Glyphosat – leere Versprechen der Bundesregierung?


Glyphosat ist das meistverwendete Unkrautvernichtungsmittel. Es wird im Forst, in der Landwirtschaft, im öffentlichen Raum, wie etwa in Parkanlagen und in privaten Gärten, verwendet. Aufgrund der weit verbreiteten Anwendung von Glyphosat ist es praktisch unvermeidbar, dass Menschen direkt oder über die Nahrungskette mit dem Wirkstoff in Kontakt kommen. Und das ist ein Problem. Denn die internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Glyphosat als bei Tieren „krebserregend“ und bei Menschen „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Dennoch hat sich, nach langem Tauziehen, eine Mehrheit der EU-Staaten für eine Verlängerung der Einsatz-Genehmigung des Pflanzengiftes ausgesprochen und den Weg frei gemacht für weiter fünf Jahre Glyphosat auf dem Acker, auf öffentlichen Grünflächen und im privaten Garten.

Mitte Dezember 2017 verlautbart der Kanzler (damals in spe) über die Kronenzeitung, auf sein Drängen hin sei „ein Fahrplan für ein „Glyphosat-Verbot in Österreich“ festgelegt worden“. Dieser Fahrplan erinnert mich inzwischen ein wenig an einen Fahrplan, den ich vor längerer Zeit auf einer Berghütte gesehen habe. Dort waren keinerlei Zeiten eingetragen, da natürlich kein Bus seinen Weg in die alpinen Höhen finden würde.

Während Italien bereits 2016 den Einsatz von Glyphosat im öffentlichen Raum eingeschränkt, Frankreich diesen mit Jänner 2017 im öffentlichen Raum verboten hat, Belgien den Verkauf von Glyphosat an nicht-professionelle Anwender*innen untersagt und damit den Privatgebrauch ausschließt, warten wir in Österreich auf irgendeinen Schritt der Bundesregierung.

Am 13.12.2017 hat sich die Bundesregierung durch einen Antrag des Bauernbundpräsidenten und ÖVP-Landwirtschaftssprecher Georg Strasser und des blauen Umweltsprechers Walter Rauch auffordern lassen, „eine nationale Machbarkeitsstudie und einen Aktionsplan für einen Ausstieg von Glyphosat“ in Auftrag zu geben. Dieser Antrag wurde dem Landwirtschaftsausschuss zugewiesen und ist bis heute nicht einmal beschlossen. Die Studie wurde jedoch in Auftrag gegeben und dient seitdem als Argument für Untätigkeit, man müsse das Ergebnis abwarten.

Nicht nur Stillstand in Sachen Glyphosat

Durch die Greenpeace-Aktion „Meine Gemeinde – glyphosatfrei“ haben sich inzwischen bereits 632 Gemeinden in ganz Österreich dazu verpflichtet, im eigenen Wirkungsbereich kein Glyphosat einzusetzen. Im Jänner 2018 nahm das Land Kärnten die Debatte rund um Glyphosat zum Anlass um den Einsatz von Pestiziden im öffentlichen Raum generell zu verbieten. Daher: Auf Flächen in Parks, bei Schulen, etc. wird in Kärnten kein Glyphosat mehr versprüht. Im Dezember vergangenen Jahres hat die EU-Kommission der Kärntner Landesregierung grünes Licht für ein Verbot von gefährlichen Pestiziden im Haus- und Gartenbereich gegeben. Dazu zählt auch das umstrittene Pflanzengift Glyphosat.

Umstrittene Gefahr Glyphosat?

Die chemische Industrie zitiert gern zwei Zahlen. 3.300 Studien würden die Unbedenklichkeit von Glyphosat beweisen, nur eine einzige Studie hingegen ein Krebspotenzial erkennen. Das klingt nach einem überwältigenden wissenschaftlichen Konsens, ist aber schlicht eine Falschdarstellung. Studien, die auf Gefahren von Glyphosat hinweisen gibt es nämlich viele. Die „eine Studie“, auf die sich die chemische Industrie bezieht, stuft Glyphosat als bei Tieren „krebserregend“ und bei Menschen „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Durchgeführt wurde sie durch die internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das sind DIE Expertinnen und Experten für Krebsforschung der WHO und nicht weniger. Es war dieselbe Organisation, die Anfang der Nuller-Jahre als erstes Passivrauchen als krebserregend eingestuft hat – damals unter empörten Protesten der Tabakindustrie.

Wie weiter?

Die Ankündigung von Sebastian Kurz, „2019 arbeiten wir im selben Tempo für Österreich weiter“, ist zumindest in Bezug auf das Pflanzengift Glyphosat erschreckend. Anstatt Handlung vorzutäuschen und in Wirklichkeit einfach abzuwarten, ist es an der Zeit, wirksame Schritte zum Schutz der Umwelt und unser aller Gesundheit zu setzen.
Durch die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat auf EU-Ebene mussten bis Dezember vergangenen Jahres für alle Glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel Verlängerungen beantragt werden, sonst wäre die Zulassung ausgelaufen. 30 solcher Anträge wurden beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) eingebracht.
Ein erster Schritt raus aus Glyphosat könnte es sein, dass BM Köstinger das, ihr weisungsgebundenen Bundesagentur für Ernährungssicherheit, anweist, keine Verlängerung für Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel auszusprechen und zumindest die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie abzuwarten. Sonst nehmen wir uns selbst die Spielräume, die uns die Studie eröffnen sollen und das Abwarten der Bundesregierung wird zur völligen Farce.

Jens Karg arbeitet seit fast 20 Jahren im Umweltbereich

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