„Bankensteuer“: Es gilt das Verursacherprinzip
21. Januar 2010 von adminalternative
In den Reihen der Banker und der ihnen angehängten Klassen- und Klientelpartei ÖVP ist im Augenblick wachsende Nervosität spürbar. Ein Gespenst geht um: das Gespenst einer Bankensteuer. Nein, so haben es sich die Konservativen die Krisenbewältigung nicht vorgestellt. Krisenbewältigung in schwarz heißt: die Allgemeinheit, sprich die SteuerzahlerInnen in der Mehrheit ArbeitnehmerInnen, sollen brav „Hände falten, Goschen halten“, zu Transferkontos und Sozialabbau applaudieren und in Demut alles ertragen, was ihnen an Unzumutbarkeiten heute wie künftig zugedacht ist. Die Aufgabe des niederen, tumben Plebs, der ja im allgemeinen keine Ahnung von den großen, wirtschaftlichen Zusammenhängen hat, ist es, mit jedem Euro an Steuergeldern für die Schäden derjenigen zu haften, welche die Krise entscheidend mitverursacht haben. Das Pack droht sich allerdings nicht in sein dienendes Schicksal zu fügen.
Nicht einmal ein kleines, bescheidenes „Danke, liebe/r BürgerIn“ ist bislang den selbsternannten „Leistungsträgern“ über die Lippen gekommen, nein, wenn wir alle schon für die Fehler der anderen gerade stehen müssen, darf es im Selbstverständnis der Eliten in Wirtschaft und Politik, gleich auch einmal a bißerl mehr sein. Nicht, dass ein kleines Dankeschön irgendwas geändert hätte. Es ist allerdings einmal mehr ein Zeichen für das gewisse Selbstverständnis, das „unseren“ Eliten eigen ist. Harte Zeiten kommen auf uns zu, jede/r – sprich wir – muss seinen/ihren finanziellen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Dass sich der gemeine Pöbel nun tatsächlich anmaßt, entlang der Losung „We want our money back!“ nun jene zwecks Schadensbehebung zur Kassa zu bitten, die – entsprechend dem Verursacherprinzip – für den Schaden auch verantwortlich sind, wird in den konservativen Reihen geradezu als unzulässige Anmaßung empfunden.
Von den USA ausgehend fordert nun neben Schweden nun auch – man möchte sagen endlich! – auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann eine Bankensteuer, eine „Solidarabgabe“ der Banken zur finanziellen Bewältigung der Wirtschaftskrise und als Vorsorge – ein von allen Banken finanzierter Topf – für kommende Krisen. Konkret ist eine Abgabe von 0,07 Prozent der Bilanzsumme gedacht, die rund 500 Mio. Euro jährlich in die Staatskassen spülen soll. Inwieweit die Bilanzsumme eine geeignete Bemessungsbasis für eine Bankensteuer ist, ist – auch unter BefürworterInnen einer Bankensteuer – zwar durchaus umstritten, das ist allerdings letztlich eine technische Frage. Dass eine Bankensteuer allerdings Sinn macht und notwendig ist, findet immer mehr UnterstützerInnen. Natürlich nicht bei ÖVP und Banken.
So spricht Walter Rothensteiner, Chef der Raiffeisen Zentralbank und Bankenobmann in der Wirtschaftskammer von einer „Strafexpedition“, „unverantwortlich“ sei eine solche, sekundiert Herbert Pichler, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der WKÖ. Die österreichischen Banken hätten die Krise nicht verursacht, macht Rothensteiner ganz auf „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“, wird da treuherzig versichert (nun, die im Zuge der Finanzkrise plötzlich toxisch gewordenen Papiere , die zu enormen Abschreibungen und Gefährdung der Eigenkapitalbasis führten und staatliches Partizipationskapital erst notwendig machten, sind ihnen wohl unter Androhung körperlicher Gewalt aufgedrängt worden). Solidarisch sollen stets die Plebejer sein, die Untertanen mit den Patriziern, den Eliten, umgekehrt – kommt doch überhaupt nicht infrage, was bilden sie sich ein! Die Last hätten außerdem ohnehin die KundInnen, die kleinen SparerInnen, zu tragen, zeigen sich Banker und ihre Agenten plötzlich außerordentlich am potentiellen finanziellen Leid der Allgemeinheit interessiert, das keinerlei Rolle spielt, wenn es um großzügige Stützung des Bankenapparats aus den Steuereinnahmen des Pöbels via Politik geht. Und: die heimischen Banken würden ohnehin bereits einen stolzen Beitrag zahlen, nämlich Zinsen zwischen acht und neun Prozent für Staatshilfe. Wie haben schließlich Banker unisono mit ÖVP-Finanzminister Pröll behauptet? Das Bankenpaket sei ein Bombengeschäft für die öffentliche Hand, es gebe nichts geschenkt. Eine Untersuchung des Bankenpakets durch Bruno Rossmann, Budgetexperte der AK Wien und Berater des Grünen Parlamentsklubs, publiziert in der WISO, der Wirtschafts- und Sozialpolitischen Zeitrschrift des Instituts für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften („Das österreichische Bankenpaket – Wer trägt die Lasten?“), kommt da allerdings auf ganz andere Ergebnisse.
Ein Bombengeschäft?
Die Kostenseite des Bankenpakets:
- Mit 30. September 2009 erhielten die österreichischen Banken Partizipationskapital (also Eigenkapitalzufuhr durch die öffentliche Hand) im Umfang von knapp 4,9 Mrd. Euro (Erste Group: 1.224 Mio. Euro, Hypo Alpe Adria 900 Mio. Euro, Raiffeisen Zentralbank 1.750 Mio., Österreichische Volksbanken AG 1.000 Mio. Euro). Inzwischen hat sich die Gesamtsumme um 550 Mio. Euro an Partizipationskapital an die BAWAG/PSK-Gruppe erhöht. Ergibt in Summe also rund 5,4 Mrd. Euro. Insgesamt hat die Republik Österreich aus dem Bankenrettungspaket Partizipationskapital im Ausmaß von insgesamt 15 Mrd. Euro bereitgestellt, von dem bislang knapp über ein Drittel in Anspruch genommen wurde. Das Bankenpaket wurde nun auch für das Jahr 2010 verlängert. Weitere budgetäre Belastungen könnten allerdings folgen,
- Für die Verstaatlichung der Kommunalkredit hat die Republik Österreich rund 1,5 Mrd. Euro an Kosten vorgesehen (davon sind 2009 rund 300 Mio. tatsächlich budgetwirksam geworden).
- Die Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria kommt der öffentlichen Hand ebenso teuer. Neben dem Partizipationskapital von 900 Euro muss die Republik noch einem 450 Mio. Euro zuschießen, das Land Kärnten 200 Mio. Euro
- Zur Kostenseite hinzuzuzählen sind auch nicht geleistete Zins- bzw. Dividendenzahlungen für Partizipationskapital, weil die entsprechenden Institute keine Gewinne schreiben, in Stumme 156 Mio. Euro. Aus dem „Bombengeschäft“ entstehen den österreichischen SteuerzahlerInnen Einnahmeausfälle für das Jahr 2009 seitens der Volksbanken AG 93 Mio. Euro, seitens der Hypo-Alpe-Adria 72 Mio. Euro. Keine entsprechenden Zinseinnahmen wird es seitens beider Institute vorraussichtlich auch für das Jahr 2010 geben.
Es entstehen allerdings den SteuerzahlerInnen noch zusätzliche Kosten. Rossmann rechnet: Für Herbst 2008 hat die Europäische Kommission einen Marktpreis für Eigenkapital von 15 % berechnet. Tatsächlich liegen die Dividenden, die Banken für Partizipationskapital zahlen, deutlich niedrig. Wird nun angenommen, dass das gesamte Partizipationskapital im Ausmaß von 15 Mrd. Euro bei einem Zinssatz von 9,3 % (wobei die österreichischen Banken mit Ausnahme der Volksbanken nur 8 % zahlen) in Anspruch genommen würde, ergäbe die Differenz zwischen Marktzinssatz und tatsächlicher Dividende den Banken eine Ersparnis von 855 Mio. Euro jährlich. Nun war das Ziel der Bankenpakete, den Banken Eigenkapital zu besseren Konditionen als Marktkonditionen anzubieten. Interessant ist diese Rechnung allerdings immer noch.
Bankenrettung: Österreich gibt‘ billig!
Auch ein Vergleich lohnt: Während britische Banken 10 % an Dividenden für staatlich gezeichnete Vorzugsaktien zu zahlen haben, zahlen österreichische Banken – wie bereits erwähnt – überwiegend 8 %. Bei voller Ausnützung der Staatshilfen im Ausmaß von 15 Mrd. Euro ergäbe das für die österreichischen SteuerzahlerInnen im Vergleich zu den britischen eine Mehrbelastung von jährlich 300 Mio. Euro. „Dabei ist es … keineswegs sicher, dass die Zinsen überhaupt gezahlt werden. Denn anders als in England werden Zinsen, die in einem Jahr ausfallen, im folgenden Jahr nicht nachgezahlt. Dadurch können sich die Belastungen für die SteuerzahlerInnen noch weiter erhöhen,“ so Rossmann.
Ähnlich verhält es sich auch bei den Haftugsentgelten: diese sind in Großbritannien ebenfalls höher. Bei Ausnutzung des vollen Garantievolumens für Bankanleihen im Ausmaß von 65 Mrd. Euro (mit 30. September 2009 wurde ein Volumen für tatsächlich erfolgte Wertpapieremissionen von rund 19 Mrd. Euro ausgenutzt) entgingen den SteuerzahlerInnen damit Einnahmen im Ausmaß von 360 Mio. Euro.
Rossmanns Fazit:
„In Summe fließen somit in Relation zum englischen Bankenpaket bei voller Ausnutzung mindestens 660 Mio. Euro jährlich von den österreichischen SteuerzahlerInnen an die AktionärInnen der Banken – bei geringerer Ausnutzung entsprechend weniger. Das österreichische Bankenpaket ist daher kein so tolles Einnahmenprogramm für den Staat, wie uns das die Vorstandsdirektoren Andreas Treichl (Erste Bank) und Ludwig Scharinger (Raiffeisenlandesbank OÖ) immer wieder glauben machen wollen. Es ist vielmehr in zweifacher Hinsicht höchst problematisch: verteilungspolitisch, weil Dividenden an AktionärInnen mit Staatshilfe ausgezahlt werden, und aus der Perspektive der langfristigen Stabilität des Finanzsystems, weil die AktionärInnen in zu geringem Ausmaß an der Finanzierung der Verluste beteiligt werden. Damit bestätigt sich der schon im Verlauf der Gesetzeswerdung entstandene dringende Eindruck, dass diese Paket von ‚Banken für Banken‘ gemacht worden ist.“
Banken machen Gewinne – auch 2009
Tatsächlich: Gewinne werden gemacht, Dividenden ausgeschüttet – mitten in der Krise. In den den ersten drei Quartalen des Krisenjahres 2009 erzielte die Erste Bank einen Gewinn von 720,1 Mio Euro, die Bank Austria von 972 Mio. Euro, Raiffeisen International von 156 Mio. Euro. Erste wie Raiffeisen haben dabei staatliches Partizipationskapital erhalten. Strenge Regulierungen wurden zwar immer wieder versprochen, allerdings bislang kaum umgesetzt. Es geht scheinbar weiter wie bisher. Die großen drei fahren also Gewinne von über 1,8 Mrd. Euro ein. Dank Staatshilfe.
Einnahmeseitig belaufen sich die Einnahmen aus den Bankenpaketen laut Staatssekretär Lopatka (Dividenden für Partizipationskapital und Haftungsentgelte abzüglich Refinanzierungskosten) auf 347 Mio Euro (inkl. BAWAG auf 373 Mio. Euro). Demgegenüber steht die gewaltige Summe von rund 2.000 Mio. Euro an (von den veranschlagten 1,5 Mrd. Euro 2009 und 2010 für die Kommunalkredit sind bislang rund 300 Mio. budgetwirksam geworden ) Kosten für die Verstaatlichung der Kommunalkredit und der Hypo-Alpe-Adria.
Rossmann unterstützt wie viele andere fortschrittliche WirtschaftswissenschafterInnen die Einführung einer Bankenabgabe. Schweden hat bereits eine eingeführt, eine „Stabilitätsabgabe“ auf Banken und andere Kreditinstitute: diese fließt in einen speziellen Fonds, innerhalb von 15 Jahren sollen 2,5 % des BIP eingehogen werden. Heute liegt in diesem Fonds 2,86 Mrd. Euro, 1 Prozent des BIP. Der schwedische Finanzminister – übrigens ein Konservativer, in einem Schreiben an seine europäischen AmtskollegInnen: „Eine Abgabe, die von den Finanzinstitutionen gezahlt wird, würde uns bei unseren Bemühungen nach Budgetkonsolidierung helfen, aber auch die Rechtmäßigkeit unserer Maßnahmen für den Finanzsektor in der öffentlichen Meinung erhöhen.“ Und diese öffentliche Meinung ist derzeit ohnehin im Keller, nicht zuletzt angesichts der unbeschreiblichen Überheblichkeit und Arroganz der Banker und ihrer treuen Diener in den Reihen der ÖVP.
Eine Bankensteuer wäre damit EIN wesentlicher Beitrag zu einer gerechteren Finanzierung der Krisenbewältigung. Es wird nicht der einzige und letzte sein, den die ökonomischen Eliten, die Spitzenverdiener, die Vermögenden, die Finanzmarktakteure leisten werden müssen. Sollten die Banken nicht in der Lage sein, diesen ohnehin geringe Beitrag zu leisten, dann wissen wir zumindest endlich, wie es um die Banken tatsächlich bestellt sind, dass da offensichtlich noch weitere „Leichen im Keller“ liegen. Wenn nicht, wollen sich die Banken schlichtweg aus ihrer Verantwortung stehlen – weil eine Steuer für Banken eben Umverteilung bedeuten würde – von den EigentümerInnen und AktionärInnen hin zur steuerzahlenden und für Banken haftenden Allgemeinheit. Denn dass die Kosten nicht auf die SparerInnen abgewälzt werden, dafür könnten schon entsprechende Regulierungen sorgen. Der Plebs hat genug gebrannt. Jetzt sind die Patrizier gefordert. Sie sollen für die Krise zahlen, für die sie zumindest mitverantwortlich sind. Sie die über Jahrzehnte hindurch profitiert haben. Die „Strafexpedition“ gegen die ArbeitnehmerInnen, also die Bestrafung für etwas, was sie nicht getan haben muss ein Ende haben. Und. Wir erinnern einmal mehr gerne an die Studie der britischen New economic foundation: jedes verdiente Pfund an Einkommen, das ein Spitzeneinkommensbezieher und „Leistungsträger“ einer Londoner Investmentbank bezieht, richtet einen volkswirtschaftlichen Schaden im Ausmaß von 7 Pfund an. Es gilt das Verursacherprinzip …
Ich sehe die beschriebene Nervosität eher bei..
BAWAG PSK (SPÖ)
Bank Burgenland (SPÖ)
HYPO ALPE ADRIA (FPÖ/BZÖ/F..)
Unicredito, Raiffeisen und Erste sind bereits in ausländischen Besitz und die Politik darin nicht
mehr von Bedeutung und Relevanz
lg
Helga
Steuern zahlen immer nur die Steuerzahler 🙂
Damit würde eine Bankensteuer nur uns alle treffen,
wie in Wahrheit jede Unternehmenssteuer den Preis
der Produkte hebt und damit wieder vom Verbraucher
bezahlt wird.
Hallo,
schön dass es Blogsysteme wie WordPress gibt und Google. Diese Aktion sucht und braucht Unterstützer.
Wir von attac Frechen haben schnell gehandelt und mit der folgenden Webseite
http://www.Move-Your-Money.org
diese registriert und zeigt derzeit auf unseren Artikel dieser Regionalgruppe Frechen im Rhein-Erft-Kreis an der Stadtgrenze zu Köln.
Wir suchen Unterstützer in jeder Form, sei es dankenswerter Weise einem Kommentar oder mit tatkräftiger Unterstützung im Web, Flyer, Logo-Entwicklung etc. und natürlich im Weitersagen und Schreiben von Blogs.
Wäre toll hier aus dem Netz Hilfe zu erhalten, um endlich das Kasino zu schließen.
Wir sind die Tröpchen, die zum reißenden Fluß werden und ganze Felsen zum Einsturz bringen! Mach mit !
Wir können mehr erreichen, als wir es von unseren Politikern immer wünschen und dies nur in Form von wählen oder Nichtwählen.
Gruss
Andreas Zech
attac Frechen
http://www.attac-frechen.de
Sparen wir die Co2 Steuer für alle ÖsterreicherInnen doch ein, stoppen so das üble Spiel der Ölindustrie und entlasten – kann man’s glauben – alle.
Details auf https://vimeo.com/8815829 (2. Halbzeit abwarten, aber es lohnt sich)