Kreuzritter Strache und sein Knecht

tanyAus der Serie der UG-Wortmeldungen am 17. ÖGB-Bundeskongress:

Hasan Tanyeli, Betriebsrats im Bundesrechenzentrum, Vorsitzender des Bundesausschusses work@migration, GPA, zur Sündenbockpolitik der Freiheitlichen und den fehlenden Antworten der Gewerkschaft darauf:

Werte Kolleginnen und Kollegen!

Auch bei den verschiedenen jüngst abgehaltenen Wahlen wurden wieder die MigrantInnen als Sündenböcke und als Ablenkung von den wahren Problemen und ihren Ursachen, insbesondere von den Wirtschaftskrisen, den öffentlichen Defiziten, usw., missbraucht.
Erst jetzt bei den AK-Wahlen ritt der klapprige Kreuzritter HC Strache mit seinem Knecht, Obmann Rösch von den Freiheitlichen Arbeitnehmern, eine wilde Attacke: Die SPÖ-Politik führe einerseits zu 600.000 Arbeitslosen, 1 Million Österreicher sei armutsgefährdet, (Zitat) „ABER: Allein 2006 und 2007 mehr als 650 Millionen Euro an Arbeitslosengeld und Notstandshilfe für Nicht-Österreicher!“
Hier teilt Kreuzritter Strache ganz in der Art der Inquisition in brave Schäfchen – das sind die Österreicher – und in die Schmarotzer und Betrüger – das sind die Ausländer, denen gar nichts zusteht. Und er zeichnet damit auch schon vor, wo er das Geld in Zukunft holen möchte! Nicht bei den Reichen und Schönen, sondern bei den Arbeitenden und Armen natürlich!
Erhöhung Pensionsalter, Minderung der Pensionen, private Pensionsvorsorge an den Börsen – das zum Beispiel war die Handschrift der FPÖ in der Regierungskoalition!
Hunderte Millionen von Beitragsschulden der Unternehmen an die Sozialkassen, das war der FPÖ bisher noch keine Wahlkampfthema wert! Wohl aber die Hetze gegen unsere arbeitslosen Kollegen und Kolleginnen und Gewerkschaftsmitglieder, wenn sie kein christliches Kreuz in der Hand halten!
FPÖ-Finanzsprecher Lutz Weinzinger bringt es ja auf den Punkt: eine Besteuerung für Reiche komme für ihn nicht in Frage, denn er befürchtet: „Im schlimmsten Fall ziehen die Wohlhabenden weg aus Österreich!“. Natürlich will er auch die wohlhabenden Ausländer (Flick, Horten Continental, Siemens, General Motors, usw.) nicht vertreiben, Staatsbürgerschaft und Religion sind ihm da plötzlich egal.
Und wir? Wir Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen sollen uns für diese politischen Falschmünzer spalten lassen und uns gegen unsere eigenen Kolleginnen und Kollegen wenden?
Was machen die Medien? Nach dem schrecklichen Ereignis in einem indischen Tempel ergriffen einige von ihnen gierig die Gelegenheit, unsere zugewanderten Kollegen generell als „blutige Gefahr“ darzustellen, pauschal als „Terror mitten in Wien“.
„Mitten in Wien“ geschehen ganz andere Dinge! Gerade im Strassenverkauf derselben Zeitungen arbeiten indische und pakistanische Kollegen unter unerträglichen Bedingungen zu Niedrigstlöhnen Tag und Nacht über Jahrzehnte hinweg! Diese Menschen, die aus ihren Herkunftsländern auswandern oder gar flüchten mussten, werden mit dieser Diskriminierung doppelt bestraft. Ja, dreifach:
Es sind oft direkt österreichische Unternehmen, die im Ausland zum Elend und zur Vertreibung der Menschen beitragen. Recht bekannt ist das Staudamm-Projekt Illisu mit Beteiligung der österreichischen Firma Andritz, für das die österreichische Kontrollbank Garantien in der Höhe von 230 Millionen Euro zur Verfügung stellte. Die 50.000 Zwangsvertreibungen aus dem fruchtbaren Tal, in dem seit 11.000 Jahren die Menschen siedeln, haben schon begonnen! Begonnen haben auch die Selbstmorde der Betroffenen, die meisten aber versuchen verzweifelt, in die Elendsviertel der Grossstädte oder eben nach Europa ausweichen.
Es ist nicht das einzige Beispiel österreichischer Wirtschaftspolitik im Ausland, und das meiste ihrer Verantwortung bleibt durch die internationalen Verflechtungen der Unternehmen unseren Augen verborgen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
was sehen und hören wir aber seitens unserer Gewerkschaften als Gegenkampagnen, um dieser breiten Hetze gegen Arbeiter und Angestellte mit Migrations-Hintergrund entgegenzutreten? Haben wir eine gezielte Kampagne erlebt und mitgestaltet, um diese ca. 1.000.000 Kolleginnen und Kollegen massenhaft als aktive Mitglieder für die Gewerkschaften zu gewinnen?
Leider schweigt der ÖGB zu oft zu den Verhetzungen und Fehlinformationen in der Öffentlichkeit gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen. Man lässt uns einfach im Regen stehen!
So kann eine Gewerkschaft ihrer Verantwortung nicht nachkommen!

Wo sind die weitsichtigen Konzepte einer zentralen Abteilung im ÖGB, die sich speziell um die eigentliche Grundidee unserer Gewerkschaften kümmert: die Einheit aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ohne Ausnahme, unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion, Nationalität oder Staatsbürgerschaft zu verteidigen und durchzusetzen, gegen die Interessen der „Wohlhabenden“ – und ihren klapprigen Kreuzrittern.
Und vor allem: wo brennt das Feuer, die Idee, gemeinsam die Einheit zu entwickeln gegen die Vorurteile und Beschränktheit in unseren eigenen Köpfen und den Köpfen der Zugewanderten!

Passiert im ÖGB dazu gar nichts?
Doch, die verschieden Aktivitäten basieren auf zufälligen und spontanen Initiativen von unten, werden sporadisch umgesetzt, meist ohne gemeinsame und vernetzte Strategie.
Um eine konsequente Arbeit in diesem Bereich aufzurollen, brauchen wir im ÖGB eine klar definierte, für uns alle verständliche und mit den notwendigen Mitteln ausgestattete MigrantInnen-Arbeit.
Wir sehen uns einer globalen Wirtschaftskrise gegenüber, und es wäre lächerlich zu glauben, wir könnten darin ohne unsere zugewanderten Kolleginnen und Kollegen bestehen. Sollen wir uns ducken vor einem Herrn Strache? Sollen wir schweigend die Diskriminierung zulassen?
Oder werden wir uns entwickeln, gerade in der Krise – sie ist ja bekanntlich eine grosse Chance für die Stärkung der Gewerkschaften und ihrer Grundideen!
Das enorme Potenzial von ca. 1 Million unselbständig Erwerbstätiger mit Migrationshintergrund kann nur eine gewaltige Bereicherung der Gewerkschaftsarbeit sein!

Ein Mann hat einmal in diesem Lande gesagt: „Lernen Sie Geschichte, mein Herr!“ Ich bin dafür, dass wir die Geschichte nicht nur lernen, sondern auch die Lehren daraus ziehen sollten …

Kommentar zu „Kreuzritter Strache und sein Knecht“

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