ÖGB-Bundeskongress im Zeichen der Wirtschaftskrise

ÖGB-Bundeskongress im Zeichen der Wirtschaftskrise

Von 30. Juni bis 2. Juli findet der ÖGB-Bundeskongress unter dem Slogan „stark.sozial.gerecht“ statt. Knapp unter 400 stimmberechtigte Delegierte aus Einzelgewerkschaften, Teilorganisationen des ÖGB sowie der Fraktionen wählen nicht nur einen neuen ÖGB-Präsidenten (hier kann beruhigt die männliche Form verwendet werden, kandidiert doch nur Erich Foglar) einen neuen ÖGB-Vorstand sowie diverse andere ÖGB-Gremien, sondern verabschieden auch das Arbeitsprogramm des ÖGB für die nächsten Jahre. Rund 900 Gastdelegierte und TeilnehmerInnen werden ebenso am Bundeskongress vertreten sein. Sowohl der Leitantrag als auch der gesamte ÖGB-Bundeskongress stehen ganz im Zeichen der Weltwirtschaftskrise. Auch wir, die UG – die Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB – werden sich im Rahmen ihrer Fraktionskonferenz am 30. Juni mit Wegen aus der Wirtschaftskrise auseinander setzen.

Einbruch der Wirtschaft

Ein Ende der Wirtschaftskrise ist tatsächlich noch nicht abzusehen. Für das Jahr 2009 prognostiziert die OECD einen Einbruch des österreichischen Wirtschaftswachstums von – 4,3 %. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf bis zu 500.000 Menschen im Winter 2009/2010 wird befürchtet.

Die bislang beschlossenen Konjunkturpakete inklusive Steuerreform, Inflations- und Familienpaket haben zwar ein eindrucksvoll wirkendes Ausmaß von 6,6 Mrd. Euro 2009 und fast 6,9 Mrd. Euro 2010 angenommen (Quelle: OENB, Geldpolitik & Wirtschaft), die Beschäftigungswirkung bleibt allerdings bescheiden: die OENB schätzt den Beschäftigungseffekt für 2009 auf 12.600 Personen, für 2010 auf knapp 25.000 über zwei Jahre. Selbst wenn frau/mann der OENB unterstellt, eher von niedrigeren Multiplikatorwirkungen auszugehen, liegen selbst höher angenommene Multiplikatoren nicht gar so deutlich darüber. Was auch nicht weiter verwundert: Steuerreformen, Steuersenkungsmaßnahmen haben einen deutlich geringeren Beschäftigungseffekt als direkte Staatsausgaben. Weil von Steuertarifreformen einkommensstarke Gruppen überproportional profitieren, die ihren Steuergewinn eher sparen als ausgeben. Außerdem wurden die Konjunkturpakete zu einem Zeitpunkt geschnürt, als noch ein Wirtschaftseinbruch von 1 – 2 % des BIPs angenommen wurde. Nun liegen wir allerdings schon bei einem Minus von 4 %. Immer lauter wird daher der Ruf nach einem Konjunkturpaket III – einer Sozialmilliarde, die umfangereiche Investitionen in Pflege, Gesundheit, sozialer Sicherung und Bildung sicherstellen soll. Neben Caritas, Volkshilfe, Diakonie, der AUGE/UG und der UG fordert das inzwischen auch immer vehementer die GPA-DJP.

ÖGB-Leitantrag: zwischen Retro und Fortschritt

Der Leitantrag zum ÖGB-Bundeskongress, also das ÖGB-Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre setzt sich auch zentral mit der Krise und Wegen aus der Krise auseinander. Manche Positionen darin sind durchaus erfreulich: selten hat der ÖGB so offensiv eine höhere Besteuerung von Vermögen zur Finanzierung der Konjunkturpakete sowie des Sozial- und Bildungsstaates. Erfreulich auch der Politikwechsel des ÖGB in der Integrationspolitik: so fordert der ÖGB etwa einen erleichterten Zugang für AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt, werden verstärkte Arbeitsmarktprogramme für Menschen mit Migrationshintergrund eingefordert. Auch im Bereich der Bildungspolitik kommen viele ÖGB-Positionen inzwischen unseren Positionen recht nahe. Absolut auf Retropfaden bewegt sich der ÖGB allerdings nach wie vor beim Klima- und Umweltschutz und bei der Energiepolitik. Dem Klima- und Umweltschutz widmet der 60-Seiten-umfassende ÖGB-Leitantrag gerade einmal eine halbe Seite, bei der Energiepolitik wird frau/mann erfolglos nach der Forderung nach einem grundlegenden Kurswechsel in der Energiepolitik suchen. Erneuerbare Energie wird auf Ausbau der Wasserkraft reduziert – was beim ÖGB eher bedrohlich klingt. Dass der ÖGB nach wie vor konsequent das enorme Beschäftigungs- und Wachstumspotential von Klimaschutzmaßnahmen, vom Ausbau erneuerbarer Energien bis hin zu thermischer Sanierung etc. so geflissentlich ignoriert, kann nur als grob fahrlässig bezeichnet werden. Quer über die ganze Welt werden im Rahmen von Konjunkturpaketen auch Maßnahmen zum Klimaschutz geschnürt – der ÖGB hat es offensichtlich nicht notwendig. Das wird jedenfalls von unserer Seite beim ÖGB-Bundeskongress Thema sein.

UG-Fraktionskonferenz im Zeichen sozial-ökologischer Konjunkturpolitik

Nicht nur das: Im Rahmen der Fraktionskonferenz der UG-Unabhängige GewerkschafterInnen im ÖGB am 30. Juni werden wir uns intensiv mit einem Konjunkturpaket III mit sozialen, bildunspolitischen und ökologischen Schwerpunkten auseinandersetzen. Die Zukunft der Beschäftigung und der Volkswirtschaft liegt nicht in Automobilclustern und einer auf die Automobilerzeugung ausgerichtete Zulieferindustrie. Das haben MetallergewerkschafterInnen in Deutschland (Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, Rede beim Aktionstag vom 28. März 2009, „Wir zahlen nicht für eure Krise) bereits erkannt und selbst der ehemalige ÖGB-Präsident und amtierende Arbeits- und Sozialminister Hundstorfer muss das inzwischen zugeben. Hier werden viele Jobs nicht mehr zu halten sein. Es braucht einen von der Arbeitsmarktpolitik begleitenden Strukturwandel. Wer in Zukunft und zukunftsträchtige Arbeitsplätze investieren will, investiert in Bildung, Soziales, öffentliche Dienstleistungen, Klima- und Umweltschutz und die dazugehörenden Industrien sowie sanfte, umweltfreundliche Mobilität (unsere Forderungen und Vorschläge für ein sozial-ökologischen Konjunkturpaket finden sich in unserer ÖGB-Kongresszeitung, hier zum downloaden). Dazu braucht es die entsprechend gesicherte Finanzierung und einen Strukturwandel im Steuersystem unter dem Zeichen der Steuergerechtigkeit und ökologischen Nachhaltigkeit: hin zu Vermögens- und vermögensbezogenen Steuern, zu höheren Lenkungsabgaben bzw. -steuern im Bereich der Energie und Umwelt bei gleichzeitiger Entlastung der ArbeitnehmerInnen. Und zwar besser heute statt morgen. Dafür muss sich der ÖGB „stark.sozial.gerecht“ engagieren.

Kommentar zu „ÖGB-Bundeskongress im Zeichen der Wirtschaftskrise“

  1. Martin Mair sagt:

    Was nur fehlt, ist die Information wann genau und wo der UG-Kongress statt findet und wie das Programm lautet (eine Einladung per Mail habe ich offenbar nicht bekommen 🙁 )

    Usability dieses Beitrags: Schwer auszumachen …

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