Die Freiheitlichen und das „Weihnachts“-Geld: Die Lohn- und Sozialdumper reiten wieder!
30. November 2016 von adminalternative
In ihrem unstillbaren Bedürfnis, Menschen anderen Glaubens und nicht-österreichischer Herkunft möglichst viel Bösartigkeiten anzutun, haben die Freiheitlichen – genauer gesagt ihre „ArbeitnehmerInnen“-Gruppe – neuerdings das „Weihnachtsgeld“ entdeckt. Sie stellen die Frage, ob denn jene, die christliche Bräuche und Feste ablehnen auch „Weihnachtsgeld“ bekommen sollen.
„Ist Weihnachtsgeld für Moslems ein Widerspruch?“, ließen also vor einigen Tagen die neuerdings von geradezu christlichem Eifer beseelten Freiheitlichen Arbeitnehmer OÖ auf facebook fragen. Zwei Anworten standen dabei zur Wahl: Ja, weil dasWeihnachtsgeld schließlich allen zustehen würde, die hier arbeiten. Oder – schon viel mehr dem freiheitlicher Jargon entsprechend: „Sonst sind sie auch gegen alle christlichen Bräuche, sollen sie auch auf das Weihnachtsgeld verzichten.“ Das zur Frage zusammengebastelte Bildchen sollte ganz offensichtlich jeden Zweifel an der „richtigen“ Antwort beseitigen …
Weihnachtsgeld, Kollektivverträge und ihr Wirkungsbereich
Nun mit einem „christlichen“ Fest oder kirchlichen Traditionen bzw. Brauchtümen hat das umgangssprachlich als „Weihnachtsgeld“ (Weihnachtsrenumeration) bezeichnete 13. Monatsgehalt natürlich rein gar nichts zu tun. Vielmehr ist es eine gewerkschaftliche Errungenschaft – wie auch das 14. Monatsgehalt, das „Urlaubsgeld“ – und als solche in Kollektivverträgen verankert. Es ist also kein Gesetz und kein Geschenk, schon gar keines vom „Christkind“.
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Da Kollektivverträge „Aussenseiterwirkung“ haben, gelten diese für alle ArbeitnehmerInnen, für die selbiger abgeschlossen wurde (in der Regel nach Branchenzugehörigkeit), unabhängig davon, ob sie Gewerkschaftsmitglieder sind oder nicht, vor allem aber auch unabhängig von der Herkunft und natürlich erst recht unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Der Kollektivvertrag gilt für alle gleichermaßen unabhängig davon ob er/sie will oder nicht. Und jedenfalls unabhängig davon, ob es nun blauen „ArbeitnehmerInnenvertreterInnen“ passt oder nicht. Da können sie hundertmal in facebook darüber abstimmen lassen.
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Und: Das „Weihnachtsgeld“ dient nicht zuletzt insbesondere der durch und durch weltlichen Finanzierung von Geschenken und Winterurlauben rund um die Weihnachtsfeiertag und Neujahr und ist somit eine wichtige Konsum- und Konjunkturstütze. Eine Streichung des 13. Monatsgehalts – auch nur für bestimmte ArbeitnehmerInnengruppen – käme somit einer Lohnkürzung gleich, würde die Kaufkraft schwächen und hätte damit negative Auswirkungen auf Konsum und Konjunktur. Und natürlich wäre eine Lohnkürzung eine Umverteilung von Arbeit hin zu Kapital. Eine Lohnkürzung für bestimmte ArbeitnehmerInnengruppen – etwa aufgrund ihres religiösen Hintergrundes – wäre zusätzlich eine Form des Lohndumpings. Was allerdings bei der angeblich „sozialen Heimatpartei“ nichts wirklich Neues wäre, sondern schlichtweg Programm.
FPÖ: Lohn- und Sozialdumping als Programm
Kaum eine Partei steht so stark für eine Politik des institutionalisierten, verrechtlichten Lohn- und Sozialdumpings wie die FPÖ. Die FPÖ verfolgt dabei einerseits eine „Apartheid“-Sozialpolitik – also eigene Sozialversicherungen mit entsprechend schlechteren Leistungen für ausländische Arbeitskräfte. Andererseits will sie ausländische Beschäftigte sozial- und arbeitsrechtlich – und wie es scheint neuerdings auch in Sachen Löhne – schlechter stellen als ÖsterreicherInnen. Die FPÖ argumentiert diese Schlechterstellungen unter dem Titel der „Unfinanzierbarkeit des Sozialstaats“ aufgrund Zuwanderung sowie als notwendige Maßnahmen zum „Schutz österreichischer ArbeitnehmerInnen“ und ihrer Arbeitsplätze.
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Tatsächlich würde die FPÖ mit ihren Vorschlägen – würden sie umgesetzt – aber eine Lohn- und Sozialdumpingspirale nach unten in Gang setzen und die Entrechtung der ArbeitnehmerInnen insgesamt vorantreiben. Warum?
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„Gastarbeiter-Sozialversicherung“
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Die FPÖ fordert etwa eine eigene Krankenversicherung für AusländerInnen, eine „Gastarbeiter-Sozialversicherung“, wie sie HC Strache in einer Parlamentsrede vom 6. Juni 2007 nannte. In diese sollten alle ausländisch Beschäftigten in Österreich einzahlen und diese sollte lediglich eine „medizinische Grundversorgung“ garantieren und das „zeitlich befristet“. Was würde das bedeuten?
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- Nun, zuallererst würden die Gebiets-Krankenversicherungen Einnahmen im Milliardenhöhe verlieren. AusländerInnen zahlen nämlich – wie zuletzt wieder vom Sozialministerium bestätigt – deutlich mehr Sozialversicherungsbeiträge ein, als sie herausbekommen. Nämlich rund doppelt so viel (4,5 Mrd. Euro SV-Beiträge, 2,1 Mrd. Euro Leistungen aus SV). Den „österreichischen“ Sozialversicherten würden also fast 2,5 Mrd. Euro an SV-Beiträgen fehlen! Ein klassischer „Knieschuss“ für die vermeintlich vor „ausländischem“ Sozialschmarotzertum zu schützenden ÖsterreicherInnen …
- Zusätzlich müssten Versicherungsbeiträge in die „Gastarbeiter-Sozialversicherung“ natürlich auch geringer ausfallen soll doch nur eine „Grundversorgung“ sichergestellt werden.Was das „zeitlich befristet“ in diesem Zusammenhang bedeuten soll bleibt vorerst unklar. Zurück zu den Beiträgen: niedrigere Leistungen bedingen niedrigere Beiträge (nach dem „Versicherungsprinzip“ und dem „Gleichheitsgrundsatz“). Das würde allerdings bedeuten, dass ausländische ArbeitnehmerInnen im Vergleich zu österreichischen Beschäftigten den ArbeitgeberInnen viel billiger kämen – würden diese doch entsprechend geringere Arbeitgeber-Beiträge leisten müssen. Das wäre institutionalisiertes Lohndumping! Dabei bleibt es allerdings nicht.
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(Nicht-)Arbeitslosenversicherung für (EU-)AusländerInnen
Der FPÖ schwebt nämlich auch eine eigene Arbeitslosenversicherung für AusländerInnen vor. Wobei: eigentlich wollen sie ArbeitsmigrantInnen – zumindest Neuankömmlinge – gar nicht mehr gegen Arbeitslosigkeit versichern. In einem Standard Interview vom 18. April 2016 hielt Hofer fest, er – bzw. die FPÖ – wolle eine „Sozialversicherung für Gastarbeiter ohne Arbeitslosenversicherung“ schaffen. Menschen, die nicht schon mehrere Jahre – wie viele bleibt Hofer schuldig – in Österreich gearbeitet und ins AMS einbezahlt hätten, sollten auch keine Leistungen daraus beziehen. Eine Regelung, die auch für EU-AusländerInnen gelten sollten. Würde diese Forderung umgesetzt hätte sie dramatische Auswirkungen auf die ArbeitnehmerInnenschaft insgesamt:
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- AusländerInnen, die arbeitslos würden, stünden plötzlich vor dem Nichts. Da mit dem Verlust von Arbeit und Einkommen vielfach auch der Verlust des Aufenthaltstitels einhergeht, würden arbeitslos MigrantInnen in die Illegalität gedrängt und würden – um überleben zu können – einer nicht regulären, unzureichend oder gar nicht sozial- wie arbeitsrechtlich abgesicherten Beschäftigung nachgehen müssen, was natürlich den Druck auf Löhne und reguläre Beschäftigungsverhältnisse erhöhen würde. Gleichzeitig würden AusländerInnen aus Angst um Verlust des Arbeitsplatzes und damit von jeglichem Einkommen und dem damit drohenden Aufenthaltsverlust wohl viele zustehende Rechte nicht wahrnehmen (bezahlter Krankenstand, bezahlte Überstunden, ArbeitnehmerInnenschutz …) um ihren Job – und damit Existenzgrundlage und Aufenthaltsberechtigung – nicht zu verlieren. Auch so würden reguläre Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen unter Druck geraten, v.a. aber würde die Spaltung der ArbeitnehmerInnen noch verstärkt.
- Ebenfalls nachvollziehbarer wird nun auch, was im Zusammenhang mit einer „Gastarbeiter-Sozialversicherung“ die „zeitliche Befristung“ von Gesundheitsleistungen bedeuten würde: Arbeitslose, die eine Leistung aus dem AMS beziehen sind ja krankenversichert. AusländerInnen, die als Arbeitslose keine Leistungen aus dem AMS beziehen, weil nicht versichert, hätten dagegen wohl keinerlei Ansprüche auf Leistungen aus „ihrer“ Krankenversicherung mehr. Die Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung, wenn breite Bevölkerungsschichten aus der Gesundheitsversorgung fallen, oder maximal nur eine unterdurchschnittliche Notversorgung erhalten würden, wären unabsehbar.
- Und einmal mehr gilt auch hier: Wer keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen kann, von dem können auch keine Beiträge verlangt werden („Versicherungsprinzip“). ArbeitgeberInnen würden sich für AusländerInnen in der „Gastarbeiter-Sozialversicherung“ gegenüber einheimischen ArbeitnehmerInnen also neben geringeren KV-Beiträgen zusätzlich noch einmal 3 Prozent an Arbeitslosenversicherungsbeiträgen ersparen. AusländerInnen würden also gegenüber österreichischen Arbeitskräften noch einmal billiger – und damit attraktiver. Was wohl zu einer Verdrängung teurer „einheimischer“ ArbeitnehmerInnen führen würde. Das alles auf Betreiben der FPÖ, der Partei, die bei jeder Gelegenheit „Österreich zuerst“ brüllt.
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Angesichts derartiger Vorschläge – zu ergänzen wären diese noch um die FPÖ-Idee, das „Saisonniermodell“ mit seiner schlechten arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung zu Niedriglöhnen noch auszuweiten – verwundert es daher auch nicht, dass die FPÖ bislang noch gegen jede gesetzliche Maßnahme zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping gestimmt hat.
Pure Absicht, Ahnungslosigkeit oder einfach nur Blödheit?
Stellt sich die Frage, ob die freiheitlichen Vorschläge vollkommener Ahnungslosigkeit, purer Absicht, reiner Bösartigkeit oder schlichtweg grenzenloser Blödheit geschuldet sind. Bei der FPÖ ist wohl eine Mischung aus purer Absicht und reiner Bösartigkeit zu vermuten. Die FPÖ ist schließlich eine rechtsnationalistische, rechtsextreme Partei und als solche der Interessenslage der ArbeitnehmerInnen nichts schuldig. Der Partei der schlagenden Burschenschafter, der deutschnationalen, akademischen Eliten und Honoratioren sind ArbeitnehmerInnen und deren Probleme schließlich herzlich wurscht, es sei denn, es geht darum, Stimmungslagen in Stimmen umzuwandeln. Zur Mehrheitsbeschaffung ist der Plebs allemal gut genug. Spätestens dann wird allerdings die große Enttäuschung einsetzen, dann, wenn es an die Zertrümmerung von Arbeiterkammern, Gewerkschaften und Kollektivverträge geht und an den Rück- und Abbau von Sozialstaat und Arbeitsrechten. Wenn sich die Honoratioren, die Spitzenverdiener, das reaktionäre Establishment selbst großzügige Steuergeschenke machen und die Armen und Ärmsten um die Brosamen streiten lassen. Wir haben es schon einmal erlebt. Wir drohen es noch einmal zu erleben, allerdings in weit schärferer und brutalerer Form. Das muss und soll jede/r wissen, der mit dem Gedanken spielt der selbsternannten „neuen“ Arbeiterpartei die Stimme zu geben.
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Bei den Freiheitlichen ArbeitnehmerInnen dürfte allerdings neben Absicht und Bösartigkeit noch ein gehörige Portion Ahnungslosigkeit und Dummheit hinzu kommen. Wenn nämlich eine Gruppe, die von sich behauptet, eine „Arbeitnehmervertretung“ (die -innen kommen bei Freiheitlichen ja nur selten vor) zu sein, ein Lohndumping in Gang setzen will – unter rassistischen bzw. fremdenfeindlichen Vorzeichen – und damit zwangsläufig den Druck auf Löhne, Arbeitsbedingungen und Beschäftigte erhöht, dann ist sie entweder ahnungslos hinsichtlich der Konsequenzen ihrer Vorschläge oder einfach nur blöd. Wenn eine „ArbeitnehmerInnenvertretung“ ernsthaft darüber abstimmen lässt, ob religiösen Minderheiten (!) kollektivvertraglich verbriefte Rechte aberkannt werden sollen, hat den Sinn kollektiver Regelungen nicht verstanden. Wer in voller Absicht die ArbeitnehmerInnenschaft anhand Kriterien wie Religionszugehörigkeit spalten will, hat den Gewerkschaftsgedanken nicht verstanden. Und der hat in der Gewerkschaftsbewegung und im ÖGB auch nichts verloren.*
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Weil es die Freiheitlichen ja neuerdings weniger mit Wotan und Odin, dafür umso mehr mit dem christlichen Abendland hat, und die Vohrweinachtszeit ja eine Zeit der Besinnung sein soll, sei ihnen, wie auch jenen, die ihnen blindlings folgen, folgende mahnende Worte Christi ins Stammbuch geschrieben:
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„Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie (harmlose) Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter keine guten …. An ihren Früchten also werden ihr sie erkennen.“ (Matthäus 7,16 – 20)
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Auf wen sollte dieses Bibelwort schließlich mehr zutreffen?
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* Aus dem ÖGB-Leitbild: „Der ÖGB will eine pluralistische Gesellschaft, in der die ArbeitnehmerInnen einen besonderen Stellenwert haben, in der Friede, soziale Gerechtigkeit sowie Chancengerechtigkeit und Gleichbehandlung der Geschlechter herrschen und in der der Sorge um eine gesunde Umwelt großes Augenmerk geschenkt wird. Der ÖGB kämpft für eine Gesellschaft in der Faschismus und Rassismus keinen Platz haben.“
Hallo Markus,
wirklich super Artikel, nur leider wissen das viele Leute nicht, was die FPÖ_Denker
da so für alle Arbeitnehmer mit ihren Ideen anrichten.
mfG
Gerhard