Budgetkonsolidierung in rot-weiß-rot (III): Alternativen …

Wie könnten solidarische und ökologische Alternativen zum SPÖ-ÖVP Sparpaket aussehen? Maßnahmen, die ein sozial und ökologisches Wachstum von Wohlstand und Beschäftigung fördern würden und gleichzeitig einen sozial ausgewogenen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten könnten? Umweltverbände, NGOs und auch wir AlternativgewerkschafterInnen haben immer wieder entsprechende Vorschläge gebracht. Hier noch einmal in gebotener Kürze eine kleine, keineswegs vollständige Auswahl.

Streichung umweltschädigender Subventionen und Steuerbegünstigungen

Der Umweltdachverband hat in Österreich umweltschädigende Subventionen in einer Größenordnung von 4,3 bis 5,4 Mrd. Euro festgemacht, die kurz- bis mittelfristig abbaubar wären. Zu diesen Subventionen gehören u.a.

  • die steuerliche Bevorzugung von Diesel gegenüber Benzin im Ausmaß von rund 600 Mio. Euro
  • die steuerliche Begünstigung von Dienstwagen und „Fiskal-LKW“ im Umfang von rund 1,6 Mrd. Euro
  • die Steuerbefreiung von Kerosin von rund 290 Mio. Euro
  • die MÖSt-Befreiung von umweltschädigenden „Bio“- Sprit im Umfang von rund 200 Mio. Euro
  • die Grundsteuerbefreiung von Verkehrsflächen mit rund 110 bis 130 Mio. Euro

Allein der Abbau der Hälfte aller umweltschädigender Subventionen brächte rund 2 Mrd. Euro – jährlich. Eine Ausweitung der LKW-Maut auf Bundesstraßen brächte von 2015 bis 2020 rund 1,5 Mrd. Euro zusätzlich, so der VCÖ. Rund 1,5 Mrd. pro Jahr – könnte dabei in ein „Zukunftsinvestitionspaket Klimaschutz“ – in thermische Sanierung, erneuerbare Energien, umweltfreundliche Mobilität, Energieeffizienz, soziale Ausgleichsmaßnahmen etc. – investiert werden, eine halbe bis eine Milliarde in die Budgetkonsolidierung fließen. Die „Dividende“ derartiger Investitionen: Beschäftigung im Umweltbereich, mehr Energieautonomie, Erreichung der Klimaschutzziele und daraus resultierende Ersparnis von Strafzahlungen, niedrigere Energiekosten für die Haushalte, Förderung umweltfreundlicheren Verhaltens durch steuerliche Lenkungseffekte.

Einführung vermögensbezogener Steuern

Diese würden unmittelbar an einer Krisenursache – der Ungleichverteilung bzw. Konzentration von Vermögen – ansetzen, sowie am Verursacherprinzip: diejenigen, die für die Krise und daraus entstehenden Krisenkosten verantwortlich zeichnen, tragen auch die Folgekosten. Diejenigen, deren Vermögen gerettet wurden, zahlen nun auch den Preis dafür. Gleichzeitig sind Vermögenssteuern eine „Krisenprävention“ – mit dem Ziel mehr soziale Gleichheit, mehr Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit herzustellen.

  • Eine Reform der Grundbesteuerung (inkl. Freibeträge für kleine und mittlere Grund- und Immobilienvermögen oder einer Progression) brächte laut WIFO zusätzlich rund 1 Mrd. Euro für die Kommunen
  • Eine allgemeine Vermögenssteuer mit Schonung kleiner und mittlerer Vermögen brächte ja nach Modell (Schulmeister, GPA, ÖGB …) zwischen 2,5 und 3 Mrd. Euro.
  • Eine reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuer mit Freibeträgen für kleine und mittlere Erbschaften brächte zwischen 400 Mio. (AK) und 1,1 Mrd. Euro (Schulmeister)
  • Eine reformierte Börsenumsatzsteuer brächte – abhängig von der Ausgestaltung – bis zu 200 Mio. Euro (abhängig von den Umsätzen an der Wiener Börse, WIFO-Schätzung 2010: 150 bis 190 Mio. Euro, Schätzung Börse Wien, die ein solche Börsenumsatzsteuer naturgemäß ablehnt: ca. 45 bis 90 Mio. Euro)

(Unterschiedliche Vermögenssteuermodelle inklusive geschätzte Aufkommen siehe hier im BLOG)

Jahr für Jahr wäre ein Vermögenssteueraufkommen zwischen 3 und 5 Mrd. Euro möglich. Daraus könnte eine „Sozialmilliarde“ – Investitionen in Soziale Dienste wie Pflege, Betreuung – finanziert werden, ebenso eine „Bildungsmilliarde“ in Schulen, Kindergärten, Universitäten investiert werden. Für Budgetkonsolidierungsmaßnahmen stünde noch die eine oder andere Milliarde Euro jährlich zur Verfügung. Garantiert sozial treffsicher – garantiert verursachergerecht.

Weitere Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit und gegen „schädliche“ Subventionen

Im Bereich der Landwirtschaft tut die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit – ohne Subventionen für die Landwirtschaft zu streichen! – Not. Als eine Maßnahme wurde einmal die MÖSt-Befreiung für Agrardiesel abgeschafft. Weitere Maßnahmen wie

  • die Abschaffung bzw. Einschränkung der Pauschalierung und die Umstellung auf eine normale Ein- Ausgabenrechnung brächte rund 200 Mio. Euro
  • die von Landwirten einbehaltene aber nicht abgelieferte USt noch einmal rund 100 Mio Euro

Auch im Einkommenssteuerbereich – durchaus auch bei den unselbständig Beschäftigten – gibt es steuerliche Begünstigungen, die sowohl beschäftigungspolitisch, als auch aus emanzipatorischen Gesichtspunkten problematisch sind, etwa

  • die steuerliche Begünstigung von Überstunden die zwischen 150 und 300 Mio. Euro kostet
  • der Alleinverdienerabsetzbetrag, der am tradierten Bild des „männlichen“ Alleinverdieners und -ernährers ansetzt und ein ganz bestimmtes Familienbild – nämlich jenes der Hausfrau daheim – mit rund 360 Millionen Euro/Jahr steuerlich fördert.
  • die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuung im Umfang von 150 Mio. Euro, die sinnvoller in Kinderbetreuungsplätze investiert wären
  • die großzügige steuerliche Förderung von privater Zukunftsvorsorge, Betriebspensionen und anderen privaten Vorsorgeprodukte im Ausmaß von rund 1,3 Mrd. Euro/Jahr (WIFO-Studie)
  • die schwach ausgeprägte Progression im österreichischen Steuersystem: ein 5 % Aufschlag zur ESt ab Euro 140.000 sowie die Abschaffung des fiktiven 13./14. Monatsgehalts für Selbständige („Gewinnfreibetrag“) der sachlich nicht begründbar ist, brächte zwischen 300 und 500 Mio. Euro. Auch das: sozial garantiert treffsicher. Und warum der „Solidarzuschlag“ zum 13./14. Monatsgehalt nur zeitlich befristet werden soll ist auch nicht nachvollziehbar.

Auch hier wären Einsparungspotentiale im hohen, dreistelligen Millionen-Euro-Bereich pro Jahr möglich – die sowohl zur Budgetkonsolidierung als auch in der Stärkung niedriger Einkommen und Armutsbekämpfung (Negativsteuer, Mindestsicherung etc.) aufgewandt werden könnten.

Fragwürdige Milliardeninvestitionen und Subventionen im Verkehrsbereich einsparen

Ein hohes Sparpotential von bis zu sechs Milliarden Euro sieht der VCÖ etwa im Autobahn- und Straßenbau, da die geplanten Projekte auf veralteten Verkehrsprognosen beruhen würden. Diese Einsparungen würden zwar nicht unbedingt unmittelbar budgetwirksam, wären allerdings – nicht zuletzt aus ökologischen Erwägungen, und da der Bund letztlich auch für „ausgegliederte“ ASFINAG-Schulden haftet – sinnvoll. Die Kosten für die großen – und ob ihrer Sinnhaftigkeit verkehrspolitisch hoch umstrittenen – Tunnelprojekte der ÖBB – Koralm-, Brenner-Basis- und Semmeringtunnel liegen realistischerweise zwischen 20 und 30 Mrd. Euro (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011). Würde der Ausstieg aus einem – oder mehreren dieser Projekte gelingen – wären Einsparungen im Milliardenhöhe möglich. Ein Bruchteil dieser Mittel im Personen-Nahverkehr (ÖPNV) eingesetzt wäre nicht nur ein wichtiger Beitrag zur umweltfreundlicher, bedarfsgerechter Mobilität, sondern würde auch Beschäftigung schaffen. Während eine Milliarde Euro in Autobahnen investiert 10.190 Personenbeschäftigungsjahre bringt, schafft ein gleiches Investitionsvolumen im ÖPNV 16.440, in den Bahnstreckenausbau 16.300 Personenbeschäftigungsjahre (Quelle: VCÖ, Jobmotor öffentlicher Verkehr).

Beste Sparmethode: Arbeitslosigkeit bekämpfen

Noch einmal betont sei: die beste Form der Budgetkonsolidierung ist die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durch eins sozial und ökologisch verträgliche Konjunktur- und Beschäftigungspolitik: denn 100.000 Arbeitslose „kosten“ dem Staat (Arbeitslosengeld, entgangene Steuern und Abgaben etc.) nach AK-Berechnungen 2,7 Mrd. Euro. Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit – nicht gegen Arbeitslose! – liegt ein gewaltiges „Sparpotential“! In Österreich. In Europa.

Weitere Beiträge zum Thema:

Budgetkonsolidierung I: Grundsätzliches

Budgetkonsolidierung II: (Un)konkretes

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