Wiener ArbeitnehmerInnenparlament (II): Der ÖAAB, die Freiheitlichen und die sozialen Berufe – Geiz ist geil
13. Mai 2013 von adminalternative
ÖAAB und Freiheitliche. Beide sind für das Bankgeheimnis. Beide haben interessanterweise, aber nur konsequent, gegen internationale Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung gestimmt. Und beide sind – erstaunlicherweise – gegen die „kleinen Leut“. Zumindest gegen jene, die in Sozial- und Bildungsberufen oder öffentlichen Diensten arbeiten.
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Sozial- und Bildungsberufe aufwerten? Nicht mit schwarz-blau!
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Nun, beim ÖAAB überrascht’s ja nicht wirklich. Den Schwarzen sind die „kleinen Leut“ ja tendenziell eher wurscht. Die „Blackies“ sorgen sich ja traditionell mehr um Millionäre und Spitzenverdiener aller Art denn um den gemeinen Pöbel. Die Freiheitlichen – und auch ihr AK-Ableger FA – Freiheitliche Arbeitnehmer – führen die „kleinen Leut“ ja dagegen ständig im Mund. Die können sich der Zuneigung der Blauen ja gar nicht erwehren. Zumindest deren verbaler Zuneigung. Geht’s nämlich ums Konkrete – sprich ums Geld – hört sich’s mit der Zuneigung schnell wieder auf. Geiz ist geil. Vor allem gegenüber den Schwächsten.
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Zur 160. AK-Vollversammlung des Wiener ArbeitnehmerInnenparlaments am 7. Mai brachte die AUGE/UG eine Resolution ein, in dem die „Nachhaltige Aufwertung der sozialen und öffentlichen Bereiche“ gefordert wurde. Warum?
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Wie aus dem Einkommensbericht des Rechnungshofes bekannt, gehören ausgerechnet jene Berufe, die im nicht-gewinnorientierten Sektor angesiedelt sind, allerdings einen hohen „sozialen“, also gesellschaftlichen Mehrwert produzieren zu jenen Einkommensgruppen, die am schlechtesten bezahlt sind. Von 18 untersuchten Branchen belegen hinsichtlich der Einkommenssituation etwa
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- die Berufe der Branche „Sozial- und Gesundheitsberufe“ Platz 13
- und die Berufe der Branche „Erziehung und Unterricht“ (ohne Bundes- und LandeslehrerInnen) Platz 14.
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Unabhängig davon, ob nun „öffentlich“ oder „privat“. Geprägt sind diese beiden Sektoren mit zusammen rund 370.000 Beschäftigten von einem hohen Frauen- und Teilzeitanteilen. In diesen Berufsgruppen finden sich Berufe wie PflegerInnen, ElementarpädagogInnen, BehindertenbetreuerInnen, KrankenpflegerInnen, SozialarbeiterInnen, HortbetreuerInnen, KindergartenhelferInnen, ErwachsenenpädagogInnen etc.
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Viele dieser überwiegend weiblichen Beschäftigten mussten im Rahmen der von der Bundesregierung beschlossenen Nulllohnrunden im Bundesdienst 2013 als öffentlich Bedienstete entweder bereits erwähnte Nulllohnrunden, als Gemeindebedienstete Einkommenszuwächse deutlich unter der Inflationsrate oder als Beschäftigte im BAGS-KV nur knapp darüber hinnehmen.
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Die Einkommensschere zwischen Sozial- und Bildungsberufen und jenen anderer Branchen ist jedenfalls „Dank“ dieser Abschlüsse einmal mehr auseinandergegangen.
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Vom gesellschaftlichen „Mehrwert“ sozialer Arbeit
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Als Begründung für die nachhaltige Aufwertung sozialer und öffentlicher Bereiche – also jener Sektoren, die nicht gewinn- sondern versorgungsorientiert arbeiten und überwiegend öffentlich finanziert sind – wird unter anderem die Studie der britischen „new economics foundation“ herangezogen, die den sozialen Nutzen einzelner Berufsgruppen geschätzt hat – also den „Mehrwert“, der für die Gesellschaft aus getätigter Arbeit entsteht – und diesen Nutzen in Verhältnis zum erzielten Einkommen stellt. Die Ergebnisse: Während InvestmentbankerInnen, Werbefachleute und SteuerberaterInnen je verdientem Pfund einen Schaden von 7, 11 bzw 47 Pfund verursachen, erwirtschaften soziale und Umweltberufe – KinderbetreuerInnen, Reinigungskräfte in Spitälern und Beschäftigte im Recycling – je verdientem Pfund an Einkommen einen gesellschaftlichen Nutzen von knapp über 9 , 10 und 12 Pfund. Der Nutzen aus Sozial- und Umweltberufen ist im Verhältnis zum Einkommen ungleich höher, während der Schaden der von Bankern und Werbeprofis verursacht wird nicht ansatzweise ein hohes Einkommen legitimiert. Die Einkommen unterschiedlichster Berufsgruppen spiegeln also nicht den gesellschaftlichen Nutzen der entsprechend geleisteten Arbeit wieder und schon gar nicht den Schaden.
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Ein ähnliche Studie hat inzwischen für die Gemeinde Wien auch das NPO Kompetenzzentrum der WU Wien erstellt. Diese errechnete einen sozialen Mehrwert bei den mobilen Diensten von 3,70 Euro je investierten Euro.
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Nicht nur, dass die Einkommen aus Sozial-, Bildungs- und Umweltberufen den gesellschaftlichen Wert ihrer Arbeit nicht widerspiegeln – vielmehr sind diese Berufsgruppen noch besonders schlecht bezahlt, finanziell nur „wenig“ anerkannt.
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Was läge also näher, Berufsgruppen, welche Wohlstand für alle schaffen, auch endlich entsprechend diesem zu bezahlen, oder wie es in der Begründung zur Resolution heißt:
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„Es kann nicht sein, dass Arbeit, die für die Gesellschaft insgesamt von hohem Nutzen ist, weniger wert ist, als z.B. Handel zu treiben, Industriegüter zu produzieren oder für ganz kleine Bevölkerungsgruppen hohe Veranlagungsgewinne zu lukrieren.“
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In diesem Sinne fordert die Resolution:
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„Die Kammer für ArbeiterInnen und Angestellte Wien wird sich daher auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass Arbeit, die einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt, nicht nur die entsprechende ideelle Anerkennung erfährt, sondern auch entsprechend entlohnt wird.
Die Arbeiterkammer wird sich entsprechend dafür einsetzen, dass die öffentliche Hand ausreichende Mittel zur Verfügung stellt, in ihrem Einflussbereich eine am sozialen Nutzen orientierte Bezahlung sicherzustellen.“
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Schwarz-blau knausrig
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Kann da eine ArbeitnehmerInnenorganisation, eine Gewerkschaftsgruppierung tatsächlich ernsthaft dagegen sein? Sie kann. Wenn sie ÖAAB heißt. Wenn sie FA heißt. Die „große Leut“-Fraktion, wie die angebliche „kleine Leut“-Fraktion in trauter Zweisamkeit gegen jene, die einen, wenn nicht DEN entscheidenden Beitrag zu unser aller Wohlstand leisten. In trauter Zweisamkeit gegen jene, die vielfach schon heute viel zu wenig Einkommen zum Auskommen haben, die vielfach ihren sozialen Beruf bis zur Selbstausbeutung als ihre soziale Berufung sehen. Warum sie das getan haben? Wir wissen die Antwort darauf nicht. Wir wissen aber, wie eine Antwort auf soviel soziale Kaltblütigkeit und ökonomische Kurzsichtigkeit zweier „ArbeitnehmerInnen’“-Fraktionen ausschauen könnte. Schließĺich finden ja im Frühjahr 2014 Arbeiterkammerwahlen statt …
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