Pflegefall Pflege


Eine kurze Analyse der Pflege von Sonja Müllner, Dipl. Gesundheits- und Krankenschwester, Betriebsratsvorsitzende in der Wiener Pflege und Betreuungsdienste GmbH des FSW und Zentralbetriebsrätin im FSW, KIV/UG, Arbeiterkammerrätin der AUGE/UG-Wien

Justiz, Polizei, Bundesheer – und allmählich auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen: die Pflege. Alles Bereiche, in denen der Fachkräftemangel immer mehr zu einem strukturellen Problem wird. Im Unterschied zu den drei erstgenannten Bereichen ist der Ruf nach einer ausreichenden Finanzierung im Bereich der Pflege sehr verhalten. Dabei sind die Zahlen der Statistik Austria durchaus dramatisch. Sie sprechen von 9000 fehlenden Pflegekräften allein in Wien. Bis 2030, also in etwas mehr als 10 Jahren fehlen 24000 Pflegekräfte.

Die Ursachen für diese Situation sind zum einen die demographische Entwicklung – immer mehr Menschen erreichen ein hohes Lebensalter und die österreichische Bevölkerung wächst, zum anderen gibt es immer weniger pflegende Angehörige. Aber auch pflegeinterne Probleme befeuern den Fachkräftemangel im Pflegebereich: das bekannte Missverhältnis zwischen Verantwortung und Entlohnung, extreme Arbeitsverdichtungen, die gute Pflege zu einem täglichen Kraftakt werden lassen und auch ein öffentliches Bild von Pflege, das für junge Menschen wenig anziehend ist – Stichwort „PflegerIn mit Herz“.

Um diese Situation nachhaltig zu verbessern, braucht es vor allem Eines: Einen klaren politischen Willen!
Es ist ein Bündel an Maßnahmen, das notwendig ist, um einen Turnaround zu erreichen: eine bundeseinheitliche Personalbedarfsberechnung, die quantitative und qualitative Kriterien berücksichtigt, eine den Leistungen im Gesundheits- und Sozialbereich entsprechende, adäquate Entlohnung statt eines Downgradings von Berufsgruppen, mehr Mitsprache des Pflegepersonals bei der Entwicklung von alternativen Versorgungsmöglichkeiten – Stichwort multiprofessionelle Versorgungssprengel -, eine steuerfinanzierte Aufstockung des Pflegefonds (Stichwort Erbschaftssteuer) und sichere Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen. Zu guten Arbeitsbedingungen würde gehören, dass Pflegepersonen in ihrer Professionalität ernst genommen werden und ihre Tätigkeit eigenverantwortlich gestalten können.
Dazu braucht es jedenfalls ausreichende personelle Ressourcen, die nicht aus jedem Urlaub oder Krankenstand einer KollegIn zum Krisenmodus für ein gesamtes Team führen. Es braucht aber auch Konzepte für jene KollegInnen, die im höheren Lebensalter gesundheitsbedingte Einschränkungen haben.

Die Politik muss die Pflege endlich zu einem Kernthema ihres Handelns machen. Ob sie das erkennt und entsprechend handelt, wird die Lebensqualität einer ganzen Gesellschaft beeinflussen.

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