Es lebe der Erste Mai! Hoch die internationale Solidarität!


Der Erste Mai wird im Zeichen von Corona stiller als normal ausfallen. Nur die alljährliche „mayday“-Demo radikaler Linker ist geplant (aber fraglich, ob sie nicht doch noch untersagt wird), sowie ein paar wenige „Spaziergänge“. Von Vera Koller und Stefan Steindl.

Traditionellerweise wird der Erste Mai in Österreich nicht von der Gewerkschaft, dem ÖGB organisiert, sondern von Parteien. Insbesondere der SPÖ als erklärte Partei der Arbeiter*innen und ihren Fraktionen. Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung des Ersten Mai: Die Statements der Führungsspitze der SPÖ auf der Festbühne vorm Rathaus und den daraus resultierenden Forderungen, stehen immer im Schatten der jeweiligen Verfasstheit der SPÖ: Wir erinnern uns an Kampfesreden in Opposition und an das Buh-Konzert gegen Werner Faymann.

 

Erste Erste Mai Demo in Wien, 1890

Und heuer? Insbesondere in Krisen, in denen ein rasches Handeln der Politik gefragt ist, in denen die Menschen sich aus Angst nach klaren Vorgaben sehnen, ist die Versuchung groß, schnell und leichtfertig in Grundrechte einzugreifen. Aktuell sind Versammlungen nicht möglich. Das Recht, sich zu versammeln ist aber besonders für Arbeitnehmer*innen von großer Bedeutung. Sei es in Form von Demonstrationen auf der Straße oder bei Versammlungen im Betrieb. Durch das Zusammenkommen wird Stärke bewiesen. Einzelne Individuen können zu einer starken Gegenmacht werden. Genau diese Gegenmacht ermöglicht es lohnabhängigen Arbeitnehmer*innen ihre Forderungen gegen Arbeitgeber*innen durchzusetzen.

Es stellt sich nicht nur grundsätzlich die Frage, ob Versammlungsverbote verfassungsrechtlich gedeckt sind, auch die neue Gesetzesänderung des § 15 im Epidemiegesetz, wonach Versammlungen unter Auflagen genehmigt werden könnten, muss man mit größter Vorsicht begegnen. Es ist daher nachvollziehbar, wenn die SPÖ die geplante gesetzliche Veränderung begutachten lassen will, aber durch das hinauszögern des für das Gesetz notwendige Bundesratssitzung, bewegen sich nun alle – und vor allem die anstehende Erste-Mai-Demonstrationen in einem rechtlichen Graubereich.


Solidarisch – heraus zum 1.Mai!
Treffpunkt 12h PRATERSTERN (Wien)

Komm mit Maske – Halte Abstand


Ein Widerspruch? Nein! Das Recht, sich zu versammeln, zu demonstrieren hat man sich nie im Parlament mit Begutachtungen erkämpft – im Parlament wurde das Versammlungsrecht immer nur eingeschränkt. Das Recht zu Demonstrieren hat man sich genommen und auf der Straße erkämpft. Es hätte keinen großen Mai-Aufmarsch mit großen Reden gebraucht: nichts leichter, als den Ring für Erste-Mai-Spaziergänge zu öffnen. Eine Anmeldung einer kleinen, überschaubaren Demonstration hätte gereicht. Ob die Behörden den Mut gehabt hätten, der SPÖ eine Erste-Mai-Demonstration zu untersagen? Und zu allen Sicherheitsbedenken: Die Menschen in Israel haben gezeigt, wie man in Corona-Zeiten, unter Einhaltung der Maskenpflicht und Sicherheitsabstände demonstrieren kann.

 

Der Erste Mai ist der „Internationale Kampftag der Arbeiter*innenklasse“. Der Erste Mai wurde blutig und unter starken Widerstand erkämpft. Nur zur Erinnerung: 1886 rief die nordamerikanische Arbeiter*innenbewegung am 1. Mai zu Generalstreiks auf, um den Achtstundenarbeitstag durchzusetzen. Auch in Chicago erklärten sich die Großteils anarchistischen Arbeiter*innen solidarisch und forderten ein Ende des 12-Stunden-Arbeitstages. Im Laufe der mehrtägigen Proteste schoss die Polizei am 3. Mai auf eine Versammlung von friedlich Streikenden und tötete sechs Arbeiter. In der Nacht versammelten sich wieder Tausende Streikende und marschierten zum Haymarket Square. Die Lage eskalierte am 4. Mai, als die Polizei in die Menge feuert und 20 Arbeiter*innen tötete und 200 teils schwerverletzte. Acht Streikende, die die Kundgebung organisierten, wurden ohne Beweise und mit gekauften Zeugen der „Verschwörung“ angeklagt, vier von ihnen hingerichtet.

Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen 1889 wurde zum Gedenken an die Toten des Haymarket Riot der Erste Mai als „Internationale Kampftag der Arbeiterklasse“ ausgerufen:

„Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, dass gleichzeitig in allen Städten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen (…). In Anbetracht der Tatsache, dass eine solche Kundgebung bereits von dem amerikanischen Arbeiterbund (…) für den 1. Mai 1890 beschlossen worden ist, wird dieser Zeitpunkt als Tag der internationalen Kundgebung angenommen.“

Der Erste Mai ist ein Kampftag. Lohnabhängige werdet nicht müde für eure Rechte einzutreten, ob auf der Straße, in den Betrieben oder wenn nicht anders möglich im Netz.

Es lebe der Erste Mai! Hoch die internationale Solidarität!

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