Oberösterreich, 13./14. Dezember: Protesttage gegen Streichkonzert im Sozialbereich
16. Dezember 2010 von adminalternative
Oberösterreichs Soziallandesrat Ackerl kürzte um 33 Prozent, BetriebsrätInnen „haben die Schnauze voll“. Am 13. und 14. Dezember wurde gestreikt und auf die Straße gegangen. Es werden nicht die letzten Proteste gewesen sein. Von Christian Krall, AUGE/UG OÖ
1500 DemonstrantInnen bei der gemeinsamen Betriebsversammlung von Pro Mente und Exit Sozial – trotz „Arschkälte“ (Zitat Karin Antlanger, BR Exit Sozial) – Betroffene, BetriebsrätInnen, und viel, viel Solidarität aus dem Umfeld der Gewerkschaft, und auch von BetriebsrätInnen aus ganz anderen Branchen (Thalia, Coca-Cola …) und von der Protestbewegung Unibrennt. Zwei Tage Warnstreiks – im Sozialbereich! Wann gab es das zuletzt?! Und über 30.000 Unterschriften von UnterstützerInnen bisher. Das war der Stand der Dinge und Proteste am 13. und 14. Dezember in Linz. „Nachdem es in den letzten 10 Jahren immer wieder zu Kürzungen im Sozialbereich kam und wir immer wieder Zugeständnisse machten, haben wir nun die Schnauze voll und werden dies nicht mehr hinnehmen,“ kommentierte Willi Steinberger, deklarierter AUGE/UG-Betriebsrat bei pro mente. Um gleich hinzuzufügen: „Die Warnstreiks sind nur der erste Schritt. Am 18.01.2011 wird eine Betriebsversammlung stattfinden und dort werden die nächsten Schritte beschlossen. Unser Kampf geht mit Sicherheit weiter.“
Der Hintergrund:
Im Landesbudget sollen 25 Millionen Euro eingespart werden. Das Sozialbudget kann deshalb nur um 2 Prozent erhöht werden. Der Budgetposten für psychosoziale Beratungsstellen und Krisendienste sowie Freizeit- und Kommunikationseinrichtungen wird gleich um 33 Prozent gekürzt. In Folge dessen stehen 113 Kündigungen an, bei Pro Mente und Exit Sozial.
Der Vergleich:
Bei der Westring-Pilgerfahrt nach Wien wurden von LH Pühringer (VP), LR Ackerl und Bgm Dobusch (beide SP) locker und freihändig 78 Millionen zur Mitfinanzierung für dieses widersinnige Verkehrsprojekt angeboten. Was für die Sozialvereine fehlt, ist ein Betrag von 2,8 Millionen Euro. Im Westring-Bonus-Vergleich ein kleiner Betrag!
Der Skandal:
Indem man gerade bei niederschwelligen Sozialleistungen massiv den Rotstift ansetzt, trifft man die Schwächsten der Gesellschaft. Seit dem Jahre 2001 stieg die Anzahl an KlientInnen alleine bei den Psychosozialen Beratungsstellen um rund 30 Prozent, fast 90.000 Mal werden diese Beratungsleistungen in ganz Oberösterreich, davon besonders in Linz, jährlich kontaktiert. Wenn über 100 MitarbeiterInnen dort gekündigt werden, wo ohnehin schon zu wenig Personalressourcen vorhanden sind, sind die dramatischen Folgen klar.
Menschen, die mit guter Betreuung im Alltag ihr Berufsleben meistern können, werden vermehrt in Krankenstand gehen und arbeitslos werden. Je weniger Menschen betreut werden können, umso mehr werden in stationäre Einrichtungen ausweichen müssen … die jetzt schon überfüllt sind – mit den entsprechenden Folgen für die dort Beschäftigten (zusätzliche Krankenstände, zusätzliche Burn-outs) …
Dazu kommen die krankmachenden Faktoren für die MitarbeiterInnen in den Sozialvereinen selbst: Verunsicherung, wen es jetzt trifft, wen es als nächsteN treffen wird … Der Wunsch, trotzdem möglichst viele KlientInnen weiter bestmöglich zu betreuen – Überforderung dadurch; Frustration dadurch, weil man sehr schnell an die Grenzen stoßen wird.
Man kann davon ausgehen, dass das Vierfache dessen, was Ackerl jetzt in seinem Landesressort einspart, an Folgekosten anfällt, die dann eben „die Allgemeinheit“ zu tragen haben wird. Ein finanzpolitisches Bravourstück – Hurra!!!
Kleine dumme Frage zuletzt:
Wenn die GPA im Durchschnitt 2 Prozent Gehaltserhöhung ausverhandelt hat und damit die Inflation abgegolten sein soll – dann ist nicht ganz nachvollziehbar, woher im Sozialressort auf einmal soviele Mehrkosten erwachsen sollen, dass eine 33-Prozent-Kürzung in der psychosozialen Betreuung notwendig sein soll?! – Naiv gerechnet, mag sein … aber es hat uns noch niemand besser erklärt (mit einer Rechnung, die – PISA-konform – „sinnerfassend lesbar“ ist).
Weitere Photos von der Demo gegen Bildungs- und Sozialabbau in Linz hier.