Corona Update Teil 20


Vera Koller, Arbeiterkammerrätin der AUGE/UG und Vorsitzende der Unabhängigen GewerkschafterInnen

Noch bis nächste Woche befinden wir uns im Lockdown. Ab Montag werden die Schulen größtenteils wieder geöffnet, der Handel sperrt auf, Wintertourismus wird es in den Weihnachtsferien nicht geben, allerdings soll zur Beruhigung vieler das Tagesschifahren möglich sein. Die Freizeit- und Kulturbetriebe bleiben sowie die Gastronomie und Hotellerie weiterhin geschlossen.

Telefonische Krankschreibung

Seit 1.November ist die telefonische Krankmeldung nicht nur für Corona Verdachts Fälle, sondern generell wieder möglich. Grundsätzlich ist dazu auszuführen, dass die Form der Krankmeldung nicht gesetzlich geregelt ist. Diese wird von einem Arzt oder einer Ärztin festgestellt und an die Krankenkasse gemeldet. Diese entscheidet endgültig über die Genehmigung der Krankschreibung. In welcher Form die Meldung der Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen hat, wird von den Krankenkassen vorgegeben. Daher war auch ein Beschluss des Verwaltungsrates ausreichend, um die telefonische Variante für alle Erkrankungen wiedereinzuführen. In den Medien werden momentan verschiedene Problematiken geschildert, die nur bedingt mit der telefonischen Krankmeldung in Verbindung stehen. Die meisten Probleme ergeben sich dabei, aus der gleichzeitigen Anwendung verschiedener gesetzlicher Regelungen, wie zb. ASVG, Epidemiegesetz usw. Um die rechtlichen Konsequenzen abschätzen zu können, ist es wichtig unterschiedliche Sachverhalte auseinander zu halten.

Die erste Unterscheidung richtet sich danach ob eine Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung besteht oder nicht.

§ 120 ASVG lautet:

Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:

1.

im Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht;

2.

im Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit mit dem Beginn der durch eine Krankheit im Sinne der Z 1 herbeigeführten Arbeitsunfähigkeit;

Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung ist grundsätzlich nicht begrenzt, dh solange der regelwidrige Zustand die Arbeitsunfähigkeit verhindert, liegt diese vor. Im ASVG ist nur der Anspruch auf Krankengeld mit einer bestimmten Dauer begrenzt. Über Beginn und Ende des Krankenstandes entscheidet grundsätzlich der/die behandelnde Arzt/Ärztin, mit Anerkennung der Krankenkassen.

Wird durch den Arzt/ die Ärztin eine Erkrankung festgestellt, die eine Arbeitsleistung verhindert, ist durch den Arzt/die Ärztin eine Krankmeldung an die Krankenkassa zu übermitteln. Dieser Vorgang unterscheidet sich bei telefonischer Krankmeldung nur insofern, als der sonst notwendige Arztbesuch wegfällt. Die Empfehlung lautet, die so erfolgten Krankmeldungen gleich mit einer Beendigung des Krankenstandes zu datieren. Sofern weiter eine Erkrankung vorliegt, muss die Krankmeldung verlängert werden.

Sollten bei der Arbeitsunfähigkeit auch Symptome vorliegen, die einen Corona Verdacht begründen, muss aufgrund des Epidemiegesetz auch 1450 angerufen werden. Dieses Prozedere hat allerdings nichts mit dem Vorgang der Krankmeldung zu tun und eigentlich auch nichts mit den Krankenkassen. Sofern ein Corona Verdacht besteht, bzw dieser Verdacht bestätigt wurde, liegt ein Absonderungsgrund vor. Diese Absonderung hat insofern Konsequenzen für die Krankmeldung, als sich aus der Absonderung ein eigener Rechtsgrund der Arbeitsverhinderung ergibt, mit der Konsequenz das die Entgeltfortzahlung fortan durch den Bund getätigt wird, dh ab dem Zeitpunkt der Absonderung haben Arbeitgeber_innen einen Anspruch auf Ersatz ihrer getätigter Entgeltfortzahlung und auch die Krankenkassen müssen kein Krankengeld mehr bezahlen. Diese Absonderung kann auch rückwirkend erfolgen. Da die Absonderung in diesem Fall lediglich Konsequenzen bei der Übernahme der Entgeltzahlungspflicht bedeutet, ändert sich für Beschäftigte nichts an der normalen Rechtslage.

Wenn lediglich Symptome, die einen Corona Verdacht begründen, vorliegen, ohne, dass sich daraus eine Arbeitsunfähigkeit ergibt, ist die Situation etwas anders zu beurteilen. Da eigentlich kein Fall einer Erkrankung gemäß § 120 ASVG vorliegt, springt die Krankenkasse nur ein. Der regelwidrige Zustand ist dann nicht so enorm als, dass sich daraus eine Arbeitsunfähigkeit ableiten lässt. In diesen Situationen müsste eigentlich sofort eine Absonderung durch das Epidemiegesetz erfolgen und wäre der Dienstverhinderungsgrund nicht durch Arbeitsunfähigkeit, sondern durch die behördliche Absonderung gegeben. Für diese Art der „Krankmeldung“ gibt es daher ein anderes Prozedere, auch hier ist der Hausarzt/-ärztin anzurufen. Für diese Fälle akzeptieren die Krankenkassen die „Krankmeldung“ für max. 5 Tage. Dh während dieser 5 Tage müsste die behördliche Absonderung erfolgt sein. Da diese oft nicht schnell genug erfolgt, ergeben sich für die Betroffenen Lücken. Arbeitsrechtlich beurteilt, ergibt sich die Problematik aus der Rechtstellung von 1450. Da 1450 wohl nicht als Behörde beurteilt werden kann, sind die von 1450 ausgesprochenen Empfehlungen das Haus bis zur Testung nicht zu verlassen, nicht als rechtlich bindende Absonderung zu werten. Gleichzeitig ist es Beschäftigten wohl nicht zuzumuten, selbst eine Beurteilung der Situation vorzunehmen bzw. ihrer Arbeit nachzugehen und damit andere zu gefährden. Alles in allem wird man daher auch in diesen Fällen davon ausgehen können, dass wenn sich nicht schon aus behördlicher Aufforderung ein Dienstverhinderungsgrund ergibt, zumindest einer wegen persönlicher Verhinderung gegeben ist. Trotzdem kann sich eine Problematik insofern ergeben, als Beschäftigte keinerlei Beweis über die Konsultation von 1450 in Händen halten. Eine etwaige Beweissicherung ist daher zu überlegen. Grundsätzlich wäre es wüschenswert wenn derartige Unklarheiten von den Regierenden beseitigt werden.

Massentestungen

Diese Woche starten in den ersten Bundesländern die Massentestungen. Alle Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren. Zuerst sollen Mitarbeiter_innen in Schulen und Kindergärten getestet werden. Danach, alle Polizist_innen usw. Arbeitsrechtlich ist, trotz dieser Ankündigung vollkommen klar, eine Teilnahme an solchen Testungen kann immer nur freiwillig erfolgen und die Nichtteilname darf mit keinerlei Konsequenzen verbunden sein. Für einen wie immer gearteten Zwang fehlt es an der gesetzlichen Grundlage und auch dienstrechtlich wäre dieser nicht gedeckt. Die Idee so mancher Arbeitgeber_innen eine verpflichtende Testung mittels Betriebsvereinbarung festzuschreiben, bzw. bei Verweigerung der Testung eine Freistellung ohne Entgeltfortzahlung anzudrohen, ist eindeutig als rechtswidrig und daher rechtsunwirksam zu beurteilen.

Neben dieser eindeutigen Rechtslage gibt es jedoch auch so etwas wie einen stillen Druck, der ausgeübt wird. Insbesondere wenn in den Ankündigungen Begriffe wie „Alle“ verwendet werden, ist klar, dass diese Formulierungen etwas bezwecken. Der Druck, der damit aufgebaut wird, kann auch als gewisser Zwang gewertet werden. Klar ist der Erfolg der Testungen von einer möglichst hohen Teilnahme abhängig. Jedoch erschwert es die Teilnahme, dass noch immer die Sinnhaftigkeit solcher Massentestungen in Frage stehen. Auch die diesbezügliche Transparenz und Kommunikation lässt zu wünschen über. Bei manchen Statements überwiegt leider der Eindruck mit populistischen Versuchen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, anstatt die Bevölkerung als ernst genommenes Gegenüber aufzuklären.

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