Freiheitliche Arbeitnehmer: widersprüchlich.asozial.ungerecht

Die Freiheitlichen Arbeitnehmer, die in der Regel glücklicherweise eher durch Schweigen auffallen – vor allem im ÖGB-Bundesvorstand und wir sind ihnen dafür aufrecht dankbar – haben neuerdings die Presseaussendung als politisches Kommunikationsmittel entdeckt.
Zwei Stück von ihnen, freiheitliche Betriebsräte bei der VOEST haben dieses, für sie „neue Medium“ nun genutzt, um gegen den Leitantrag zum ÖGB-Bundeskongress zu polemisieren. Dieser wäre

widersprüchlich.asozial.ungerecht“.

Nun, Kritik an diesem Leitantrag gibt es auch aus alternativgewerkschaftlicher, unabhängiger Sicht. Die Punkte, die seitens der Rechtsaußenfraktion im ÖGB und in der AK als ablehnenswürdig herausgegriffen werden, belegen allerdings einmal mehr das gewerkschaftspolitische Verständnis des FPÖ-Arbeitnehmerflügels.
Einmal mehr zeigt sich, dass tatsächlich alles, was mit FPÖ-„freiheitlich“ beginnt, „widersprüchlich.asozial.ungerecht“ ist.

FA: klares JA zu Lohndumping und Nicht-Integration
Die Blauen wettern besonders gegen den im ÖGB-Leitantrag verankerten leichteren Zugang von AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt. Dieser sei „eine Kampfansage gegen die fleißigen heimischen Arbeitnehmer.“ Der ÖGB „…bettelt gerade darum, dass die Unternehmen mit der Arbeitsmarktzulassung für Asylwerber das Lohndumping eröffnen sollen.

Das ist natürlich Nonsens:
Der legalisierte Zugang von AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt wär das genaue Gegenteil von Lohndumping. Wer eine Arbeitserlaubnis hat, sich am Arbeitsmarkt legal bewegen kann, wird zu gesetzlichen bzw. kollektivvertraglichen Bedingungen angestellt, inkl. jedenfalls gültiger kollektivvertraglicher Mindestentlohnung. Die Illegalisierung am Arbeitsmarkt führt zu Lohndruck, weil illegal Beschäftigte natürlich nicht ArbeitnehmerInnenrechte – weder gesetzliche noch kollektivvertragliche – in Anspruch nehmen können, aus Angst Job und damit auch (Dumping)Einkommen zu verlieren.
Sie sind der Lust und Laune der Beschäftiger ausgesetzt, vollkommen entrechtet, kommen billiger als legale Arbeitskräfte.

Steigt die Zahl illegal Beschäftigter – vor allem in Niedriglohnbranchen – bzw. gibt es eine „Reservearmee“ an rechtlosen „Illegalen“, drückt das natürlich auf Löhne, Arbeitsverhältnisse, Arbeitsplätze legal Beschäftigter.
Das sagt eigentlich der Hausverstand. Der ist bei den F-lern allerdings nur selten daheim …

Die altbekannte dümmlich-verlogene Eskalationsstrategie
Der Zugang der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) entspricht vielmehr freiheitlicher Logik, einer Eskalationsstrategie, die widersprüchlicher, asozialer und ungerechter nicht sein kann, aber nach wie vor bei Wahlen höchst Erfolg versprechend ist.

  1. Man wettert gegen die „arbeitsscheuen“ AsylwerberInnen, die von den Steuerzahlern, den brav arbeitenden fleißigen ÖsterreicherInnen, durchgefüttert (Grundversorgung) werden müssen. Man agiere dabei mit Zahlen, die vorne und hinten nicht stimmen, dafür allerdings für Empörung sorgen.
  2. Man tue dabei allerdings alles – wie die Freiheitlichen Arbeitnehmer in diesem Falle – dass der Zugang zum Arbeitsmarkt und damit zu einem existenzsichernden Einkommen – und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist eine ganz wesentlicher Schritt zur gesellschaftlichen Integration, wie sie ja ständig – auch von den Freiheitlichen – scheinbar eingefordert wird – verunmöglicht wird.
    Dazu schiebt man Argumente wie „Lohndumping“ vor. Schließlich sollen „arbeitscheue“ AsylwerberInnen, auch „arbeitscheu“ bleiben, sei es auch höchst unfreiwillig, damit die kochende Volksseele weiterkoche. Die Regierenden hüten sich, ob der vermeintlichen oder tatsächlichen Empörung im Volke und damit einhergehender drohender Wahlverluste, auch nur irgendetwas zu machen, die soziale Lage der AsylwerberInnen zu verbessern.
  3. Man dränge einen Teil der AsylwerberInnen damit sukzessive, da deren soziale und finanzielle Lage höchst prekär ist und immer hoffnungsloser wird, sie gleichzeitig zu sinntötendem und aggresionsförderndem Nichtstun verdammt sind, in den illegalen Einkommenserwerb. Etwa in Beschäftigungsverhältnisse ohne rechtlichen, kollektivvertraglichen Schutz – weil eben illegal – oder gar in die Kleinkriminalität.
    Illegalisierung von Beschäftigung führt so tatsächlich zu Lohndumping und Verdrängung von legalen Arbeitsverhältnissen am Arbeitsmarkt, wachsende Kleinkriminalität zu Unsicherheitsgefühl.
    Das hat prinzipiell einmal gar nichts mit Asylpolitik oder AsylwerberInnen zu tun, sondern ist ein Phänomen in allen Gesellschaften mit hoher bzw. steigender Arbeitslosigkeit – dass eben breite Teile der Bevölkerung in Armut rutschen, längere Arbeitslosigkeit zusätzlich zermürbt, Aggressivität zunimmt und damit Kriminalität und die Illegalisierung von Beschäftigungsverhältnissen.
  4. Und damit haben Freiheitliche und Rechtsextreme aller Schattierungen auch das erreicht, was sie immer haben wollten – unter Vorgabe genau das verhindern zu wollen, „um die fleißigen, österreichischen Menschen“ zu schützen. Nun kann so richtig munter auf kriminelle AsylwerberInnen, welche in illegalen Beschäftigungsverhältnissen fleißige, anständige ArbeitnehmerInnen österreichischer StaatsbürgerInnenschaft von ihren Jobs verdrängen, losgehetzt werden. Dass genau diese Freiheitlichen und andere Rechtsextreme also genau diejenigen, die permanent davon sprechen, dass sich ZuwanderInnen, AsylwerberInnen etc. „anpassen“ und „integrieren“ müssten, dass es nicht angeht, dass sie „auf der Tasche der Österreicher“ liegen und „Geld fürs Nichtstun“ bekommen, für diese Zustände verantwortlich sind, diese ganz bewusst herbeiführen, weil derartige Zustände die politische Geschäftsgrundlage für rechtsextreme Wahlerfolge und einen entsprechenden gesellschaftlichen Kurswechsel in finsterste Zeiten sind, wird nicht wahrgenommen. Schon gar nicht von der empörten Volksseele, die dann genau die Verursacher dieser Verhältnisse auch noch wählt.

Die Programmatik der „Freiheitlichen“ spricht Bände, gegen Arbeitnehmer
Rechtsextreme Parteien und ihren Anhängseln in Gewerkschaften, Kammern, wo auch immer hat das Schicksal von armutsbedrohten Menschen oder ArbeitnehmerInnen noch nie interessiert. Wer einen Blick in deren Programme wirft, entdeckt bald, wie asozial, widersprüchlich und ungerecht diese sind. Das tut sich halt kaum ein/e WählerIn der Rechten tatsächlich an.
Gnade dieser/diesem WählerIn, die Freiheitlichen wären an der Macht und könnten ihr Programm verwirklichen. Dann gäbe es nämlich für so manche/n Arbeitslose/n, ArbeiterIn, Angestellten etc. ein ausgesprochen böses Erwachen.

Hier ein Auszug aus dem FPÖ-Programm „Faire Marktwirtschaft“:

Artikel 1 (…) (4) Eine umfassende Deregulierung des Wirtschaftslebens steigert die Wettbewerbfsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft, sichert ihr Gedeihen und schafft Arbeit.

(5) Eine umfassende Deregulierung des Wirtschaftslebens wird als Garant für die Prosperität der österreichischen Wirtschaft und Stabilität des Arbeitsmarktes angestrebt.
Artikel 3: Faire Marktwirtschaft bedeutet Chancengerechtigkeit für den ungeschützten gegenüber dem privilegierten Wirtschaftsbereich. Dies erfordert die Herstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen. Faire Marktwirtschaft schließt das Vorhandensein von privilegierten Gruppen und Monopolen, die parteipolitische Beherrschung ganzer Wirtschaftszweige, die Funktionärsherrschaft in den Bereichen der Sozialversicherung, der öffentlichen Wirtschaft und des verpolitisierten Bankensektors aus.
(1) Die Freiheitliche Bewegung versteht sich als Anwalt der Erwerbstätigen im nichtgeschützten Bereich. Es widerspricht dem Grundsatz der Fairneß, daß der Großteil der Erwerbstätigen allen wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt ist, während andere in privilegierter Stellung zu Lasten der Leistungsträger im geschützten Bereich tätig sind.
(2) Unter geschütztem Bereich sind der öffentliche Sektor und die staatlichen Unternehmungen zu verstehen. Dazu zählen auch der Mediensektor, der Großteil des gemeinnützigen Wohnbaues, halbstaatliche Versicherungsunternehmen und Banken, öffentlich subventionierte „Non-profit-Organisationen“ und dergleichen. In diesem Bereich werden Private systematisch benachteiligt.
(…)
(6) Durch echte Privatisierung, durch den Rückzug der politischen Parteien und Verbände aus der Wirtschaft, durch die Reduzierung des Einflusses der Interessensvertretungen und durch ihre Beschränkung auf ihre eigentlichen Aufgaben soll die Herrschaft der Parteifunktionäre in der staatsnahen Wirtschaft abgeschafft werden.

Artikel 4: Faire Marktwirtschaft strebt eine Unternehmenskultur an, in der Betriebsverfassungen und Beteiligungsmodelle eine verantwortliche Partnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln.
(1) Statt fremdbestimmter Unternehmensentscheidungen durch Kammern und Verbände wird eine von verantwortlicher Partnerschaft getragene Unternehmenskultur angestrebt, die insbesondere über Betriebsverfassungen verwirklicht wird. Diese Beteiligungsmodelle sollen die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter erhöhen und deren Leistungsbereitschaft steigern.
(2) Unternehmensverfassungen im Sinne betrieblicher Partnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gebührt eine Aufwertung gegenüber zentralistisch-bürokratischen Kollektivvereinbarungen. Kollektivverträge sollen nur noch Vertrags-Bausteine über Löhne, Arbeitszeit und Sozialleistungen usw. regeln, die im Rahmen der Unternehmensverfassungen nach den konkreten Umständen im Unternehmen durch Betriebsvereinbarungen zusammengestellt werden.
(3) Kammern und Verbände sind auf ihre Kernaufgaben zu beschränken und durch freiwillige Mitgliedschaft zu bilden. Die Kontrollrechte ihrer Mitglieder sind zu verstärken.“

Ja, liebe/r WählerInnen der FPÖ, das steht euch bevor:
… vollkommene Deregulierung der Märkte – sprich auch der Arbeitsmärkte. Arbeit soll noch mehr Ware werden, noch verfügbarer für den Arbeitgeber sein, noch mehr entrechtet werden, Kollektivverträge ausgehebelt und viel mehr auf die betriebliche Ebene verlagert werden, wo Interessen und Widerstand viel schwerer organisierbar und durchsetzbar sind.

Kein Wunder, dass die Freiheitlichen auch gegen die Mindestsicherung wettern. Ihr sollt in Elend und Abhängigkeit verharren, denn davon profitieren sie.
Sie sagen das ganz offen: wer würde noch Zeit, Energie etc. aufwenden, um einem (u.U. miesen) Teilzeitjob nachzugehen, wenn es Mindestsicherung gäbe. Nun, sie haben das Konzept Mindestsicherung nicht verstanden. Und wenn doch, entlarven sich die Freiheitlichen wieder einmal herrlich selbst: sie wollen Armut, sie brauchen Armut, sie brauchen soziale Unsicherheit. Auch das ist ihre Geschäftsgrundlage um Neid, Missgunst etc. zu säen, auf denen dann ihre Frucht aufgeht.

Ja, und echte Privatisierung steht euch bevor: freut auch auf privatisierte Gesundheits- und Sozialsysteme, die ihr euch nicht mehr leisten könnt. Dafür dürft ihr dann beobachten, wie MigrantInnen schikaniert und noch weiter entrechtet werden – damit euer Elend erträglicher wird, weil das Elend der anderen noch schlimmer ist. Dass ist die „Freiheit“ die sie meinen.

Das ist freiheitliche ArbeitnehmerInnenpolitik. Widersprüchlich. Asozial. Ungerecht.

Kommentar zu „Freiheitliche Arbeitnehmer: widersprüchlich.asozial.ungerecht“

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