Corona Update Teil 9


Vera Koller, Arbeiterkammerrätin der AUGE/UG und Vorsitzende der Unabhängigen GewerkschafterInnen

von Vera Koller, Vorsitzende der Unabhängigen GewerkschafterInnen und Arbeiterkammerrätin der AUGE/UG

Seit letzten Freitag hat die Gastronomie wieder geöffnet, seit dieser Woche die Schulen. In aussichtgestellte Grenzöffnungen lassen die Situation fast schon wieder normal erscheinen.

Corona und Arbeit

Durch die weiteren Öffnungen und die angestrebte Rückkehr zur Normalität ergeben sich viele Fragezeichnen. Wie sicher ist es, alle wieder in den Betrieb zurückkehren zu lassen? Inwieweit soll Homeoffice/Telework noch aufrecht bleiben? Wie kann der berufliche Alltag sicher und gut strukturiert werden? Und wie können Infektionen bestmöglich vermieden werden?
Mit all diese Fragestellungen sind Betriebsrät*innen zur Zeit konfrontiert. Hin und hergerissen zwischen den Bedürfnissen und Ängsten Einzelner, wirtschaftlicher Notwendigkeiten und gesundheitlichen Herausforderungen.
Dabei sind die Herausforderungen so individuell, wie die Betriebe selbst. Und auch dabei zeigt sich desto bunter die Körperschaften aufgestellt sind, desto mehr verschiedenen Positionen, Lebenssituationen in ihr vertreten sind, desto eher gelingt es die vielen unterschiedlichen Problemlagen zu erfassen und Lösungen zu finden.

Corona und Kinderbetreuung

Diese Woche haben die 6-14 jährigen mit der Schule gestartet. Wie befürchtet gibt es aufgrund der mangelnden Vorgaben seitens des Ministeriums die unterschiedlichsten Varianten der Staffelung, Geschwisterkinder die sich täglich beim Schule gehen abwechseln, Kinder die immer wieder 1 ganze Woche Pause haben usw.
Desinfektionsspender wurden in den Eingängen installiert und hinein kommt nur wer den richtigen Eingang wählt und die richtige Klasse nennt. Einzeln gehen die Schüler*innen die Stufen zu ihren Klassenzimmern. Die obligatorische Maske sorgt dafür, dass sie dabei möglichst anonym bleiben.
Bei keinem einzigen nachgewiesenen Cluster in einer Schule und dem bei weitem nicht professionellen Umgang mit der Maske, (wie soll es auch anders sein, haben Schüler, vor allem die jüngeren, wohl andere Interessen als Masken hygienisch richtig rauf und wieder runter zu geben) stellt sich wirklich die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Vorgaben.
Keine Spielsachen in den Pausen, nur Selbstmitgebrachtes zum Alleine spielen, von Lego und Dominosteinen geht die Coronagefahr aus. Turnverbot, Ausflugsverbot, dafür die Empfehlung in den Pausen Handy zu spielen.
Schüler*innen die sich Gegenstände von Nachbarn ausborgen wollen oder im Überschwang ihre Freunde umarmen wird mit der Direktion und dem Schulverweis gedroht. Lehrer*innen werden „freiwillig“ zum Dienst verpflichtet und vor Dienstpflichtverletzungen gewarnt. Trotz des Bemühens der Lehrer*innen eine mehr als triste Angelegenheit.
Auch in den Kindergärten läuft es teilweise in der gleichen Tonalität ab. Erschreckend welche Bedeutung der sozialen Gesundheit der Kinder eingeräumt wird. Und wo bleibt der Aufschrei, der Eltern, der Lehrer*innen, der Pädagog*innen …
Warum keine Ausflüge in den nächstgelegenen Park, Freiluftklassen, Masken runter. Gerade jetzt könnte Schule, Kindergarten fortschrittlich sein, stattdessen sind wir konfrontiert mit unklarer Bürokratie, und angstbesetzter rückwärtsgewandter „Altmänner“ Pädagogik.

Corona und Kultur

Der Rücktritt von Ulrike Lunacek Ende letzter Woche, ändert nichts an den Ursachen der prekären Situation im Kunst- und Kulturbereich. Viel mehr zeigt die Resignation einer langdienenden Politikerin wie es um diesen Bereich bestellt ist. Keine Frage, Ulrike Lunacek hat in ihrer Pressekonferenz nicht gerade mit Expertinnenwissen aufgetrumpft, aber die Situation ist nicht durch ihren Unwillen entstanden, sondern symptomatisch für den Umgang mit diesem Bereich. Gerade in Zeiten der Krise werden die Versäumnisse der Vergangenheit deutlich. Künstler*innen in prekären Arbeitssituationen, die schon in normalen Zeiten am Existenzminimum schrammen, Kunst- und Kulturbetriebe die Almosen erbetteln müssen, um das Überleben zu sichern.
Es braucht ein Bekenntnis zur Kunst- und Kulturlandschaft in Österreich, weg von Betteleien und Günstlingsunterstützung, hin zu einem transparenten, klaren Regeln folgendem Anspruch auf Förderung.

Corona und systemrelevante Berufe

Die Zeit des großen Dankes ist vorbei, die Normalität zu sehr wieder eingekehrt, um noch an Applaus zu denken. Vom Applaus kann keiner leben, haben wir vor Wochen geschrieben! Die Menschen verdienen mehr, nicht nur in den systemrelevanten Bereichen, aber gerade in diesen und vor allem wenn sie über eine geringe Einkommenssituation verfügen. Kurzarbeit mag für viele Beschäftigte die erhoffte Sicherheit ihres Arbeitsplatzes bringen, und dort wo die Einkommenshöhe ausreichend ist, durch die Krise retten. In Branchen, Jobs in denen die Beschäftigten trotz Anstellung nur knapp über der Armutsgefährdung oder auch darunter verdienen, sind 10-20% Verlust ihres Einkommens nicht einfach wegzustecken. Dort braucht es eine dringende Anhebung der Gehälter um deren Existenz abzusichern.

Corona und Frauen

Die Einkommenssituation in den, in den letzten Wochen so hoch gepriesenen systemrelevanten Bereichen, betrifft vor allem Frauen. Sie sind es die im Einzelhandel, in der Pflege … arbeiten und nicht mit einem fetten Gehalt dafür belohnt werden. Grade jetzt zeigt sich wie notwendig es ist typische Frauenbranchen lohnmäßig aufzuwerten.
Auch die Kinderbetreuung, das Homeschooling wird überwiegend von Frauen übernommen. Selbst wenn Männer im Homeoffice von zu Hause arbeiten, beschränkt sich ihre Unterstützung oft aufs anwesend sein. Auch das vermehrte Kochen, Putzen, Einkaufen wird großteils von Frauen gemeistert. Mit dem Aufsperren der Lokale trafen sich die ersten Männerstammtische in verkleinerter Form, während Frau mit Kindern noch nicht einmal dazu gekommen ist, das Ende der Ausgangsbeschränkungen zu realisieren.
Neben all dem organisieren und betreuen, fehlt es manchmal auch einfach an der Kraft feministische Forderungen aufzustellen. Und das in der Krise vermittelte Frauenbild trägt nicht gerade zur gesellschaftlichen Akzeptanz von feministischen Inhalten bei. Gerade jetzt ist es allerdings notwendig frauenpolitische Forderungen zu erheben und dafür einzutreten und dem Gesellschaftsbild der Kurz ÖVP etwas entgegen zu setzen.

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