Wiener GPA-djp Regionalforum 2010 – Eindrücke einer Erstteilnehmerin

Am 20. April 2010 fand das Wiener Regionalforum der GPA-djp – also der Gewerkschaftstag der Wiener GPA-djp unter dem Motto „Umdenken gegenlenken“ statt. Mit elf TeilnehmerInnen war die AUGE/UG stark wie noch nie vertreten. Darunter auch BetriebsrätInnen, die überhaupt erstmals an einem Gewerkschaftstag teilnehmen. Katharina Hanzal, BetriebsrätIn im WUK war eine der AUGE/UG-Delegierten. Sie schildert ihre ersten persönlichen Eindrücke in der großen weiten – in diesem Fall Wiener – Gewerkschaftswelt.

Dienstag 20. April, 08:30 Uhr:

Als noch relativ „frisch gebackenes“ Betriebsrats- und GPA djp Mitglied komme ich bepackt mit meiner Unterlagenmappe in das neue ÖGB Gebäude zum 3. GPA-djp RegionalFRAUENforum 2010, das im Vorfeld des Regionalfoums stattfindet. TeilnehmerInnen am GPA-djp RegionalFRAUENforum sind alle weiblichen Delegierten zum GPA-djp Regionalforum.

Kein Kaffee, dafür aber Süßes erwarten mich auf den Tischreihen im noch nagelneuen Saal des sogenannten „Katamarans“.

Am Podium nimmt das RegionalFRAUENtagungspräsidium Platz. Worte der Begrüßung an uns und an die Ehrengäste, darunter sehe ich Lore Hostasch und registriere ein wenig verwundert einige Männer. Es geht weiter mit Vorträgen und einem Bericht über die Aktivitäten der Frauensekretärin und dann weiter zum Tagesordnungspunkt „Wahl des Tagespräsidiums und der Kommissionen“.

Die Kandidatinnen stellen sich vor, Applaus und dann ab zur Wahlurne. Danach Warten, denn der anberaumt Zeitrahmen ist selbst für RaucherInnnen großzügig gewählt. Alle wieder im Saal versammelt geht es weiter mit den Anträgen, wobei sich herausstellt, dass es keine gesonderten Anträge gibt, sondern dass jener Antrag der Frauen bereits in den allgemeinen Antrag, der am Nachmittag abgestimmt werden wird, eingearbeitet ist.

Ein „Aha“ meinerseits, denn ich und andere TeilnehmerInnen am RegionalFRAUENforum hatten uns schon gewundert, warum uns hier keine Unterlagen vorliegen, aber jetzt, alles klar. Wir lauschen den Ausführungen, das Antragskonvolut kennen wir ja bereits, obgleich mir die Frauenspezifika in diesem Antrag nicht so richtig aufgefallen sind. Ich hänge dem Gedanken nach, warum wir am Vormittag einen Antrag besprechen, der ja am Nachmittag ohnehin noch einmal dargelegt und zur Diskussion gestellt werden wird. Ich frage mich – rein theoretisch – was passieren würde, wenn wir Frauen nun den allgemeinen Antrag ablehnen würden, ob dann der Nachmittag seines Inhaltes beraubt werden würde, als plötzlich die Aufforderung zur Abstimmung an mein Ohr dringt. „… bitte ihr Blatt zum Zeichen der Zustimmung zu heben, Gegenstimmen, keine, Enthaltungen, keine, danke.“ So langsam der Vormittag inhaltlich dahingeschlichen ist, so schnell war die Abstimmung auch schon wieder vorüber. Eine Wortmeldung gab es, ansonsten ein ruhiger Vormittag.

Dienstag 20. April, 13:00 Uhr

AUGE/UG Delegierte zum Wiener RegionalforumDie Delegierten der verschiedenen Fraktionen, Unterorganisationen und Gewerkschaftsgremien trudeln ein, der Saal füllt sich zusehends. Zu Beginn war wieder Durchhaltevermögen in Sachen Zuhören gefragt. Wolfgang Katzian – GPA-djp Bundesvorsitzender – und in Folge Fritz Hagl – GPA-djp Wien Vorsitzender -, berichten in langen Reden unter dem Titel „umdenken und gegenlenken“ über die Erfolge der GPA-djp der letzten Periode und werden nicht müde die Wichtigkeit der Mitgliederwerbung hervorzuheben. Ein skurriler Höhepunkt, den ich zu erwähnen nicht missen möchte, war hier noch ein eigens produzierter Film der mit poppigen Klängen berichtet, was alles getan und erreicht wurde. Zwischen Film und den Brandreden für die GPA-djp, denen eine Ähnlichkeit zu Wahlveranstaltungen nicht mehr abzusprechen sind, frage ich mich, warum hier soviel Zeit für rednerische Überzeugungsarbeit geleistet wird, da ich ja ohnehin schon Mitglied bin.

Wahrscheinlich soll ich es auch bleiben, deshalb das Aufgebot an Reden, wobei mir ein fundierter inhaltlicher Bericht mit Zahlen, Fakten und ein paar Fotos lieber gewesen wäre. Nachdem sicher mindestens ein drittes Mal locker flockig über das neue ÖGB Haus – als Zeichen neue gewonnener Stärke und Überwindung der ÖGB-Krise und als Zeichen der gelungenen (!) ÖGB-Reform – geschwärmt wurde, in dem nun das Regionalforum abgehalten wird, kam dann wieder einmal ein Wahlvorgang. Diesesmal die Wahl der Regionalforumsgremien – also die Wahl des Regionalpräsidiums, des Regionalvorsitzenden, des Regionalvorstandes. Die sich zur Wahl Stellenden berichteten über Ihre Beweggründe und schon sollte es wieder zur Wahl gehen. Auf die hier eingebrachte Anfrage, ob bei den Wahlvorschlägen nicht auch die Fraktionen zur besseren Übersicht ergänzt werden könnten, wurde eingewandt, dass es sich hier ja nicht um Parteipolitik handle sondern um wahrgenommene Funktionen. Aha.

Und nun zum spannenderen Teil des Regionalforums, nämlich zu den an das Regionalforum gestellte Anträge, die für die nächsten Jahre inhaltlich maßgeblich für die Arbeit der GPA-djp Wien sein werden. Insgesamt kommen 21 Anträge zur Abstimmung. Es handelt sich einerseits um den „Leitantrag der Regionen“ erstellt durch die Grundsatzabteilung und weiters um 20 Anträge, wovon fünf von der AUGE/UG gestellt wurden.

Noch bevor der Tagesordnungspunkt „Abstimmung der Anträge“ anvisiert wird kommt es zu einer Wortmeldung: Linda Sepulveda , stv.Betriebsratsvorsitzende bei Siemens SIS, für die AUGE/UG im Regionalvorstand in der GPA-djp Wien beginnt mit einem Zitat von Johanna Dohnal: „Aus taktischen Gründen leise zu treten, hat sich noch immer als Fehler erwiesen.“ Der Betriebsrat, die Belegschaft von Siemens SIS führt derzeit einen veritablen Arbeitskampf (Berichte dazu hier im Belvederegasse-Blog). Linda weist darauf hin, dass die Gewerkschaft den SIS Betriebsrat anfangs in seinem Kampf um Arbeitsplätze auch aktiv und bestmöglich unterstützt hatte, wie auch an den vielen Demofotos im Werbefilmchen zu sehen war. Ja, viele Gewerkschaftsmitglieder habe frau/mann im Betrieb geworben, den Organisationsgrad von 20 auf über 40 % gehoben. Mittlerweile sei allerdings die Unterstützung durch die Gewerkschaft spürbar zurückgegangen. Warum? Aus politischen Gründen? Sie und ihre BetriebsratskollegInnen, alles überzeugte Gewerkschaftsmitglieder sind enttäuscht.

Kritik anstatt der bisher vorherrschenden Selbstbeweihräucherung kommt nun zu Wort. Nach einem rasend kurzem, fast greifbarem Vakuum – die einen vermutlich noch geschockt von der Dreistigkeit der Worte, wir anderen der mutig vorgebrachten Tatsachen noch im Geiste nachhängend – ergreift die für den Ablauf zuständige Person am Podium das Wort. Alle schauen gespannt … und sie sagt: „… gibt es noch eine Wortmeldung? Nein? Dann fahren wir fort mit dem nächsten Punkt der Tagesordnung…“ Während ich noch gedanklich nach Luft schnappe ob dieser Ignoranz schnellt eine andere Kollegin aus dem Betriebsrat von Siemens SIS auf und bittet schlicht, dass jemanden vom Podium auf die vorangegangene Wortmeldung antworte. Überraschte Blicke von Seiten der am Podium Sitzenden, dann die Antwort, dass bisher noch nichts über diesen dargestellten Sachverhalt bekannt gewesen war, aber dass man für ein Gespräch selbstredend zur Verfügung stehe. Na gut denke ich, zumindest ist mit der offen vorgetragenen Kritik bzw. Aufforderung somit gelungen, dass sich die Damen und Herrn nun damit auseinander setzen müssen. Immerhin, wieder ein Anfang (Anm.: inzwischen hat es ein Treffen zwischen dem Siemens SIS Betriebsrat und GPA-djp VertreterInnen – Barbara Teiber, Regionalsekretärin für Wien und Karl Proyer, stv. Bundesgeschäftsführer, zuständig für Wirtschaftsbereiche und Kollektivverträge – gegeben, das positiv verlaufen ist und in einem symbolischen Handschlag zwischen Proyer und dem Sepulveda geendet hat).

Später folgt auch noch eine donnernde Wortmeldung des Wiener Gewerkschaftsvorsitzenden Fritz Hagl, Zentralbetriebsratsvorsitzender bei Siemens, die erschreckend persönlich und attackierend und wenig professionell bei mir ankommt. Klar, dass Kritik Rechtfertigung hervorruft, aber unklar, warum in dieser donnernden zurechtweisenden Art und Weise. Nichtsdestotrotz ist jetzt aber erfreulicherweise der Bann der Sprachlosigkeit des Publikums, zumindest teilweise, gebrochen und eine Wortmeldung löst die andere ab. Das Thema Siemens wird (Göttin sei Dank!) noch öfter aufs Tapet gebracht, auch wenn manch eine/ einer mit zu großem Harmoniebedürfnis das Gesicht verziehen mag. Übrigens: Fritz Hagl wurde mit nur 74 % zum GPA-djp Wien Vorsitzenden wiedergewählt. In Gewerkschaftskreisen ein üblicherweise schwaches Wahlergebnis.

Spannende Antragsbehandlung

Katharina Hanzal spricht zum Antrag "Schulsozialarbeit"Detailänderungen betreffend des „Leitantrag der Regionen“ werden beschlossen, und viele Interessante Anträge (Die AUGE/UG-Anträge zum GPA-djp Regionalforum finden sich hier) wie zum Bsp. zu Migration, Bettelverbot, Arbeitszeitverkürzung, Schulsozialarbeit, Fördergeber im Behindertenbereich, Datenschutz und v. m. mittels Wortmeldungen der KollegInnen erläutert, diskutiert und abgestimmt. Die AUGE/UG-Anträge zum Datenschutz, zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Behindertenbereich werden mit geringfügigen Änderungen angenommen, die restlichen zugewiesen. Bei der Diskussion zeigt sich, wie „lebendig“ Gewerkschaft sein kann.

Dienstag 20. April, 20:00 Uhr

Ich resümiere, dass das RegionalFRAUENforum mehr konkrete Inhalte und Diskussion vertragen hätte und, dass das Regionalforum ohne die Wortmeldungen und engagierten AntragsformuliererInnen eine organisatorische Hülle geblieben wäre. Ein gutes Gefühl bleibt zurück, einer engagierten, wortgewandten und mutigen Truppe angehört zu haben und ich auch ein Wörtchen beim Umdenken und Gegenlenken mitzureden hatte.

Mag.a (FH) Katharina Hanzal

ist Beraterin im WUK faktor.i Informationszentrum und Betriebrätin im WUK

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