… oder Barbarei? Zum zweiten Teil des 6. Sachstandsberichts des IPCC


Stefan Steindl, AUGE/UG
Am 28. Februar wurde der zweite Teil des 6. Sachstandsberichts des IPCC veröffentlicht. Der erste Teil behandelte die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, der Schwerpunkt des zweiten Teils liegt auf die Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit durch den Klimawandel. Der Bericht ist eine deutliche Warnung vor den Folgen der Untätigkeit.

Knapp 900 Autor*innen aus 67 Staaten arbeiteten ehrenamtlich über fünf Jahre an diesem Teil des 6. Sachstandberichts. Dafür sichteten sie über 34.000 begutachtete (peer reviewd) wissenschaftliche Fachartikeln und 62.000 Review-Kommentare (der Gutachter*innen für diese Fachartikeln). Das unterstreicht erneut, warum die Berichte des IPCC innerhalb der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstellung des naturwissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes über das Klima gelten.

 

Eine Notlage, die auf eine Katastrophe zusteuert

 

Die Schlussfolgerungen zeigt einmal mehr die Dringlichkeit auf, endlich zu handeln und wirksame Klimaschtzmaßnahmen umzusetzen. Der Bericht stellt fest, dass 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen Klimarisiken besonders ausgesetzt sind. Dazu zählen Afrika, Südostasien, Südamerika und die Arktis. Der Anstieg des Meeresspiegel bedroht über eine Milliarde Menschen in küstennahen Gebieten. Die Anpassung für menschliche Gesellschaft ist schon bei der momentanen Erderwärmung von 1,1°C herausfordernd. Wird das 2°C-Ziel überschritten, ist eine Anpassung an den Klimawandel in manchen Regionen nicht mehr möglich. Dazu zählen polare Regionen, Wüsten und Instelstaaten. Ein großer Anteil an Arten stößt jetzt schon an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit.

 

Unbewohnbarkeit in Teilen der Erde

 

Folgendes Bild verdeutlicht noch einmal die Dramatik unserer Situation: Selbst  bei einer Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts um 2°C (RCP-2.6 Szenario) würden Teile Südostasiens und Südamerika unbewohnbar werden. Mit den bisher gesetzten Maßnahmen und Zusagen der der Staaten gegen den Klimawandel, wird sich die Erde bis zum Jahr 2100 um etwa 2,5°C erwärmen. Das entspricht dem RCP-4.5 Szenario. Weite Teile der Erde, in Afrika, in Südamerika und Südostasien würden unbewohnbar werden. Dabei steht RCP für Representative Concentration Pathways, diese Szenarien beschreiben die physikalischen Grundlagen, mit denen bestimmte Klimaziele erreichbar wären. Das ist vor allem der Strahlungsantrieb, also das Maß für die Änderung der Energiebilanz der Erde. https://www.reflektive.at/klimawandel-wie-warm-wird-es/

 

© IPCC

 

Städte der Zukunft

 

Besonders herausfordernd ist die Situation in Städten. Bereits jetzt leben mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, die komplexe Risiken durch schlecht geplantem Stadtwachstum, hoher Armut und Arbeitslosigkeit in der Zukunft aufweisen. Aber Städte bieten auch auch Chancen durch erneuerbare Energien und grüne Gebäude. Ebenso wichtig ist ein nachhaltiges Verkehrssysteme, um städtische und ländliche Gebiete miteinander zu verbinden und die zu einer „integrativeren, gerechteren Gesellschaft“ führen, so die Autor*innen des Berichts.

Diana Reckien, Leitautorin in Kapitel 17 „Entscheidungsfindungsoptionen für den Umgang mit Risiko“ über die Zukunft der Städte: „Meine Key Message, die Botschaft, die ich senden möchte, ist, dass ich mir wünschen würde, dass Städte auch vor allen Dingen in Europa, wo wir die Maßnahmen haben, wo wir die finanziellen Ressourcen haben, zu Reallaboren werden, wie mit grüner Infrastruktur, wie mit der Natur tatsächlich gelebt werden kann, dass dort kooperativ geplant wird, langfristig geplant wird, integrativ geplant wird und dann auch, kontrolliert wird, ob das, was wir geplant haben, in der Anpassung wirklich erreicht worden ist.“ https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/press-briefing/details/news/beitrag-der-arbeitsgruppe-ii-zum-sechsten-sachstandsbericht-des-ipcc/

 

@ NASA, gemeinfrei

 

Wider dem Krieg

 

Angesichts eines eskalierenden Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und dem Willen vieler EU-Staaten ihre Militärausgaben zu erhöhen, spricht Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner, Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe II deutliche Worte: „Hier zu sehen, dass eben finanzielle Mittel gebunden werden, da gibt es dann natürlich eine Konkurrenz in der Umsetzung. Es wird Verzögerungen geben. Das ist angesichts der Erkenntnis, die wir in diesem Bericht ausgebreitet haben, dass wir uns im entscheidenden Jahrzehnt der Klimapolitik befinden, kontraproduktiv. … es ist absolut nicht hilfreich, wenn Entscheidungsträger eher den Weg zurück in die Vergangenheit wählen als den gemeinsamen Weg in die Zukunft.“ https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/press-briefing/details/news/beitrag-der-arbeitsgruppe-ii-zum-sechsten-sachstandsbericht-des-ipcc/

 

Die Zukunft der Menschheit

 

Wie im ersten Teil des 6. Sachstandsberichts, wird erneut festgehalten, dass allein das „green Road“-Klimaszenario die Menschheit retten wird: Die Welt beschreitet allmählich einen nachhaltigen Pfad. Die globalen Gemeinschaftsgüter werden wichtig genommen und bewahrt, die Grenzen der Natur werden respektiert. Statt Wirtschaftswachstum steht zunehmend das menschliche Wohlbefinden im Fokus. Die Einkommensungleichheiten zwischen den Staaten und innerhalb der Staaten werden reduziert. Der Konsum orientiert sich an einem geringen Material- und Energieverbrauch. https://blog.diealternative.org/fuer-eine-klimagerechte-und-sozioekonomische-zukunft/

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