Falsches Sparen, falsches Verteilen und die Fiktionen des Finanzministers

… so kann – sehr verkürzt – das Resumee des aktuellen „Wettbewerbsbericht 2010“ der Arbeiterkammer zusammengefasst werden. Neben den regelmässig behandelten wettbewerbsrechtlichen Themen, widmet sich der eben vorgelegte Bericht schwerpunktmässig dem Thema „Die Krise und die Konsequenzen“ und wirft einen Blick auf die EU-weiten Budgetkonsolidierungspakete, die Umverteilung durch den Staat, die österreichischen Konjunkturpakete, die Verteilungsfrage im Agrarsektor , den Finanzmarkt und einiges mehr. Kritisch werden etwa die EU-weiten Budgetkonsolidierungspakete beurteilt:

Paradoxer Weise würde das wiederum die Rückführung der Defizite selbst gefährden, da die Arbeitslosenzahlen weiter steigen und neue Einnahmenausfälle bewirkt würden. Bereits im Jahr 2001 wurde dieser prozyklische Bias des Stabilitätspaktes durch Studien belegt und in Folge heftig kritisiert. Der damalige Kommissionspräsident Prodi hatte den Stabilitätspakt sogar als „Unsinn“ bezeichnet.
Ungeachtet dessen werden die fiskalpolitischen Empfehlungen auf europäischer Ebene bereits wieder restriktiv. (…) Bei der Art der Konsolidierung wird zudem kein Wert auf soziale Belange, Verteilungsfragen oder die Frage der Belastung der KrisenverursacherInnen gelegt. Eher im Gegenteil wird eine ausgabenseitige Konsolidierung vorgeschlagen, zT auch ganz explizit ein Abbau des Sozialstaates verlangt (zB Pensionen).

(Christa Schlager, AK-Abteilung Wirtschaftswissenschaften)

Der Umverteilung durch den Staat widmet Alois Guger, WIFO, seinen Beitrag und kommt zum Schluss, dass die regressive Steuer- und Abgabenstruktur das Umverteilungspotential dämpft:

Die Umverteilungseffizienz ist aber sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite unterdurchschnittlich, da den progressiven Steuern eine vergleichsweise geringe Bedeutung zukommt: Während der Anteil der Einkommen- und Ertragsteuern im Durchschnitt der EU-15 34,1% und jener der Vermögensteuern 5,6% des gesamten Steueraufkommens beträgt, ist in Österreich der Anteil dieser progressiven Abgaben mit 28,8% bzw 1,4% deutlich niedriger. Sozialabgaben, die durch die Höchstbeitragsgrundlage regressiv wirken, haben dagegen mit 34,5% (EU-15: 28,1%) in Österreich den größten Anteil am Abgabenaufkommen.(…)

Nach den vorliegenden Daten sind die Abgaben auf Lohneinkommen nicht nur deutlich höher als auf Gewinn- und Besitzeinkommen, sondern auch stärker gestiegen (…)

Der Beitrag „Konjunkturpakete 2009: Facts & Fiction“ (Georg Feigl, AK-Abteilung Wirtschaftswissenschaften) kommt – entgegen der vollmundigen Ankündigungen unseres Finanzministers – zum gleichen Schluss, der hier am Blog schon in diversen Beiträgen zu lesen war:

Die Konjunkturmaßnahmen der Österreichischen Regierung schneiden daher in qualitativen Vergleichen eher schlecht ab, weil sie im internationalen Vergleich einen der höchsten Anteile an Steuersenkungen, aber einen nur unterdurchschnittlichen Anteil an Investitionen in F&E bzw Infrastruktur aufweisen. (…) Mehr Investitionen auf kommunaler Ebene – etwa ein Ausbau der Schulen, Kinderbetreuungsplätze oder der Pflegeinfrastruktur wären kurzfristig wirksam, mittelfristig notwendig und langfristig wachstumsfördernd. In Österreich war der Anteil dieser und ähnlicher Maßnahmen im europäischen Vergleich ebenso unterdurchschnittlich wie jener der auf eine Ökologisierung der Wirtschaft abzielenden Investitionen.

Einem weiteren im „Wettbewerbsbericht“ behandelten Thema, dem „Agrarsektor und die Verteilungsfragen in der Krise“, widmen wir ob seiner tagespolitischen Aktualität einen eigenen Blogbeitrag.

Der 256 Seiten starke Bericht hat natürlich noch weit mehr zu bieten. Wen’s interessiert, der/die kann ihn sich hier downloaden.

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