Budgetkonsolidierung: There is no alternative? No, there are many alternatives!

Der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg der Budgetkonsolidierung ist keineswegs „alternativenlos“, wie sie uns gerne weismachen will. Ganz im Gegenteil: die massiven Ausgabekürzungen im Sozial-, Infrastruktur- und Bildungsbereich sowie bei den öffentlichen Diensten und Bediensteten werden die Wirtschaftskrise sowie den Sozial- und Bildungsnotstand noch verschärfen. Quer über ganz Europa werden Sparpakete geschnürt, der ohnehin nur zaghafte Wirtschaftsaufschwung wird damit abgewürgt, die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen und die angepeilte Budgetkonsolidierung noch erschwert – weil Steuereinnahmen ausfallen und Ausgaben für Arbeitslosigkeit noch weiter steigen. Was kommt dann? Noch schärfere Einschnitte? Noch mehr Sozialabbau und Lohndumping? Es gibt Alternativen zu dieser neoliberalen Politik, die uns die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit beschert hat!

Mit mehr Verteilungs- und Steuergerechtigkeit kann nicht nur die Konjunktur sinnvoll und sozial- wie ökologisch nachhaltig angekurbelt werden, sowie Arbeitslosigkeit bekämpft werden – durch Investitionen in soziale Infrastruktur, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Klimaschutz – sondern auch ein behutsamer Weg der Budgetkonsolidierung eingeschlagen werden.

Denn tatsächlich besteht weniger ein ausgabeseitiges, als ein einnahmeseitiges Problem, weil vor allem Kapital-, Unternehmens- und Einkommenssteuereinnahmen weggebrochen sind. Ausgabeseitig haben vor allem milliardenschwere Bankenrettungs- und Konjunkturpakete die Staatschulden und Budgetdefizite anwachsen lassen.

Allerdings stellen sich nicht einmal die Staatsausgaben angesichts der sozialen und wirtschaftlichen Situation besonders dramatisch dar.

  • So lagen die Staatsausgaben 2009 – am Höhepunkt der Krise – bei 51,2 % des BIP, und werden für 2010 auf 51 % geschätzt. Tatsächlich lagen die Staatsausgaben in den Jahren 1983 bis 2004, regelmäßig höher! (Ausnahme: 2002)
  • Die Steuer- und Abgabenquote lag 2009 bei 42,1 % und wird für 2010 auf knapp über 41 % des BIP geschätzt. Zum Vergleich: 2001, als schwarz-blau das Nulldefizit feierte, lag sie bei 45,6 % BIP! Mit einer Abgabenquote wie unter Schüssel und Grasser gäbe es beinahe überhaupt kein Budgetdefizit – trotz Krise!

Es besteht gerade auch einnahmeseitig jede Menge an Handlungsspielräumen, an Alternativen, die ein mehr an Verteilungs- und Steuergerechtigkeit bringen, und vor allem die Kosten zur Bewältigung des sozialen und wirtschaftlichen Schadens, den die Krise mit sich gebracht hat, auch jenen aufbürdet, die für die Krise entschieden mitverantwortlich sind und die von der neoliberalen Politik der letzten Jahrzehnte besonders profitiert haben. Entsprechende Maßnahmen sind dabei nicht einmal besonders revolutionär, sondern orientieren sich vielfach nur am EU-Schnitt und würde Österreich endlich zu einem Land machen, in dem tatsächlich alle entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen entsprechenden Beitrag zum Steueraufkommen leisten.

  • Vermögensbezogene Steuern nur auf EU-Schnitt angehoben (Österreich: 0,6 % des BIP, EU 15: 2,1 % des BIP, OECD 2005) brächten jährliche Mehreinnahmen (bezogen auf das BIP von 2009 in Höhe von 276,9 Mrd. Euro) von ca. 4 Mrd. Euro (etwa über Erbschafts-, Schenkungs-, allgemeine Vermögenssteuer, Börsenumsatzsteuer, Vermögenszuwachssteuer, Streichung Steuerprivilegien für Privatstiftungen etc.)
  • Eine Bankenabgabe im Umfang von mindestens Euro 500 Mio. würde sicherstellen, dass auch die Finanzinstitute einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten, nachdem sie von den SteuerzahlerInnen gerettet worden sind.
  • Eine höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen – etwa ein Steuersatz von 55 % auf Einkommen ab 140.000 Euro/Jahr, 60 % ab 500.000 Euro/Jahr, die volle Besteuerung 13./14. Monatsgehalt ab Euro 100.000/Jahr – brächte mindestens 300 Mio. Euro/Jahr. Die Rücknahme des Gewinnfreibetrags für Selbständige – ein sachlich nicht begründbares 13./14. Monatsgehalt für Selbständige brächte zwischen 160 und 300 Mio. Euro, eine Rücknahme der Steuergrenze, ab der 50 % Einkommenssteuer zu zahlen ist, von 60.000 auf wieder 51.000 Euro – ein Steuergeschenk für ein paar wenige Prozent SpitzenverdienerInnen – noch einmal 120 Mio. Euro
  • Ein Ende der aus verteilungspolitischer Sicht höchst ungerechten steuerlichen Förderung von privater Pensionsvorsorge brächte jährlich bis zu 650 Millionen Euro.
  • Auch im landwirtschaftlichen Bereich bestünde dringender Handlungsbedarf. Österreichs Landwirte zahlen bei einem Subventionsvolumen von 2,2 Mrd. Euro lediglich 98 Mio. an Steuern – Einkommens-, Grund- und Körperschaftssteuer. Das Prinzip der Pauschalierung widerspricht dem steuerlichen Grundsatz, wonach jede/r entsprechend seine/r Leistungsfähigkeit einen Beitrag zum Steueraufkommen leisten soll. Das Umstellen der Pauschalierung auf eine Normale Einnahmen-Ausgabenrechnung brächte rund 200 Mio. Euro, die von den Landwirten einbehaltene aber nicht abgelieferte Umsatzsteuer noch einmal rund 100 Mio., die Abschaffung diverser Steuerprivilegien (keine KfZ-Steuer auf Traktoren, Agrardieselrückvergütung etc.) noch einmal rund 170 Mio. Euro. Dabei wäre keiner Subvention für die Landwirtschaft gestrichen – allerdings ‚versteckte‘ und damit mehr Steuergerechtigkeit hergestellt.
  • Die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrags – eine Maßnahme die vor allem allein- und gutverdienenden Männern zugute kommt, deren Frauen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und die auch für Familien mit Kindern spätestens seit der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuung überholt ist – brächte rund 360 Mio. Euro.
  • Die Streichung der beschäftigungspolitisch kontraproduktiven steuerlichen Begünstigung von Überstunden brächte nach WIFO-Schätzungen rund 150 Mio. Euro.
  • Eine Anhebung des Aufkommens aus Gewinnsteuern auf EU-Niveau (2007 EU-15: 9 %, Österreich 5,8 %) – etwa durch eine Abschaffung der Gruppenbesteuerung oder dem Schließen von steuerlichen Gestaltungsspielräumen – brächte bezogen auf das KÖST-Aufkommen 2009 Mehreinnahmen von über 2 Mrd. Euro.
  • Und schließlich eine weitestgehend aufkommensneutrale sozial-ökologische Steuerreform, die z.B. über eine CO 2 Steuer fossile Energieträger höher besteuert und Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlastet. Im einer ersten Umbauphase könnten so über drei Jahre hinweg 3 Milliarden Euro an Steueraufkommen – immerhin rund 1 % des BIP – von Arbeit hin zu klima- und umweltschädigenden Energieträgern umgeschichtet werden. Dabei wird Arbeit – über eine Lohnsummensteuersenkung – um bis zu 1,1 Mrd. Euro entlastet, ArbeitnehmerInnen und private Haushalte über Steuergutschriften bzw. über Transfers um bis zu 1,7 Mrd. Euro, was insbesondere kleinen und mittleren EinkommensbezieherInnen zugute kommt. 200 Euro würden in einen Fonds fließen, der Haushalte beim Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern – etwa zur Wärmegewinnung – finanziell unterstützt, aus dem Energieberatung und Energiesparmaßnahmen für Private finanziert werden.
  • Im Sinne einer Ökologisierung gilt es jedenfalls auch die Mineralölsteuerbefreiung bzw. -begünstigung von fossilen Treibstoffen beigemengten „Bio“-Sprit, dessen Erzeugung gerade aus klima-, umwelt- und ernährungspolitischen Gründen in höchstem Maße bedenklich ist, abzuschaffen. Das brächte zwischen 200 bis 300 Mio. Euro.

Würden diese Maßnahmen – auch nur teilweise – umgesetzt wären Einsparungen aufgrund gestrichener Steuerprivilegien und -geschenke, in Wirklichkeit mehr oder weniger versteckte Subventionen, sowie ein Mehr an Steuereinnahmen im Umfang von bis zu 9 Mrd. Euro möglich. Die Steuer- und Abgabenquote läge – selbst wenn alle Maßnahmen umgesetzt würden – nicht über, sondern sogar unter dem schwarz-blauen Spitzenwert, was angesichts der Schwere der Krise und der gesellschaftlichen Herausforderungen jedenfalls vertretbar sein muss!

Diese Einnahmen würden Spielräume für gesellschaftlich, wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Investitionen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit leisten und mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit herstellen. Auch ein behutsame Sanierung der Staatsschulden wäre möglich – ohne jene zu treffen, die bereits die Kosten der Krise ohnehin schon zu tragen haben – ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose, Arme. Mit derartigen Einnahmen wäre ein Ausbau und eine Festigung des Sozial- und Bildungsstaates möglich und würde der sozial-ökologische Umbau unseres Wirtschaftssystems befördert. Und übrigens: die beste Form, Staatsausgaben zu reduzieren, ist immer noch Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, verursachen doch 100.000 Arbeitslose Kosten von 2,7 Mrd. Euro!

Es gibt also Alternativen – soziale, ökologische und verteilungsgerechte! Es kommt nur auf den politischen Willen – und den entsprechenden Druck auf die Politik – an!

Kommentar zu „Budgetkonsolidierung: There is no alternative? No, there are many alternatives!“

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