8. März, Frauentag: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der „Interessensgemeinschaft pflegende Angehörige“

Am 8. März wird der Internationale Frauentag begangen. Am 21. März 2012 findet der Sozialgipfel Reloaded statt. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Sehr viel.

Wo Soziale Dienste fehlen, wird „soziale Arbeit“ – vor allem Pflege- und Betreuungsarbeit – auf die Familie, auf nahe Angehörige abgewälzt. Und wer sind diejenigen, die überwiegend innerfamiliäre Pflege- und Betreuungsarbeit leisten? Unbezahlt, selbst psychologisch „unbetreut“, nahe an der psychischen und physischen Erschöpfung? Frauen natürlich – die Ehefrauen, die Töchter, die Schwiegertöchter. Frauen, die dann keiner Erwerbsarbeit nachgehen können, welchen ein eigenständiges Einkommen und damit ökonomische Selbstbestimmung und soziale Absicherung im Alter fehlt.

Interview mit Birgit Meinhard Schiebel

Birgit Meinhard-Schiebel ist Präsidentin der „IG pflegende Angehörige„. Sie will gemeinsam mit den pflegenden Angehörigen gesellschaftliche Rahmenbedingungen erkämpfen, die sicherstellen, dass pflegende Angehörige professionelle Entlastung und Hilfe erhalten. Dass pflegende Angehörige nicht ihrer ökonomischen Selbstbestimmung und ihres Einkommens verlustig gehen.

Birgit ist heute ehrenamtlich tätig. Sie war allerdings auch hauptberuflich im Sozialbereich engagiert, hat 18 Jahre lang mit arbeitssuchenden Frauen gearbeitet und fast 10 Jahre im Österreichischen Roten Kreuz den Bereich der Sozialen Dienste verantwortlich geführt.

Und hier sind wir bei einem weiteren Zusammenhang zwischen „Frauentag“ und unserem Sozialgipfel: 79 % aller Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich sind weiblich! Die Sozialen Dienste sind also eine weiblich dominierte Branche. Die Sozial- und Gesundheitsberufe sind allerdings auch eine „Niedriglohnbranche“: Die Einkommen im Sozialbereich liegen um ca. 17 % unter den durchschnittlichen ArbeitnehmerInneneinkommen. Jede Sparmaßnahme im Sozial- und Gesundheitsbereich trifft Frauen damit dreifach: bei Einkommen, Arbeitsplätzen und Mehrfachbelastung! Der Kampf um faire Löhne und Arbeitsbedingungen im Sozial- und Gesundheitsbereich ist damit vornehmlich ein Kampf für anständige Frauenlöhne, die tatsächlich dem gesellschaftlichen Wert dieser Arbeit entsprechen. Und für faire Arbeitsbedingungen, jenseits arm machender Teilzeit und jenseits von Arbeitsüberlastung und permanentem psychischen und physischen Druck. Und: Wer Beschäftigung im Bereich der Pflege und Betreuung  und im elementaren Bildungsbereich schafft, schafft nicht nur Frauenarbeitsplätze, sondern entlastet von häuslichen Pflege- und Betreuungsarbeiten — und ermöglicht damit oft überhaupt erst, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können. Was wieder ein eigenständiges Einkommen, ein selbstbestimmteres Leben und ein Mehr an sozialer Sicherheit im Alter ermöglicht. Womit sich der Kreis wieder schließt …
Damit gilt: Wer bei Sozialen Diensten spart, spart bei Frauen, bei ihren Chancen und ihren Interessenslagen! (siehe auch Presseaussendung der AUGE/UG zum internationalen Frauentag)

Birgit wird übrigens im Rahmen des Sozialgipfels einen Workshop unter dem Titel „Das Wasser steht uns bis zum Hals – Auswirkungen der Überlastung auf Betroffene“ leiten. Weitere Infos zum Sozialgipfel Reloaded gibt es hier:

 

 

Weitere Interviews auf diesem Blog in der Rubrik “Sozialgipfel Reloaded“!

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