Der EUGH und das Lohn- und Sozialdumping-Gesetz
18. Juni 2021 von auge/ug
Vera Koller, Landessprecherin AUGE/UG-Wien
Zwar sind einige Verbesserungen des ursprünglichen Gesetzesentwurf zu begrüßen, allerdings ist der jetzt vom Ministerrat abgesegnete Gesetzestext des Lohn- und Sozialdumping Betrugsbekämpfungsgesetz eindeutig zu wenig, um eine auch nur annähernd vergleichbare abschreckende Wirkung zu erzielen.
Die von Regierungsvertreter*innen und Verhandler*innen immer wieder herbeigezogenen Begründung der Abschaffung des Kumulationsprinzips bleibt auch nach mehrmaliger Wiederholung unrichtig. Der EUGH hat in keiner seiner Entscheidungen (Maksimovic, C-64/18 sowie Cepelnik, C-33/17) das Kumulationsprinzip an sich als unionsrechtswidrig klassifiziert, sondern die Nichtmöglichkeit einer absoluten Begrenzung der Strafhöhe. (Dh selbst wenn Gerichte beim Vorliegen von mehreren Verstößen eine Summe für ausreichend angesehen hätten, wäre es gesetzlich nicht möglich gewesen dies in einem Urteil auszusprechen.)
Die defakto Nichtanwendung des Kumulationsprinzips durch Einfügung einer absoluten Grenze oder einer Milderungsmöglichkeit hätte leicht beendet werden können. Vor allem hätten Erfahrungen aus der Praxis dazu verwendet werden können, Verbesserungen am Gesetz vorzunehmen. Stattdessen hat jedoch die Regierung die Begründung verwendet, um eine Verwässerung des Gesetzes umzusetzen und damit Lohn- und Sozialdumping in Zukunft noch gefahrenfreier zu ermöglichen.
Ohne Kumulationsprinzip geht ein großer Teil der abschreckenden Wirkung verloren. Auch die vielzitierten höheren Strafen werden daran nichts ändern. Da bei allen Strafbestimmungen auf die bis jetzt vorliegenden Mindeststrafsätze verzichtet wurde ist davon auszugehen, dass es insgesamt zu geringeren Strafen kommen wird.
Die Analyse der Gesamtkonstruktion der neuen Strafbedingungen zeigt leider, dass die notwendigen Bestimmungen zur Bekämpfung von Fällen wie bei Hygiene Austria gerade nicht enthalten sind. Findige korrupte Unternehmer*innen haben sicher schon festgestellt, dass es ein leichtes ist, sich der Anwendung der größten im Gesetz enthaltenen Maximalstrafen zu entziehen, muss dafür nur die Aushändigung von Lohnunterlagen verweigert werden. Daher ist ein Verweis auf in Zukunft nicht anwendbare höhere Maximalstrafrahmen eindeutig zu wenig.