Dieter Schrage (28. Juni 1935 – 29. Juni 2011) – Nachruf auf einen alternativen Gewerkschafter

Dieter Schrage ist tot. Wir trauern um ihn mit seinen Angehörigen, FreundInnen, WegbegleiterInnen. Als Arena-Besetzer und ewigen Revoluzzer, als Querdenker, als Anarchist, als Grünpolitiker, als Kunstvermittler, als Kulturarbeiter, als engagierten Senior, als manchmal sprunghaften und nicht immer ganz einfachen Menschen haben ihn viele von uns gekannt, geliebt, geschätzt, manchmal „gefürchtet“. Um Dieter Schrages Wesen als „homo politicus“ umfassend gerecht zu werden, wollen wir ihn insbesondere für sein gewerkschaftliches Engagement würdigen.

Seit 1979 war Dieter Schrage Kurator des Museums für moderne Kunst. Von 1983 bis 1991 war Dieter Vorsitzender der Personalvertretung. Seine politische Heimat im ÖGB war die GE, die Gewerkschaftliche Einheit, die Vorläuferorganisation der späteren AUGE/UG. Als bekennender „Anarcho-Syndikalist“ war er als radikaler Gewerkschafter auf der Suche nach Alternativen zum „real existierenden“ ÖGB. „Am Ende kam der ÖGB heraus – oder Syndikalimus: Die Notwendigkeit radikaler Utopien“ lautete ein Beitrag Dieter Schrages anlässlich des II. Forums Jägermayrhof des ÖGB und der AK Oberösterreich vom 4. bis 6. September 1996. Heftig kritisierte er in diesem Referat, dass sich

„… revolutionäre (d.h. antikapitalistische = systemüberschreitende bzw. systemsprengende) Zielsetzungen nicht mit einem Kampf um Mandate und Koalitionen sowie mit einer Parlamentsorientierung im Rahmen der bürgerlichen Demokratie vereinbaren lassen“,

und diagnostizierte die enge Verquickung von Gewerkschaften mit Parteien und Staat als eine der Ursachen der Krise der Gewerkschaften. „Mehr Mut zu Utopie“ forderte Dieter gerade auch von den Gewerkschaften ein statt des verhängnisvollen

„… Einbinden der Gewerkschaftsbewegung in die politischen Tagesgeschäfte, die in der letzten Konsequenz immer Geschäfte des Kapitalismus sind“.

Geradezu erschüttert zeigte sich der Gewerkschafter Schrage von der Rolle der Gewerkschaften beim geradezu „feindlichen“ Umgang mit „Basisbewegungen“ und der entstehenden Alternativ- und Grünszene – Stichworte Arena-Besetzung, Hainburg.

Dennoch: Dieter war und blieb der Gewerkschaftsbewegung und der alternativen Gewerkschaftslinken verbunden und kandidierte noch 2010 für die KIV/UG zu den Gewerkschaftswahlen in der inzwischen mit der GdG fusionierten Kulturgewerkschaft KMSfB.

Dieter Schrage ist tot. Dieter, du wirst uns fehlen. Als Querdenker. Als kritischer Geist. Als Visionär. Wir werden Dich nicht vergessen.

Die Trauerfeier für Dieter und das Begräbnis am Penzinger Friedhof finden am Dienstag, den 12.7.2011 um 14:00 Uhr statt

Die Zitate stammen aus der Sammlung „Denn sie wissen nicht, was wir tun! Gewerkschaften und Mitbestimmung“ (Hrsg. Greif/Gstöttner-Hofer/Kaiser/Wall-Strasser, ÖGB-Verlag), Publikation anlässlich des II. Forums Jägermayrhof des ÖGB OÖ und der AK OÖ vom 4. bis 6. September 1996

Kommentar zu „Dieter Schrage (28. Juni 1935 – 29. Juni 2011) – Nachruf auf einen alternativen Gewerkschafter“

  1. Wir waren beim Begräbnis von Dieter, hier ein paar Eindrücke
    https://www.flickr.com/photos/augeug/sets/72157627179263888/

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