Krisenbewältigung: Keine neuen Steuern?

Wie der Teufel das Weihwasser scheuen derzeit die Regierungen eine Diskussion um Steuererhöhungen zur Bewältigung der wachsenden Budgetdefizite. Brauchen wir nicht, wäre kontraproduktiv, wir sparen bei uns, nur über unsere Leiche … etc. wird da dahergebrabbelt. Aus dem „keine höheren Steuern“ bzw. „keine neuen Steuern“ Geschwafel bricht nun
Spanien aus. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Zapatero hat eine Anhebung der Steuern angekündigt. Die Steuererhöung soll moderat, im Höchstfall 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Die Krisenbewältigung muss schließlich irgendwie finanziert werden. Wie nicht anders zu erwarten schäumt natürlich die konservative Opposition. Offen ließ Zapatero allerdings bislang, welche Steuern denn erhöht werden sollten.

Zapatero hat es als erster Regierungschef aufgegeben, seiner Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen. In Resteuropa ist frau/mann noch nicht so weit. Auch in Österreich. Dort will die ÖVP und ihr Chef Pröll – wie nicht anders zu erwarten – von Steuererhöhungen gar nix wissen, SPÖ-Faymann ist da nicht anders. Maximal kann sich Faymann noch eine Vermögenszuwachssteuer in ferner Zukunft vorstellen und will sich in der EU – gemeinsam mit seinem konservativen Regierungspartner – für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen. Alles nur schön abschieben auf eine Ebene, die dann für das eigene Versagen verantwortlich gemacht werden kann. „Keine neuen Steuern“, versprechen sie uns. Gut. Dann halt keine neuen Steuern. Denn mit „alten“ Steuern wäre auch schon einiges möglich.

Beispiel Lohn- und Einkommenssteuer:

  • die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 50 % auf 55 % ab einem Einkommen von Euro 140.000/Jahr brächte alleine bei den Lohneinkommen zusätzliche Einnahmen von rund 130 Millionen Euro. Sozial garantiert treffsicher. Trifft nur die reichsten paar Prozent.

  • Würde die steuerliche Begünstigung des 13./14. Monatsgehalts ab einem Einkommen von Euro 100.000/Jahr gestrichen werden, brächte das rund 120 Millionen Euro.

  • Würde das Schieben der Steuergrenze, ab der ein Steuersatz von 50 % gilt wieder von 60.000 Euro Bemessunggrundlage/Jahr wieder auf 51.000 Euro/Jahr zurückgenommen – das trifft auch nur ein paar wenige Prozent der SteuerszahlerInnen, brächte das geschätzte 120 Mio. Euro.

In Summe 370 Millionen Euro an Steuereinnahmen, die nur die reichsten Treffen. Definitiv keine neuen Steuern sondern nur eine Steuertarifreform. Müßte also gar kein Versprechen gebrochen werden.

Beispiel vermögensbezogene Steuern:

  • Eine Wiederbelebung einer reformierten Erb- und Schenkungssteuer, die kleine und mittlere Erbschaften und Schenkungen steuerfrei stellt, sowie eine Erbersatzsteuer auf Vermögen in Privatstiftungen brächte laut WIFO-Schulmeister bis zu 1,1 Mrd. Euro. Auch das keine neuen Steuern, sondern lediglich eine Reform der ausgelaufenen Erb- und Schenkungsbesteuerung, verteilungsgerecht und garantiert sozial treffsicher.

  • Börsenumsatzsteuer: würde die wieder ins Leben gerufen – die ist auch nicht neu, sondern wurde unter KHG und schwarz-blau auf Eis gelegt – brächte geschätzte 150 Mio. Euro.

  • Würden einfach die Spekulationsfristen bei Wertpapierverkäufen bzw. bei Immobilienverkäufen abgeschafft, wäre also jeder Gewinn der aus dem Verkauf von Wertpapieren oder Immobilien entsteht besteuert, egal zu welchem Zeitpunkt dieser geschieht, dann wären rund 400 Mio. Euro an Mehreinnahmen möglich. Auch das: keine neue Steuern.

In Summe also bis zu 1,6 Mrd. Euro an Steuereinnahmen aus vermögensbezogenen Steuern. Wohlgemerkt: keine neuen Steuern, sondern einfach wiederbelebte bzw. reformierte. Wie bereits erwähnt: sozial treffischer und verteilungsgerecht.

Ja, aber in Zeiten der Krise? Darf frau/mann denn das? Und außerdem: in Zeiten der großen Vermögensvernichtung kommen doch nie so hohe Vermögenssteuern zusammen. Abgesehen davon, dass die große – jedenfalls Geldvermögensvernichtung – in Österreich so nicht stattgefunden hat: ein paar hundert Millionen Euro kommen jedenfalls zusammen. Auch bei pessimistischster Schätzung. Und die Zeiten werden ja auch mal wieder besser. Mit entsprechenden Maßnahmen im Bereich der Einkommensbesteuerung sind jedenfalls Steuereinnahmen im Ausmaß von 1 Mrd. Euro oder knapp darüber jedenfalls drinnen.

Geld das dringend gebraucht würde. Nicht nur aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit, sondern auch, weil es weitere Maßnahmen zur Konjunkturbelebung braucht. Und weil es enorme gesellschaftliche Herausforderungen gibt: bei Bildung, bei Pflege, bei Gesundheit, bei Armutsbekämpfung.

Spanien hat jedenfalls einmal ein Tabu gebrochen. In Großbritannien wird ab 2010 die Einkommenssteuer für Top-Verdiener angehoben. Steuererhöhungen werden kommen. Mögen sie heute noch so lauthals das Gegenteil behaupten. Es ist nur die Frage wo sie kommen und wer zu zahlen. Ob einmal mehr jene, welche die Krise nicht verursacht haben über höhere Konsumsteuern zur Kasse gebeten werden, oder jene, die vom Zeitalter neoliberaler Umverteilung nach oben profitiert haben. Mehr Steuergerechtigkeit und Budgetsanierung nach dem Verursacherprinzip wäre heute schon möglich. Sogar ohne „neue Steuern“. Dazu ist die Politik allerdings zu feig. Oder zu klientelgeleitet. Schließlich ist die in der Regierung sitzende ÖVP die letzte Klassenpartei Österreichs.

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