Warum es keine gute Idee ist, das anfängliche Arbeitslosengeld (jetzt) zu erhöhen
30. Juli 2020 von auge/ug
von Alfred Stiglbauer, Ökonom und AUGE/UG Betriebsrat bei der Österreichischen Nationalbank
Ich verstehe die gute Absicht hinter dem Vorschlag, das Arbeitslosengeld von einem höheren Niveau starten zu lassen und es dann auf das jetzige Niveau absinken zu lassen. Aus mehreren Gründen ist das aber wohl doch keine so gute Idee:
- Unter den gegebenen Umständen ist mit relativ lang andauernder Arbeitslosigkeit zu rechnen. Die Corona-Arbeitslosigkeit hat sich gegenüber den Spitzenwerten von Mitte April mehr als halbiert (siehe Grafik). Der Abbau der verbleibenden Arbeitslosigkeit wird jedoch eine zähe Angelegenheit werden. Diesen Arbeitslosen wird mit einer Erhöhung des anfänglichen Arbeitslosengeldes nicht geholfen.
- Es wäre natürlich viel besser gewesen, das Arbeitslosengeld befristet für alle zu erhöhen, aber das war offenbar von der türkisen ÖVP unerwünscht (und die Grünen haben sich breitschlagen lassen).
- Österreich hat eine sehr hohe Saisonarbeitslosigkeit (auch im internationalen Vergleich). Insbesondere wird schon jetzt durch die hohe Winter-Arbeitslosigkeit die Baubranche stark subventioniert. Wenn man jetzt das anfängliche Niveau des Arbeitslosengeldes erhöht, dann kommt das zu einem sehr hohen Anteil der Baubranche (ferner dem Fremdenverkehr) zugute.
- Da man ex ante nicht weiß, ob es sich bei einer Arbeitslosigkeitsepisode um Saisonarbeitslosigkeit handelt, kann man die Saisonarbeitslosen nicht einfach ausnehmen. (Wenn man das von den Einstellungszusagen abhängig macht, dann werden solche Zusagen nicht mehr gegeben.)
- Die einzige Möglichkeit, die Saisonarbeitslosen auszunehmen, wäre ein Experience Rating, das es in den USA gibt, das aber dem österreichischen System fremd ist. Vorschläge in diese Richtung gibt es allerdings Vorschläge in diese Richtung gibt es allerdings immer wieder.. Man müsste das aber gut administrieren, damit die Arbeitgeber*innen den höheren Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung nicht durch Um- und Neugründungen von Unternehmen entkommen.