müssen Alternativen angedacht werden“. Nehammers Aussagen in Richtung der Geflüchteten Menschen sind niederträchtig, unmenschlich und empathielos. Abgesehen davon verschiebt er den Diskurs weiter nach rechts.
Entsetzt über die nationalsozialistischen Verbrechen nahm sich die Allianz der Kriegsgegner damals Großes vor – eine friedliche Welt – gestützt auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Nehammer will diese nicht weiter ausbauen, mit Leben füllen und an ihrer Umsetzung arbeiten. Nein, er will die Menschenrechte aushebeln, umgehen, „Alternativen“ suchen. Ein Diskurs denn man so nur von der FPÖ kannte. Soweit ist es gekommen in Österreich.
Wie weiter?
Diese Unmenschlichkeiten haben in Österreich bei vielen Zustimmung. Die ÖVP weiß, dass ihre Forderungen auf fruchtbaren Boden fallen. Unseren Fokus rein auf die Parteien zu legen, ist aber der falsche Ansatz. Wir – auch wir Gewerkschafter*innen – müssen mehr den Austausch und Diskurs mit den Menschen suchen und unsere Werte und die Menschenrechte verteidigen und bewerben. Nicht zuletzt für andere politische Mehrheiten in diesem Land.
Denn:
Es rettet uns kein höh’res Wesen,
kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
Uns aus dem Elend zu erlösen
können wir nur selber tun!