AUGE/UG für mehr Demokratie in Betrieb und Wirtschaft


Unser beim GPA-djp Bundesforum angenommener Antrag „Demokratie im Betrieb“ fordert eine Demokratisierung der Betriebe und Wirtschaft. So sollen einerseits die Freiheitsrechte – wie die freie Meinungsäußerung – im Betrieb gestärkt werden. Andererseits soll es eine Kompetenzerweiterung für den Betriebsrat geben. Als gewählte Interessensvertretung soll der Betriebsrat zum Beispiel Vetorecht gegen Unternehmensumstrukturierungen bekommen. Eine weitere Forderung ist die Wahl von Vorgesetzten durch die Belegschaft und schlussendlich die Selbstverwaltung der Betriebe.

Zwischen 10. Und 12. November 2015 fand das sogenannte Bundesforum der GPA-djp statt. Das „Bundesforum“ ist das höchste beschlussfähige Gremium der GPA-djp. Die Anträge die dort beschlossen werden, geben die gewerkschaftspolitische und inhaltliche Richtung der GPA-djp vor. Die AUGE/UG brachte mehrere Anträge ein – zum Beispiel für eine umfassende tägliche und wöchentliche Arbeitszeitverkürzung auf 6 Stunden pro Tag und 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Ein weiterer Antrag forderte eine sozial-ökologische Steuerreform und eine Sozialmilliarde.

Menschenrechte im Betrieb. Es ist keineswegs so, dass die Menschenrechte – also angeblich schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte (vgl. § 16 ABGB) – allumfassend sind. Betriebe sind nach wie vor Zonen autoritärer Herrschaft, mit EigentümerInnen, ManagerInnen und GeschäftsführerInnen, die sich oftmals als Miniaturausgaben feudaler Herrscher gebären, mit entsprechendem Alleinherrschaftsanspruch über ihren Bereich – das Unternehmen, den Betrieb, die Dienststelle. Die Betriebshierarchie ist eindeutig und Widerspruch wird selten geduldet. Wer sich quer stellt, muss um seinen Job – und damit um die Existenz fürchten.

Mitbestimmungsrechte der Belegschaft. Ebenso wie die persönlichen Freiheitsrechte, sind die kollektiven Freiheitsrechte Bestandteil einer funktionierenden Demokratie. Wir verbringen einen großen Teil unseres Lebens in einer autoritär organisierten Arbeits- und Wirtschaftswelt, behaupten allerdings dennoch, in einer “Demokratie” zu leben. Nun, es ist bestenfalls eine “halbe” Demokratie. Ziel muss es sein, den ArbeitnehmerInnen deutlich mehr Mitentscheidungsrechte zu geben. Es sind die ArbeitnehmerInnen, die Waren und Dienstleistungen produzieren. Sie haben ein Recht darauf demokratisch mitzubestimmen wie produziert werden soll und was mit dem erzielten Mehrwert passieren soll.

 

Antrag diskutiert und angenommen

 

Auf Basis dieser Überlegungen brachte die AUGE/UG den Antrag „Demokratie im Betrieb“ ein. Der Antrag wurde dem Beirat Arbeit & Technik zugewiesen. Der Beirat Arbeit & Technik (BAT) ist das beratende Gremium der Abteilung Arbeit und Technik im Grundlagenbereich der GPA-djp. Themenbereiche sind etwa Datenschutz, soziale und gesellschaftliche Verantwortung im Unternehmen und eben Mitbestimmung und Demokratie am Arbeitsplatz. In einer gemeinsamen Sitzung wurde der Antrag umfassend diskutiert und dem Bundesvorstand zur Zustimmung vorgelegt. Damit sind diese AUGE/UG-Forderungen Teil der gewerkschaftspolitischen Forderungen der GPA-djp. Hier die wichtigsten:

  • Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Sinne der „kritischen Loyalität“ soll in den Katalog der möglichen Motivanfechtungsgründe in § 105 ArbVG aufgenommen werden. Wenn somit ArbeitnehmerInnen nur deswegen gekündigt werden, weil sie auf ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung bestehen, so kann die Kündigung angefochten werden. Die Kündigung „wehrhafter“ ArbeitnehmerInnen wird dadurch erschwert.
  • Aufwertung der Betriebsversammlungen als demokratisches Mitbestimmungsorgan. Über abgeschlossene Betriebsvereinbarungen sollte in der nächstfolgenden Betriebsversammlung berichtet werden. Der Betriebsrat muss somit dem höchsten Organ der ArbeitnehmerInnen im Betrieb – der Betriebsversammlung, Rede und Antwort stehen. Die Belegschaft bekommt somit die Möglichkeit aktiver in die wichtige und notwendige Arbeit des Betriebsrates einzugreifen.
  • Vetorecht des Betriebsrates bei Ausgliederungen, Betriebsverlagerungen, Umstrukturierungen oder Betriebsübernahmen. Der Betriebsrat soll gemäß § 109 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) ein befristetes Vetorecht von acht Wochen bekommen, um in dieser Zeit eine Stellungnahme zu geplanten Betriebsänderungen abgeben zu können (ähnlich wie einstweilige Verfügung).
  • Vetorecht des Betriebsrates bei Investitionen, Verwendung von Gewinnen. Der § 108 ArbVG soll dahingehend erweitert werden, dass der Betriebsrat in diesen wesentlichen Angelegenheiten, die die ArbeitnehmerInnen betreffen, ein befristetes Vetorecht von vier Wochen bekommt, um in dieser Zeit eine Stellungnahme abgeben zu können.

Vorgesetzte wählen

 

Eine weitere Forderung des Antrags „Demokratie im Betrieb“ ist die Ausweitung des Stimmrechts des Betriebsrates bei der Wahl der Unternehmensleitung, sowie ein Einspruchsrecht des Betriebsrates bei der Bestellung des Managments. Im Zuge des aktuellen Wahlkampfes haben wir als AUGE/UG diese Forderung konkretisiert:

Erweiterte Mitbestimmungsrechte der Belegschaften bei der Bestellung bzw. Auswahl von Führungskräften. Transparenz bei Auswahl- und Bewerbungskriterien. Verpflichtende KandidatInnenhearings. Vetorecht bei massiven Bedenken seitens der Belegschaft durch den Betriebsrat. Bis hin zur direkten Wahl der Vorgesetzten durch die Belegschaft.

Regelmäßige anonymisierte Evaluierungen und Bewertungen von Führungskräften durch die Belegschaft und Beratung der Ergebnisse zwischen Geschäftsführung/Vorstand bzw. der höhergelagerten Hierarchiebene und Betriebsrat. Betriebsräten soll das Recht eingeräumt werden, bei überwiegend negativer Beurteilung die Abberufung der Führungskraft beantragen zu können.

Das mag illusorisch klingen, aber nur, weil wir anderes gewohnt sind. Tatsächlich gibt es aber Vorgesetztenwahlen in zahlreichen Unternehmen, zum Beispiel DM, Umantis, Semco, Berliner Philharmoniker. Mit Mondragón Corporación Cooperativa bindet ein Industriekonzern mit fast 75.000 MitarbeiterInnen und einem Umsatz von über 12 Milliarden Euro die ArbeitnehmerInnen in die Entscheidungen des Führungspersonals durch demokratische Abstimmungsprozesse ein.

 

Selbstverwaltete Betriebe

 

Wir fordern weiter, dass wenn ein Betrieb in seinem Bestand gefährdet ist – etwa aufgrund drohender Insolvenz oder fehlender Erben – soll dem Betriebsrat und den Gewerkschaften in Absprache und auf Beschluss der Belegschaft das Recht eingeräumt werden, die „Weiterführung in Arbeiterselbstverwaltung“ zu beantragen. Dabei sollen Möglichkeiten zur Fortführung des Betriebs in Selbstverwaltung, Sanierungskonzepte sowie mögliche öffentliche Unterstützung überprüft werden um den Weiterbestand des Betriebes und der Beschäftigungsverhältnisse sicherzustellen.

Das Ziel muss die vollständige Demokratisierung der Gesellschaft sein. Demokratie in Betrieb und Wirtschaft.

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