Anti-WKR-Demo: Straßen(wahl)kampf … Shame on you FSG!

Hunderte antifaschistische DemonstrantInnen stundenlang im Polizeikessel. Und nicht nur diese: auch zahlreiche TouristInnen, PassantInnen, AnwohnerInnen, die gerade von ihren Einkäufen kamen. Völlig unangemessener Polizeieinsatz. 673 Anzeigen. Und das, obwohl laut Polizeiberichten anfangs nur von 500 DemontrationsteilnehmerInnen die Rede war..

14 Verhaftungen gab es laut Polizei: eine davon galt – laut ZeugInnenberichten – einem 14-jährigen Mädchen, das nach Stunden im Kessel, logischerweise ohne möglichen WC-Besuch, ein nachvollziehbares Bedürfnis hatte und weinend von zwei „Riegeln“ an Exekutivbeamten heldenhaft abgeführt wurde . AugenzeugInnenberichte von der Demo gibt es inzwischen zahlreiche. Auch der Standard hat berichtet. Auf einige sei im Anhang zu diesem Artikel verwiesen. Da der hier Schreibende selbst nicht auf der Demo war, gibt es von ihm logischerweise keinen.

Wessen Demokratie?

Jährlich findet in der Wiener Hofburg der Ball des „Wiener Korporations Rings“ statt. Der WKR ist so was wie die Dachorganisation deutschnationaler, oft schlagender und rechtsextremer Burschenschafter in Wien. Zahlreiche FPÖ-Kader rekrutieren sich aus Burschenschaften. Zu diesen Burschenschaften gehört unter anderem die inzwischen berühmt-berüchtigte „Olympia“, deren Mitglied auch Martin Graf ist, von (zumindest großen Teilen der) SPÖ und ÖVP mitgewählter  Dritter Nationalratspräsident. Auf der Bude der Burschenschaft Olympia trat schon einmal der rechtsextreme Barde Frank Rennicke der Lieder wie etwa »Mit Rudolf Hess ist uns ein Held geboren, er ist uns Lehrer, Vorbild und Garant !“ verfasst hat. Auch ein gewisser Michael Müller, ebenfalls „Liedermacher“, NPD-Mitglied und deutscher Burschenschafter hat bei der Olympia schon sein Liedgut vorgetragen. Ein Lied von ihm – wobei nicht nachgewiesen werden kann, ob dieses Lied auch seinen Weg in die Gehörgänge der teutschen Recken bei Olympia gefunden hat – beinhalten u.a. die Textstelle „Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, mit 6 Millionen Juden, da bleibt der Ofen an …“. Die Grünen haben anlässlich der Wahl von Martin Graf ein umfassendes Dossier ) über die Burschenschaft Olympia angelegt. Damit auch allen klar ist, mit welchen Herr(en)schaften frau/mann es tatsächlich zu tun hat. Nun diese, und andere geistesverwandten akademischen Organisationen aus dem rechts-rechten Spektrum feiern also in Räumlichen der Republik ihren Ball. Zu Gast sind dabei auch immer wieder Größen aus dem europäischen rechtsextremen politischen Spektrum (Dossier dazu von Karl Öllinger).

Film dazu

Dass rechtsextreme und/oder deutschnationale, schlagende Burschenschaften sich in Prunkräumen der Republik ein fröhliches Stelldichein geben, sollte auch dieses Jahr wieder demonstriert werden. Antifaschistische Gruppen riefen zur Demonstration gegen den WKR-Ball auf. Diese antifaschistische Demonstration wurde allerdings seitens der Organe einer Republik, eigentlich ja begründet auf einen antifaschistischen Grundkonsens, untersagt. Das Argument: Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Was für ein ungeheuerliches Signal: Antifaschismus, eigentlich eines/einer DemokratIn Pflicht als „Gefährdung öffentlicher Sicherheit“.

Proteste gegen Demountersagung …

Diese Untersagung führte zu heftigen Protesten seitens studentischer und linker Gruppierungen, der Sozialistischen Jugend, seitens der Grünen, auch seitens der AUGE/UG. Und seitens der GPA-DJP Jugend. Damit war der Protest von Gewerkschaftsseite allerdings auch schon erschöpft.

… und die Gewerkschaften?

Obwohl sich der ÖGB im Rahmen des ÖGB-Bundeskongress klar gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit etc. ausgesprochen hat, gab es weder seitens des ÖGB noch seitens der Einzelgewerkschaften – rühmliche Ausnahme einmal mehr die GPA-DJP Jugend – eine klare Verurteilung der Demountersagung. Dabei müssten es gerade Gewerkschaften besser wissen, sind doch freie, unabhängige Gewerkschaften seit jeher Feindbild der extremen Rechten. Sind bürgerliche Grundfreiheiten – wie das Versammlungsrecht, das Koalitionsrecht etc. wesentliche rechtliche Grundpfeiler für gewerkschaftliche Organisation und wurden diese Rechte gerade auch von Gewerkschaften oft blutig erkämpft.

Weil frau/mann sich das Demonstrationsrecht nicht so einfach wegnehmen lassen wollte, wurde dennoch mobilisiert. Wenn es in einer demokratischen Republik nicht mehr zulässig ist, gegen demokratiegefährdende Ideologien zu demonstrieren, wie ist es dann um diese Demokratie bestellt? Fünf Nationalratsabgeordnete der Grünen meldeten schließlich fristgerecht eine Demonstration mit einer Alternativroute an. Diese wurde – laut Medienberichten – zwei Stunden vor Demobeginn untersagt. Zwei weitere „Standkundgebungen“ wurden polizeilich nicht untersagt. Eher Eskalations- als Deeskalationsstrategie. Bewußt oder einfach nur patschert? Keine Ahnung. Jedenfalls kam es zur Kundgebung am Europaplatz. Mit dem Versuch, die Demonstration zu erzwingen. Mit Wickeln an den Sperren. Der polizeilichen Überreaktion. Und dem Kessel mit den Massenanzeigen. Gegenüber so ziemlich allem und jedem, der/die sich im Kessel befand. Siehe Augenzeugen- und Medienberichte.

Cateringservice von FSG und AUF

Wie immer bei Demonstrationen ist polizeilicherseits die WEGA dabei –  harte – vor allem Jungs. In jeder Hinsicht hart. Blick zurück auf die Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst im November dieses Jahres. Auch die PolizistInnen wählten ihre Personalvertretung. Die freiheitliche AUF – die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher – räumte bei der Polizei regelrecht ab. Die FSG verlor deutlich an Stimmen. In der Wiener Polizei gewannen die blauen PersonalvertreterInnen 27,4 % der Stimmen. Besonders erfreut darüber zeigte sich der Wiener FP-Gemeinderat Gudenus über den Erdrutsch der freiheitlichen bei der WEGA: hier gewann die AUF den Dienststellenausschussvorsitzenden, also die Mehrheit – so was wie den Betriebsratsvorsitzenden. Die Personalvertretung der WEGA wurde damit blau. Tiefblau. Durch die WEGA-Beschäftigten, die mehrheitlich freiheitlich wählten. Alleine mit Protest ist der Stimmenzuwachs der Freiheitlichen nicht mehr zu erklären. Das hat schon auch handfeste ideologische Gründe. Diese Einheit wird nun gegen antifaschistische DemonstrantInnen eingesetzt, die gegen einen WKR-Ball demonstrieren, an dem die politischen Kader der FPÖ teilnehmen. Die an einer polizeilich untersagten Demo teilnehmen, sich ihr demokratisches Grundrecht allerdings nicht nehmen lassen wollen. Ihre – ja geradezu demokratische Pflicht – gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.

FSG und AUF Seit an Seit

Im Kampf um die Gunst der Wiener PolizistInnen, die da hunderte antifaschistische DemonstrantInnen bzw. das was sie dafür hielten – also auch unbeteiligte PassantInnen, AnrainerInnen, KaffeehausbesucherInnen, TouristInnen – eingekesselt hatten, ihnen Wege zu Toiletten, Getränken, Essen und nach Hause versperrten, obwohl ja eigentlich die ausgesprochene Demoauflösung diesen Weg nahe legen würde – veranstaltete FSG (Photo) gegen oder mit der AUF (Photo) ein Catering für die ob ihres Einsatzes sicher hungrigen und durstigen Einsatzkräfte. Ein Bericht in der ‚akin‚ liest sich entsprechend:

„Dass die Polizei solang den Kessel aufrecht erhalten konnte, verdanken wir auch der FSG. Diese hatte nämlich — ähnlich der AUF — an Ort und Stelle Verpflegung für die armen Polizisten bereitgestellt. Eine
Anfrage, wieso Sozialdemokraten es opportun fänden, die Festhaltung antifaschistisch gesinnter Menschen zu unterstützen, anstatt eben diese selbst zu laben, beantwortete Hermann Greylinger, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, wie folgt: „Die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Kolleginnen und Kollegen wo nur möglich den Dienst zu erleichtern. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, ihnen auch bei Eiseskälte zur Seite zu stehen. Für das Catering für die Kundgebungsteilnehmer (wofür auch immer sie einstehen) sollte der Veranstalter (Organisator) sorgen.“
Blöd nur, dass diese Menschen in einem Kessel standen, und ihnen ein etwaiger „Veranstalter“ kaum hätte helfen koennen.

Wer nicht im Kessel stand, war die SJ — die hatte sich etwas abseits getroffen. Die Polizei sorgte dafür, dass die Sperrkette sie nicht miteinschloss. Die FSG hätte sich mit ihrem Catering dann wahrscheinlich auch ein bisserl schwerer getan.“

Es ist Wahlkampf. Gerade in Wien. Da wird auch Straßenwahlkampf gemacht. Auch in Wien. Auch um die Stimmen der PolizistInnen. Selbst dann, wenn das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt worden ist. Ein Grundrecht für das – gerade auch sozialdemokratische GewerkschafterInnen – gekämpft haben. Dass die AUF vorort ist, darf nicht weiter überraschen. Feiern doch ihre Gesinnungsfreunde in der Hofburg, sind ihnen die AntifaschistInnen ebenso verhasst wie den Burschenschaftern. Da leistet man gerne Support, wenns gegen die Linken geht. Freiheitliche, die weder mit demokratischen Grundrechten, noch mit Gewerkschaften besonders viel am Hut hat. Aber SozialdemokratInnen? Sozialdemokratische GewerkschafterInnen, die sich auch als AntifaschistInnen verstehen bzw. verstehen müssten? Die beim ÖGB-Kongress noch den antifaschistischen Antrag mitbeschlossen haben? Die nun allerdings so tun, als ginge sie eine antifaschistische Kundgebung, woran  auch SozialdemokratInnen teilnahmen, nichts an. Als ginge sie nicht an, gegen was denn eigentlich demonstriert werden sollte.

Shame on you, FSG!

Wie viel das mit sozialdemokratischer Gesinnung zu tun hat – darüber soll sich jeder selbst sein/ihr Urteil bilden. Vielleicht ist das Verhalten der FSG in der Polizei  allerdings auch ein Grund dafür, warum bis heute seitens sozialdemokratisch dominierter Gewerkschaften nichts zu hören war. Nicht einmal von der FSG und ihrem Vorsitzenden Wolfgang Katzian, GPA-DJP Chef, Nationalratsabgeordneter, einer jener SP-Abgeordneten die einen Martin Graf nicht gewählt haben und dem frau/mann eine antifaschistische Gesinnung nicht absprechen kann – weder im Vorfeld noch nach der Demonstration. Hinsichtlich der Aushebelung grundlegender demokratischer Rechte etwa. Beschämend für die Gewerkschaftsbewegung. Beschämend für die Sozialdemokratie. Beschämend für sozialdemokratische GewerkschafterInnen.

Neonazis feiern Demo-Verbot

Übrigens: besonders gefeiert wurde das Demoverbot (Neonazis feiern Demo-Verbot) auf der neonazistischen Website alpen-donau, wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) berichtet:

„Die Neonazis seien schon „seit Tagen […] aus Polizeikreisen über eine zu erwartende Untersagung der Antifa-Veranstaltungen informiert“. Jedoch wollte man angesichts „so manche[r] schlechte[n] Erfahrung in diesem Staat“ die gute Nachricht zuerst nicht recht glauben. Umso größer nun die Freude, dass den „Juden“, „Antimenschen“ und „Entarteten“ verboten wurde, gegen den Burschenschafterball zu demonstrieren: „Auch die Polizei erkennt mittlerweile die Gefährlichkeit und die kriminelle Energie der Antifaschisten.“ Schließlich hofft man sogar, dass „nie wieder eine Gegendemonstration von Antifaschisten legal statt[findet]“. Den „Kameraden bei der Polizei“ wünschen die Neonazis einen „guten Tanz mit den Antifaschisten“.“

Nur, damit frau/man einmal mehr weiß, wessen Geschäft mit dem Demo-Verbot da eigentlich erledigt worden ist …

PS: Die Grünen, insbesondere die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Albert Steinhauser und Daniela Musiol haben übrigens angekündigt, das Demonstrationsverbot vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten.

AugenzeugInnenberichte/Medienbericht zur WKR-Demo (eine kleine Auswahl, weitere Verlinkungen finden sich immer wieder in den Texten):

Politwatch von Christoph Baumgarten (Berichte und Kommentare zur Demo, links zu Videos und Photos):

„Im Einzelfall zu beurteilen“

„Provozierte Eskalation“

„Angelegt zu Scheitern“

Bericht von Georg Prack, Grüne:

Proteste gegen den WKR-Ball – eine kleine Bilanz

Artikel zur Anti-WKR-Demo auf Standard-Online:

Demonstration sorgt für politische Nachwehen

Hundert Anzeigen bei Gegenveranstaltung

Homepage bzw. BLOG des No-WKR-Bündnisses (Hintergründe, Berichte, Aufrufe …):

https://nowkr.wordpress.com/

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