AK-Wertschöpfungsbarometer 2015: Gewinne „demokratisieren“!
13. Februar 2017 von adminalternative
Jährlich veröffentlicht die AK Oberösterreich den Wertschöpfungsbarometer. Dieser analysiert neben der von den ArbeitnehmerInnen in Österreich erbrachte Wertschöpfung insbesondere auch wie die erwirtschafteten Gewinne verwendet werden. Und einmal mehr zeigt sich: „Zukunftsgerichtet“ geschweige denn „nachhaltig“ ist die Gewinnverwendung nicht. Höchste Zeit, den EigentümerInnen und ihren AgentInnen die alleinige Verfügungsmacht über Gewinne aus der Hand zu nehmen.
1.166 repräsentative Mittel- und Großbetriebe mit 518.433 Beschäftigten – rund 14,7 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich – hat die AK Oberösterreich analysiert. Herangezogen wurden die veröffentlichten Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 2005 bis 2015.
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Steigende Produktivität, hohe Wertschöpfung pro MitarbeiterIn
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- 2015 betrug die durchschnittliche Wertschöpfung pro Beschäftigten 96.627 Euro (2014: 94.436 Euro). Der „Produktivitätszuwachs“ pro Kopf betrug damit 2,3 Prozent, im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung ein deutlicher Anstieg.
- Der „Überschuss“ den die ArbeitnehmerInnen produzierten – also die Wertschöpfung abzüglich dem durchschnittlichen Personalaufwand je MitarbeiterIn – lag bei 33.839 Euro. Damit hat sich der Überschuss im Vergleich zu 2014 deutlich um 3,2 Prozent erhöht. Von 2013 auf 2014 fiel der Anstieg mit 1,7 Prozent noch deutlich geringer aus.
- Hinter der Entwicklung des „Überschusses“ zurückgeblieben ist – einmal mehr – der Personalaufwand je Beschäftigtem. Dieser ist um lediglich 1,9 Prozent angestiegen.
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Gewinnauszahlungen wachsen schneller als Personalaufwand
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- Ebenfalls wieder deutlich angestiegen – um 9,9 Prozent im Vergleich zu 2014 – sind die Gewinnauszahlungen an AktionärInnen und sonstige EigentümerInnen. Mit einer Höhe von 13.879 Euro pro Beschäftigten (vom produzierten „Überschuss“ pro Beschäftigtem wurden also 13.879 Euro ausgeschüttet) haben die Gewinnauszahlung bereits wieder beinahe Vorkrisenniveau erreicht.
- Die Gewinnauszahlungen sind 2015 im Vergleich zu 2005 – mit unterschiedlich hohen Ausschüttungsquoten in den Jahren dazwischen – um 50,6 Prozent gewachsen, der Pro-Kopf-Personalaufwand allerdings lediglich um 20,4 Prozent. Der Anstieg der ausgeschütteten Gewinnen beläuft sich also auf das 2,5-fache des Personalaufwands!
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Die AK OÖ dazu:
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„Angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums eine bedenkliche Entwicklung, denn das Geld hätte ja auch in höhere Löhne und Gehälter fließen bzw. dringend nötige Investitionen finanzieren und so die Nachfrage und Beschäftigung ankurbeln können.“
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Und weiter:
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„Die Interessensvertretungen der österreichischen Unternehmen klagen zwar lautstark über mangelnde Wettbewerbsfähigkeit aufgrund angeblich zu hoher Lohnkosten, um dadurch die Lohnansprüche klein zu halten oder eine Senkung der Lohnnebenkosten durchzusetzen, aber gleichzeitig steigen die durchschnittlichen Gewinnauszahlungen an die Unternehmenseigentümer/-innen massiv. Dadurch fehlen Mittel für wichtige Investitionen in Forschung und Entwicklung, die am ehesten geeignet wären, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig sicherzustellen.“
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Mäßige Investitionstätigkeit
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Die Investitionstätigkeit der Unternehmen – die nachhaltig Beschäftigung und den Fortbestand des Unternehmens absichert – ist im Vergleich zu den Gewinnausschüttungen zurückgeblieben. Von 2014 auf 2015 sind die Sachinvestitionen zwar um 3,8 Prozent (nominell) gestiegen – auf 15.432 Euro pro Kopf – real, also Inflationsbereinigt, war die Investitionstätigkeit der Betriebe nicht höher als 2005. Lag 2005 der Anteil an Sachinvestitionen noch bei 49,5 Prozent des Überschusses, ist er bist 2015 auf 45,6 Prozent gesunken. Umgekehrt ist der Anteil der Gewinnausschüttungen von 32,6 auf 41 Prozent gestiegen! Die Ausschüttungstätigkeit hat sich eindeutig zulasten der Investitionen verschoben.
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Hohe Rendite der EigentümerInnen
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Stellt man die Gewinnauszahlungen in Relation zum Eigenkapital (vor Abzug der Gewinnauszahlung) ergeben sich Ausschüttungen in Höhe von rund 9,3 Prozent des Eigenkapitals. Eine ausgesprochen hohe „Verzinsung“ im Vergleich mit den Zinserträgen aus Bankeinlagen. In einem Viertel der Unternehmen belief sich die Gewinnausschüttung an die EigentümerInnen sogar auf 18 Prozent des Eigenkapitals!
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Schlussfolgerung: Gewinnverwendung und -verteilung darf nicht länger alleinige Sache der EigentümerInnen bleiben!
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Die großzügigen Gewinnausschüttungen zulasten der (Sach-)Investitionstätigkeit stellen tatsächlich die nachhaltige Absicherung der Unternehmen, ihrer Substanz und der Beschäftigung infrage. AK-Analysen (Z.B. AK-Dividendenreport 2011) der letzten Jahre haben immer wieder ergeben, dass Dividendenausschüttungen börsennotierter Unternehmen immer wieder an die Substanz der Unternehmen gehen – also die Auszahlungen an die AktionärInnen höher ausfallen als die Gewinne selbst!
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Umso wichtiger wäre es, die Frage der Gewinnverwendung zu „demokratisieren“:
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- Einerseits müssen die Beschäftigten bzw. die Belegschaftsvertretung erweiterte Mitbestimmungsrechte bei der Verwendung der Gewinne erhalten – etwa durch Vetorechte, mit denen Betriebsräte Ausschüttungen blockieren können und eine Beratungsphase über die Verwendung von Gewinnen erzwingen können. Schließlich sind es die ArbeitnehmerInnen, die den „Mehrwert“, der sich schließlich in Gewinnen finanziell realisiert, erzeugen. Mag die Aneignung des Gewinns durch den/die EigentümerInnen auch bestimmendes Element kapitalistischer Ökonomien sein, kann aus Sicht der ArbeitnehmerInnen – der „ProduzentInnen“ – wie auch aus einer gesellschaftspolitischen Perspektive diese Alleinverfügung nicht akzeptiert werden. Insbesondere dann, wenn Ausschüttungen für Beschäftigung und Unternehmen absehbar existenzbedrohend sind. Auch wenn Entscheidungen der Belegschaftsvertretung hinsichtlich Verwendung und Verteilung von Gewinnen nicht zwingen „vernünftig“ sein müssen, wenn es um den gesicherten Fortbestand des Unternehmens geht: es darf dennoch angenommen werden, dass sich die Interessen von BetriebsrätInnen und ArbeitnehmerInnen stärker am langfristigen Erhalt und der nachhaltigen Sicherung von Beschäftigung, Unternehmenssubstanz und Standort. Jedenfalls stärker als die Interessen eines von den EigentümerInnen eingesetzten Managements, das leider nur allzu oft eine lediglich auf kurzfristige Gewinnmaximierung, und hohe Dividenausschüttungen ausgerichtete Unternehmenspolitik verfolgt.
- Andererseits gilt es, auch die Gewinnbesteuerung zu erhöhen. Ein weitaus höherer Teil der Gewinne als bisher muss „vergesellschaftet“ werden um gesellschafts- wie wirtschaftspolitisch wichtige und wünschenswerte Investitionen tätigen zu können, die seitens Privater nicht getätigt werden.
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Jedenfalls muss die Investitionstätigkeit wieder stärker in „öffentliche“, demokratische Hände gelegt werden – egal ob auf betrieblicher, kommunaler oder staatlicher Ebene, soll die wirtschaftliche und soziale Entwicklung nachhaltig auf stabile Beine gestellt werden. Die Privaten sind ganz offensichtlich dazu nämlich nicht in der Lage.
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