türkis-grün: Modernisierung des Arbeitsrechts
16. Januar 2020 von auge/ug
Eine Analyse von Vera Koller
Das ganze Kapitel Arbeit besticht leider insgesamt, eher durch die Themen die nicht enthalten sind, als durch die Punkte zu denen es konkrete Vereinbarungen gibt. Schon die Kürze dieses Kapitels (es beträgt nicht einmal 5 Seiten) zeigt, dass die türkis/grünen VerhandlerInnen in diesem Bereich wohl wenig Gemeinsamkeiten gefunden haben. Aus gewerkschaftlicher Sicht sehr zu begrüßen ist das klare Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft. Nach Jahren der Ignoranz von Seiten einer türkis/blauen Regierung ist zu hoffen, dass die Sozialpartner wieder mehr Gehör finden und auch in Begutachtungsprozesse eingebunden werden. Dies würde meiner Meinung nach dazu beitragen, dass neue gesetzliche Regelungen praxistauglich und rechtmäßig sind und nicht durch unklare Formulierungen erst recht wieder dazu führen, dass es einer gerichtlichen Überprüfung bedarf.
Leider nicht enthalten sind Vereinbarungen zur Zurücknahme des 12 Stunden Tags bzw. der 60 Stundenwoche. Auch wenn die Beschäftigten selbst, dies angeblich gar nicht mehr fordern und mit dieser Ausweitung der Arbeitszeit einverstanden sind, wäre es aus gesundheitspolitischer Sicht notwendig, verpflichtende Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Dabei muss es, im Sinn des arbeitsrechtlichen Schutzcharakters egal sein, inwieweit Beschäftigte diese Ausdehnung begrüßen, sich daran gewöhnt haben oder sich aufgrund ihrer Situation nicht wehren können.
Zahlreiche Studien belegen, dass mit langen Arbeitstagen auch notwendige Erholungszeiträume länger werden. In Zeiten von steigenden Zahlen psychischer Erkrankungen, der Jobflucht aufgrund von extrem belasteten Arbeitssituationen (wie zb im Pflege- und Sozialbereich) wäre es dringend geboten gewesen ein gesamtes Paket zum Thema Arbeitszeit, Arbeitsbelastungen, Erholungszeiten zu schnüren. Es wäre, bei Nichtrücknahme des 12 Stunden Tages bzw. der 60 Stunden Woche, notwendig gewesen klare Ansprüche auf eine 4 Tagewoche, längere Freizeitblöcke, eine generelle Arbeitszeitverkürzung im Regierungsprogramm vorzusehen.
Die einzelnen Punkte die dazu im Regierungsübereinkommen angeführt sind, wie die Einführung eines Zeitwertkontos, Zeitkorridor-Modelle bei Elternteilzeit, Sabbatical- Modelle sind grundsätzlich zu begrüßen. Solange jedoch das Vorhandensein eines Pakets bzw. die Ausrichtung nicht klar ist, kann die Treffsicherheit dieser einzelnen Maßnahmen nicht beurteilt werden.
Die Ansiedelung der Arbeitsagenden im Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend welchem die türkise Ministerin Christine Aschbacher vorsteht, lässt leider befürchten, dass weitere Verhandlungen zu dieser Thematik extrem schwierig werden.