Proteste im Iran – Woman. Life. Freedom! 


Foto: Tiktok lunafairy.ir/Screenshot

Seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor drei Wochen gehen im Iran Menschen auf die Straße. Die Sittenpolizei von Teheran hatte sie mitgenommen und angeblich zu Tode geprügelt, weil sie ihr Kopftuch nicht den Regeln entsprechend getragen hatte. Das Kopftuch gehört zur DNA der Islamischen Republik Iran, wie das Land seit der islamischen Revolution 1979 heißt. Für viele Frauen im Iran ist das Kopftuch ein verhasstes Stück Stoff, sie verbinden damit Angst vor teils brutalen Kontrollen der Sittenpolizei. Tausende Menschen gehen in Anlehnung an die kurdische Parole „Jin jiyan azadî“ – Woman, Life, Freedom auf die Straße, gegen den repressiven Kurs von Regierung und Sicherheitskräften sowie gegen das Islamische System.

130 Menschen getötet

Bei den Protesten sind nach Angaben der Organisation Iran Human Rights (IHR) bisher mehr als 130 Menschen getötet worden. Wie die in Oslo ansässige Menschenrechtsorganisation am Sonntag mitteilte, wurden in den zwei Wochen nach dem Tod Aminis mindestens 92 Menschen im Zuge des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten getötet. Dazu kamen am Freitag 41 Tote bei Protesten in der Provinz Sistan-Baluchestan.

Sanktionen und Verschärfungen

Deutschland, Frankreich, Dänemark, Spanien, Italien und Tschechien haben Vorschläge gemacht, wie die Sanktionen im Iran verschärft werden könnten. Danach geht es um Strafen gegen 16 Personen, Organisationen und Einrichtungen. Die Maßnahmen könnten beim Treffen der EU-Außenminister am 16. Oktober beschlossen werden. Beobachter*innen und Expert*innen kritisieren seit Längerem, dass die bislang geltenden Sanktionen vor allem das iranische Volk treffen, nicht jedoch die Machteliten des Landes.

Ajatollah: Schuld sind die USA und Israel

Der oberste Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, äußerte sich erstmals öffentlich zu den Protesten im Land. Er sagte, wie so oft im antisemitischen Duktus, dass die USA und Israel dahinter stecken. „Diese Krawalle waren geplant“, sagte Chamenei. „Ich sage deutlich, dass diese Aufstände und Unsicherheiten von Amerika und dem zionistischen Regime und ihren Angestellten entworfen wurden.“ Auch die iranischen Staatsmedien hatten diese Berichte zuvor als übertriebene Stimmungsmache gegen das System zurückgewiesen. Sie berichteten von einer ruhigen Lage und warfen den Medien im Ausland vor, Lügen zu verbreiten.

Lange Protestgeschichte

Im Iran, aber auch unter der iranischen Diaspora in vielen anderen Ländern weltweit gibt es die Hoffnung, dass es dieses Mal für einen Neustart reichen könnte. Immer wieder war es in den vergangenen Jahren aus den unterschiedlichsten Gründen zu Protesten gekommen. 2019 starben rund 1.500 Menschen, weil sie gegen hohe Benzinpreise und Misswirtschaft demonstrierten – damals unter Präsident Hassan Rouhani.

2017 folgten zahlreiche Frauen dem Kopftuchprotest der Demonstrantin Wida Mowahed. Wieder kam es zu Demonstrationen gegen die Regierung in Teheran. 2009 demonstrierten Millionen Menschen, weil sie den wiedergewählten Präsidenten Ahmadinedschad des Wahlbetrugs beschuldigten. Dutzende Tote und Massenverhaftungen waren die Folge.

Diese Bewegung lässt hoffen, beteiligen sich doch verschieden Gruppen im Land an den Protesten. Die Veränderungen werden kommen. Auf lange Sicht ist ein Wandel unerlässlich. Die Frage ist, ob er auf einem friedlichen oder einem revolutionären Weg kommt.

Dein Kommentar:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.