35.oo2 bei Großdemo in Ljubljana
8. April 2008 von adminalternative
Der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) hatte für den 5. April 2008 zu einer Großdemonstration in Ljubljana aufgerufen.
An der Demonstration nahmen nach Angaben der VeranstalterInnen zirka 35.000 GewerkschafterInnen von 54 Gewerkschaften aus 29 europäischen Ländern teil.
Anlass dafür war das Treffen der europäischen Finanzminister mit der europäischen Zentralbank in Slowenien, das derzeit den EU-Vorsitz hat, um die Finanzkrise zu besprechen.
Der Protest richtete sich gegen die sich immer weiter öffnende Schere zwischen den Gewinnen der Unternehmen und den sinkenden Einkommen der ArbeitnehmerInnen, den Appell der europäischen Führungskräfte an die ArbeitnehmerInnen, besonders im öffentlichen Dienst, Lohnzurückhaltung zu üben, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Lebensstandard sinkt, gegen die unverhältnismäßig hohen Vergütungen für Manager und Direktoren, sowie die weiter andauernden Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen.
Gefordert wurden eine Verbesserung der Kaufkraft, um der Armut ein Ende zu setzen, annehmbare Mindestlöhne in allen europäischen Ländern, mehr Gleichheit zwischen den Führungsetagen und den FabriksarbeiterInnen, sowie zwischen Männern und Frauen und ein fairer Abschluss für alle ArbeitnehmerInnen in den öffentlichen Diensten
Nicht nur breite internationale Beteiligung
An der Großdemo war auch die UG vertreten, wenngleich nur durch zwei Personen und zwei Fahnen. 😉 Dadurch war es leider nicht möglich, Inhalte auf Transparenten und Flugblättern zu vermitteln oder Kontakte zu knüpfen.
Wir folgten dem Aufruf der ETUC gerne und nahmen die Gelegenheit war, mit einem der vom ÖGB organisierten Busse nach Ljubljana zu fahren.
Das grausame „Samstaginderfrühzeitigaufstehn“ war schnell überwunden, um acht Uhr saßen wir schon im Bus, der uns in angenehm sanft schaukelnder Fahrt durch die Frühlingslandschaft nach Ljubljana brachte, wo wir ca. um 13 Uhr eintrafen.
Dort war vom slowenischen Gewerkschaftsbund bereits alles perfekt vorbereitet. Zwischen der Dunajska Cesta und der Slovenska Cesta, dem Ausgangspunkt der Demo, waren Schilder angebracht, die darauf hinwiesen, wo jedes Land seinen Platz einnehmen soll. Wir fanden unseren zwischen Deutschland und Polen (DGB und Solidarnosc).
Nach und nach füllte sich die Straße mit tausenden von Menschen und nachdem alle Fahnen gehisst, Gewerkschaftskleidung angezogen, alle Pfeiferln verteilt und die Transparente in Position gebracht waren, startete die Demo ziemlich pünktlich um 14 Uhr.
Finanzminister in einer Gated Holiday Community
Während die Finanzminister abgeschieden in Brdo, Titos altem Feriendomizil tagten, zogen die DemonstrantInnen lautstark mitten durch die Hauptstadt und verwandelten das Zentrum von Ljubljana für ein paar Stunden in ein Meer von bunten Fahnen, Transparenten und Luftballons.
Die Abschlusskundgebung fand am Kongressplatz statt. Am Fuß des Hügels mit der mittelalterlichen Burg war eine große Bühne aufgebaut, auf der abwechselnd Reden von verschiedenen GewerkschaftsvertreterInnen und Musik dargeboten wurden.
DGB-Chef Michael Sommer forderte, die ArbeitnehmerInnen müssten am wirtschaftlichen Aufschwung beteiligt werden:
„Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als den gerechten Anteil dessen, was wir selbst erarbeiten“.
An die Adresse der Finanzminister gerichtet, erklärte er:
„Stellt endlich klar, in Europa gelten soziale Bedingungen. Sonst stellen wir Europa in Frage!“
Kritik an der Europäischen Zentralbank
John Monks, der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbunds, übte scharfe Kritik am Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet.
Dieser hatte beim Finanzministertreffen die Gewerkschaften zur Zurückhaltung aufgerufen, weil hohe Lohnabschlüsse der Inflation weiteren Auftrieb geben würden.
„Wir können Predigten von europäischen Zentralbankern und Finanzministern, dass die ArbeitnehmerInnen bescheiden sein sollten, nicht akzeptieren“, erklärte Monks. „Wir brauchen endlich mehr Geld!“
Die RednerInnen fanden deutliche Worte zu der sich laufend verschlechternden Lebenssituation der lohnabhängigen EuropäerInnen. Was wir vermissten, war die Ankündigung von konkreten Kampfmaßnahmen, ohne die vermutlich keine Veränderungen stattfinden werden.
Anschließend blieb noch ein wenig Zeit für einen Altstadtbummel, oder den Besuch eines der zahlreichen, eng aneinander gereihten Cafes am Ufer des Flusses, wo dann auch noch reger Austausch (unter anderem von Fraktionskleidung) stattfand.
Ein bisschen Verwirrung gab es um den Treffpunkt für die Rückfahrt, doch die umsichtigen Buschauffeure sammelten alle DemonstrantInnen ein und brachten sie vollzählig zurück nach Wien.
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Elke Weissenborn und Hasan Tanyeli