Die Finanzmarktkrise im „ArbeitnehmerInnenparlament“ …

Heute, am 12. November war AK-Vollversammlung in Wien.
Was das ist?
Quasi das „ArbeitnehmerInnenparlament“.

Wenig bekannt in der Allgemeinheit: Dieses ArbeitnehmerInnenparlament legt die inhaltliche Ausrichtung der Politik der Arbeiterkammer fest! Arbeiterkammer heißt nämlich nicht nur Service, sondern handfeste Politik – also Interessensvertretung der ArbeitnehmerInnen gegenüber Wirtschaftskammer und Regierung.

In diesem ArbeitnehmerInnenparlament sitzen – wie im Nationalrat – Gruppierungen unterschiedlichster Weltanschauung. In der AK-Vollversammlung gibt es die sozialdemokratische FSG – die stärkste Fraktion, gefolgt vom konservativen ÖAAB. Dann kommt schon die AUGE/UG, die Fraktion Grün-Alternativer und unabhängiger Linker GewerkschafterInnen. Wie sich die Vollversammlung zusammensetzt ist Ergebnis der AK-Wahl, die übrigens wieder 2009 stattfindet. Die AUGE/UG kandidiert ebenfalls wieder – bundesweit. Doch das ist jetzt einmal eine ganz anderer Geschichte …

Jedenfalls: heute war AK-Vollversammlung. Alle Fraktionen brachten wieder entsprechende Anträge ein – die Basis, so sie mehrheitlich beschlossen werden – der politischen Schwerpunkte der Arbeiterkammer. Auch die AUGE/UG hat wieder etliche Anträge eingebracht. Unter anderem zur Finanzmarktkrise. Etwa zum Bankenrettungspaket, das uns so gar nicht schmeckt:
Im Unterschied zu den meisten anderen europäischen Ländern ist nämlich eine Hilfe der krisengeschüttelten Banken – etwa ein Kapitalzuschuss aus öffentlichen Mitteln – kaum an Bedingungen und Auflagen genknüpft. Und wenn, sind diese ausgesprochen schwach und „Kann“-Bestimmungen.

In Deutschland ist da schon einiges geschehen: so wird das Einkommen von Spitzenmanagern bei Inanspruchnahme staatlicher Hilfen auf € 500.000 beschränkt, wird die Ausschüttung von Dividenden während der Sanierungsphase untersagt, unterliegt der Fonds der Kontrolle des Rechnungshofs. Nicht so in Österreich.
In Grossbritannien werden Banken nur gestützt, wenn sie die Häuslbauer vor den Folgen der Krise schützen. Nicht so in Österreich: da gibt es keinen Schutz für Häuslbauer, denen Fremdwährungskredite mit riskanten Tilgungsträger, die vielfach inzwischen nichts mehr wert sind, aufgeschwatzt worden sind. Schutz vor Zwangsversteigerungen als Folge der Krise? Aber woher.

ÖGB-Chef Hundstorfer, möglicherweise künftiger Sozialminister(!!!), fand im Rahmen des ÖGB-Bundesvorstandes das Paket übrigens ganz toll. Wir nicht. Er immer noch.
Der Rest der ÖGB-FunktionärInnen hüllt sich in Schweigen. Das muss durchbrochen werden.

Viele von den ÖGBlerInnen sitzen auch in der AK. Darum – wenn auch nicht nur deshalb – drei Initiativen in der AK-Vollversammlung zur Finanzmarktkrise: Eine zum Bankenpaket, eine zum Schutz von KreditnehmerInnen, eine zu dringend notwendigen Reformen auf EU-Ebene:
Schluss mit Steueroasen, her mit Spekulationssteuern, und keine riskanten Finanzmarktprodukte mehr. Anträge werden zwei Wochen vor der Vollversammlung eingebracht. Das überraschende: kein Antrag zur Finanzmarktkrise seitens der FSG, der satten Mehrheitsfraktion in der Arbeiterkammer.
Krise verschlafen? Nun, gehört hat frau/mann ja wirklich nichts von der AK und ihrem Präsidenten. Nichts zum Bankenpaket, nichts zu den in Nöten geratenen KreditnehmerInnen, … ja praktisch nichts. Nicht relevant für ArbeitnehmerInnen? Was dann eigentlich? Böse Zungen behaupten ja, die noble Zurückhaltung hätte sich die AK auf Grund schwieriger Koalitionsverhandlungen auferlegt. Und weil die ÖVP nun mal keine harten Auflagen will und sich nach wie vor ziert, soll sie nicht allzusehr verärgert werden. Von einer „rot“ dominierten AK …

Überraschung: ein Tag vor der AK-Vollversammlung.
Ein Antrag der FSG zur Finanzmarktkrise trudelt ein. Ein „Dringlichkeitsantrag“, acht Seiten stark. Wochen hindurch nicht dringlich, jetzt schon. Ganze Satzstellungen und Forderungen kommen uns ausgesprochen bekannt vor. Nun, wir haben ja nichts dagegen, wenn unserer Positionen sich auch in Forderungspaketen der AK wiederfinden. 🙄 So soll’s ja sein. Wir waren immer schon gerne Vor- und QuerdenkerInnen. Auch wenn’s meist nicht belohnt war.

Die AK-Vollversammlung tagt. Karl Aiginger, WIFO-Chef referiert zu Folgen der Finanzkrise, zur Wirtschaftskrise, zu Wegen aus der Wirtschaftskrise. Sieht jetzt ein offenes Fenster für die längst überfällige Einführung einer „Finanztransaktionssteuer“ – der guten alten Tobin-Tax, gegen die ja keiner mehr ernsthaft was haben dürfte.

Der AK- Präsident spricht zu uns. Herbert Tumpel erläutert die wirtschaftspolitische Lage. Spricht davon, dass es dringend Regulierungen bräuchte. Dass die AK immer vor Folgen des neoliberalen Privatisierungs-, Deregulierungs- und Liberalisierungswahns gewarnt hätte. Spricht davon, dass öffentliche Gelder wohl nur für wirklich volkswirtschaftlich wichtige Finanzinstitute aufgewendet werden dürften. Dass es ohne Auflagen nicht ginge. Spricht von den dramatischen Folgen für KreditnehmerInnen. Schimpft auf die Manager. Und so weiter. Und so fort.
Richtige und wichtige Punkte wurden angesprochen. Warum allerdings erst jetzt? Warum nicht einige Wochen zuvor? Warum vor so einer eingeschränkten Öffentlichkeit? Warum hat es der AK am Höhepunkt der Diskussion um das Bankenrettungspaket die Stimme verschlagen? Warum haben FSGler im Parlament Anträge der Grünen zu KreditnehmerInnenschutz, zu Managerhaftung, zur Börsenumsatzsteuer abgelehnt? Warum, warum, warum …

Übrigens unsere Finanzmarkt-Anträge wurden zugewiesen. D.h. sie wurden nicht abgelehnt und werden in den entsprechenden Ausschüssen in der AK bearbeitet. Zustimmen wollten sie dann doch – noch -nicht. Wir haben jedenfalls gerne für die FSG vorgearbeitet … Hier gibt’s unsere Anträge als Download.

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