Corona Update Teil 18
4. November 2020 von auge/ug
Vera Koller, Arbeiterkammerrätin der AUGE/UG und Vorsitzende der Unabhängigen GewerkschafterInnen
Auch wenn das unglaubliche Terrorattentat erstmals seit Monaten dafür sorgt, dass die Corona News kaum mehr präsent sind, befinden wir uns seit Dienstag dieser Woche im zweiten Lockdown. Lange Zeit wurde uns mitgeteilt, dass es zu keinem zweiten Lockdown kommen wird. Und obwohl die Beschränkungen dieses Mal nicht so weitreichen sind, müssen wir doch mit einigen Einschränkungen leben. Nächtliche Ausgangssperren von 20:00 bis 6:00 früh, die Schließung der Gastronomie und vieles mehr.
Wieder einmal stellt sich die Frage, ob die gesetzten Maßnahmen das gelindeste Mittel sind, um eine Einschränkung der Zahlen zu erreichen. Einige Regelungen wurden diesmal etwas genauer formuliert. Insbesondere bei den Ausgangsbeschränkungen und den dazu gehörigen Ausnahmebestimmungen dürfte versucht worden sein, mehr auf Ausgewogenheit zu achten. Trotzdem bleiben bestimmte Rechtsunsicherheiten bestehen. Dazu ist folgendes anzumerken: auch wenn allen verständlichen Zurufen von mehr Genauigkeit in der Erschaffung entsprochen werden würde, müssten wir, ob es uns gefällt oder nicht, mit einigen dieser Fragezeichen leben. Viele unklare Formulierungen lassen sich erst durch die Praxis nachschärfen, letztendlich oft erst durch Entscheidungen der Gerichte.
Homeoffice
Wieder gibt es eine klare Empfehlung der Regierung überall dort wo es möglich ist auf Homeoffice umzustellen. Leider gibt es weiterhin keine klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen. In vielen Betrieben ist es mittlerweile gelungen Homeoffice-Betriebsvereinbarungen aus zu verhandeln. Nicht immer sind diese gut und daher hoffen viele Betriebsrät*innen verständlicherweise auf verpflichtende Regelungen. Noch mehr benötigt würden dementsprechende Richtlinien in Betrieben ohne Betriebsrat in denen oft gar keine Vereinbarungen bzw. schlecht formulierte vorliegen. Auch wenn die Regierung diesbezüglich auf die Ausarbeitung der Sozialpartner verweist, hätte es dringend einiger befristeter rechtlicher Rahmenbedingung bedurft.
Kurzarbeit neu
Aus Anlass des zweiten Lockdowns wurde die Kurzarbeit insofern modifiziert als es im November möglich ist die Arbeitszeit auf Null zu reduzieren.
Veranstaltungen
Ausgenommen von Veranstaltungen die zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit, im privaten Bereich, Versammlungen nach dem Vereinsgesetz, Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen (sofern nicht digital abhaltbar), Zusammenkünfte nach dem Arbeitsverfassungsrecht, oder Zusammenkünften von nichtmehr als 6 Personen aus zwei Haushalten zuzüglich der Kinder (insgesamt höchstens 12) sind alle Veranstaltung untersagt. Diese Einschränkung ist schon sehr massiv und kann wohl nur für kurze Zeit aufrechterhalten werden.
Vor allem die Ausnahmebestimmungen zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit und die der unaufschiebbaren Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen lassen dabei viel Interpretationsspielraum zu.
Ob eine Versammlung zur Aufrechterhaltung notwendig ist bzw. unaufschiebbar ist, lässt sich nur dann bestimmen, wenn die Dauer des Aufschubs bekannt ist. Es macht wohl einen Unterschied eine Veranstaltung oder Zusammenkunft um 2-3 Wochen oder um einen längeren Zeitraum verschieben zu müssen.
Betriebsratswahl
Noch wurde keine Verlängerung von ablaufenden Betriebsratsperioden beschlossen. Somit ist die Regelung des § 170 ArbVG mit 31.10.2020 ausgelaufen. In der Theorie ist das Auslaufenlassen dieser gesetzlichen Norm durchaus nachvollziehbar. Eine Verlängerung der Periode ist demokratiepolitisch schwierig, das Abhalten von aufgeschobenen Wahlen daher durchaus sinnvoll.
Trotzdem stehen in der Praxis viele Betriebsrät*innen und Wahlvorstände vor der große Frage: Wie?
Vor allem in Betrieben in denen sich viele Mitarbeiter*innen im Homeoffice befinden, aber auch sonst, ist das Abhalten einer Betriebsversammlung in der derzeitigen Situation kaum vorstellbar und vor allem für die Beschäftigten nicht nachvollziehbar.
Auch wenn dem Gesetz für die meisten Beschlüsse der Betriebs-(Gruppen) Versammlung schon genüge getan ist, wenn nach zuwarten von 30 Minuten 1 Person anwesend ist, haben viele Betriebsrät*innen Bauchweh eine Wahl derart zu organisieren. Ob generelle digitale Varianten eine Möglichkeit wären, ist auch nicht klar. Nicht nur, dass Belegschaftsvertretungen für ihre Arbeit auf eine gewisse betriebliche Organisation angewiesen sind, stellt sich generell die Frage wie aus Sicht der gewerkschaftlichen, betrieblichen Arbeit mit der Verlagerung in den digitalen Raum umgegangen werden soll. Dazu ist dringend eine Auseinandersetzung in nächster Zeit geboten.
Absonderung wegen positiver Testung oder K1 Kontakt zu positiv getesteter Person
Bei positiver Testung ist für den Praxisfall insofern zu unterscheiden ob die Testung symptomlos oder durch Erkrankung erfolgt. Bei Erkrankung ist arbeitsrechtlich genauso vorzugehen, wie ohne Corona. Einzig und allein mit dem Unterschied, dass normalerweise keine Verpflichtung zur Absonderung besteht. Diese allerdings aufgrund von Ansteckungsgefahren bzw. im eigenen Interesse auch sonst durchaus empfehlenswert wäre.
Es ist ein Arzt/Ärztin zu verständigen, diese/r hat eine Krankmeldung zu veranlassen. Diese Krankmeldung ist unverzüglich dem/r Arbeitgeber*in mitzuteilen. Grundsätzlich ist bei der Krankmeldung keine Begründung anzugeben, in der jetzigen Situation wird es wohl innerhalb der Treuepflicht notwendig sein den/die Arbeitgeber*in von einer etwaigen Infektion oder dem Verdacht zu verständigen. Nur so ist dem/r Arbeitgeber*in möglich betrieblich die notwendigen Schritte zu veranlassen.
Eine Gesundschreibung ist im Falle einer positiven Testung erst nach 2 Tagen Symptomlosigkeit möglich.
Bei symptomloser positiv Testung oder Absonderung wegen K1 Kontakt gibt es in versorgungskritischen Bereich die Möglichkeit als Schlüsselkraft weiterhin eingesetzt zu werden. Besonders durch die aktuelle Verordnung ist dieses Thema wieder in den Vordergrund gerückt. Klar ist, die Entscheidung einer Erkrankung liegt beim Arzt, für die Beurteilung der Krankmeldung ist nicht nur das Vorliegen von Symptomen relevant, sondern es hat in die Beurteilung wohl auch einzufließen, ob eine psychische Belastungssituation vorliegt bzw. die Tätigkeit der Genesung abträglich ist oder ein Risiko darstellt.