Anmerkungen der Unabhängigen Gewerkschafter*innen zum Bundesgesetz mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2022)


Arbeitsgruppe Gesundheit, Soziales, Pflege der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB (UG)

Auch wir, die Unabhängigen in den Gewerkschaften, haben uns in den Prozess der Pflegereform eingebracht und unsere Stellungnahmen zu den Gesetzesentwürfen vorgelegt

Die Novellierung des GuKG Gesetzes enthält positive und problematische Aspekte. Positiv ist jedenfalls die Entfristung der Pflegeassistent*innen in den Krankenanstalten. Auch die Erleichterungen bei der Nostrifikation bedeuten für die Betroffenen eine raschere, sinnvolle Integration in den Berufsalltag. Die laufende Evaluierung des GuKG bis Ende 2023 mit dem Ziel eine Vereinheitlichung bei den Spezialisierungsmöglichkeiten im Pflegebereich zu bekommen und gleichzeitig künftige Entwicklungen wie Community Health Nurse oder – School Nurse gesetzlich abzubilden sind ebenfalls Maßnahmen die wir begrüßen.

Um hochwertige Pflege am Bett gewährleisten zu können, braucht es ausreichende Mitarbeiter*innen des gehobenen Dienstes. Jede Nivellierung nach unten führt zu einer Verschlechterung der Pflege. Die Pflegefachassistenz ist schon aufgrund ihrer Ausbildungsinhalte nicht geeignet Mitarbeiter*innen des gehobenen Dienstes zu ersetzen.

Um ausreichend diplomierte Kräfte für die Qualitätssicherung zu haben, wäre dringend die Weiterführung der DGKP-Diplomausbildung geboten. Diesbezüglich vermissen wir Schritte im vorliegenden Pflegepaket.

Kompetenzerweiterung:

Diese schätzen wir als problematisch ein. Dass die geplante Änderung vordergründig dem Personalmangel geschuldet ist, zeigt der Verweis, „dass diese Maßnahme zur Vermeidung von Versorgungsbrüchen in der Pflegepraxis geboten ist“.

Formulierungen für den Bereich der Pflegassistenz wie „aus fachlicher Sicht ist es vertretbar“ oder „erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten sind im Rahmen der Ausbildung vermittelbar bzw. können durch Schulungen oder Fortbildungen erworben werden“ verweisen auf gewisse Unschärfen was diese Kompetenzerweiterungen anbelangt. Die Frage, wer letztendlich diese Tätigkeiten verantwortet, bleibt offen. Vor allem etwaige sich aus der Tätigkeitsübernahme ergebende Haftungsfragen bleiben vollkommen unbeantwortet. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass eine höhere Verantwortung bei den schlecht ausgebildeten Kolleg*innen zu Überforderung und damit zu einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt.

Grundsätzlich folgen diese Kompetenzerweiterungen der Logik der GuKG Novelle 2016. Eine Kompetenzverschiebung an Menschen mit geringerer Ausbildung und geringerer Entlohnung ohne monetäre Aufwertung bedeutet de facto eine schleichende Nivellierung nach unten – das Gegenteil von dem was mit der angestrebten Attraktivierung des Berufes geplant war. Auch führen die geplanten Änderungen nicht zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Kompetenzerweiterungen bedeuten immer ein mehr an geforderter Qualifikation und müssen daher zwingend mit mehr Gehalt einhergehen. Diese Klarstellung muss auch aus dem Gesetz hervorgehen und kann nicht der alleinigen Regelung der Sozialpartner vorbehalten sein.

Vor allem wenn das Vorhaben der Akademisierung des Pflegebereichs ernst genommen wird, muss eine weitere Verschiebung von Kompetenzen, die nicht mit den nötigen Qualifikationen verknüpft sind, abgelehnt werden. Im bestehenden Ausbildungsplan kann keine Erweiterung Platz haben.

Ebenso müssten die Zusatzqualifikationen für bereits ausgebildete und in der Pflege tätigen Personen rechtlich festgelegt und die Ausbildungen dafür geschaffen werden.

Entfristung:

In der Entfristung der Pflegeassistenz in Krankenhäusern sehen wir einen weiteren problematischen Punkt der Novelle. Auch wenn der derzeitige Einsatz aufgrund der Personalknappheit durchaus nachvollziehbar ist, hätte eine weitere Befristung wohl den Zweck erfüllt.

Lehrausbildung:

Problematisch erscheint uns auch die Lehrausbildung für die Assistenzberufe in der Pflege. Die Einführung einer weiteren Ausbildungsform führt nicht zu einer Veränderung der Arbeitsbedingungen bzw zu einer Attraktivierung der Berufe. Die Pflegelehre ist daher nicht geeignet Personalnotständen entgegenzuwirken und wird daher von uns abgelehnt.

 

Stellungnahme der Unabhängigen GewerkschafterInnen zum PAusbZG:

 

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen begrüßen alle Anstrengungen der Politik zur Attraktivierung der Ausbildungen der Pflege- und Sozialbetreuungsberufe. In Anbetracht der Personalknappheit können nicht genug Gelder in die Ausbildung fließen.In diesem Sinne können die jetzt zu beschließenden Zweckzuschüsse nur als erster notwendiger Schritt verstanden werden. Um der sich in den nächsten Jahren noch verschärfenden Personalnot etwas entgegen setzen zu können, braucht es dringend weitere Gelder. Gleichzeitig braucht es jedoch darüber hinaus viel breitere Ausbildungszuschüsse. Auch in den nicht direkt die Pflege betreffenden Berufsbildern, wie insbesondere in der Behindertenarbeit, aber auch bei der Heimhilfe sind dringend Ausbildungsanreize geboten. Auch dort wächst die Personalnot und wird sich ohne weitere Maßnahmen zuspitzen. Dabei müssen insbesondere die Zusammenhänge des Systems Beachtung finden. Nur wenn alle Bereiche ineinander verzahnt gut funktionieren, kann qualitativ hochwertige Versorgung sichergestellt werden.

 

Stellungnahme der Unabhängigen GewerkschafterInnen zum Entgelterhöhungs- Zweckzuschussgesetz:

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass wir dieses Gesetz sehr begrüßen. Es ist dringend notwendig, dass in den Pflegebereich zusätzliche Gelder für Entgelterhöhungen fließen. Als klassische Frauenbranche liegen die Gehälter weit hinter dem Durchschnittseinkommen von Männern insgesamt. Auch finden wir es wichtig, dass nicht in Form von Einmalzahlungen und Prämien gedacht wird, sondern wirkliche Entgelterhöhungen erfolgen sollen. Zu bemängeln ist, dass sich die Formulierung der Erläuterungen, in denen von einer einheitlichen Zulage gesprochen wird, nicht mit dem vorliegenden Gesetzestext deckt Dass die Kompetenz der Kollektivvertragsparteien gewahrt wird, ist zu begrüßen. Zu den einzelnen Paragrafen des Gesetzesentwurfes:

Zu § 1

Den Erläuterungen ist zu entnehmen, dass die bessere, einheitliche Bezahlung des Personals im Pflege– und Betreuungsbereich gemäß § 3 Abs. 1 bundesweit sichergestellt werden soll. Die Höhe der nach diesem Bundesgesetz vorgesehene Zulage soll einheitlich bemessen sein und dazu dienen, dass bestehende Gehaltsunterschiede zwischen Menschen in derselben Tätigkeit, aber unterschiedlichen Gehaltsordnungen oder Kollektivverträgen gemindert wird.

Diese Zielsetzung steht im Widerspruch zu den einzelnen Formulierungen des Gesetzestextes.

Durch die Auszahlung anhand des Wohnbevölkerungsschlüssels an die Länder und der pro Kopf Überweisung an die Träger, welche erst Mai 2023 erfolgen soll, ist eben genau nicht davon auszugehen, dass es zu einer Angleichung der unterschiedlichen Gehaltsordnungen und Kollektivverträge kommen wird. Wenn pro Kopf an die Träger ausbezahlt wird, können Unterschiede zwischen Gehaltsordnungen und Kollektivverträgen gar nicht angeglichen werden, sondern kann es immer nur innerhalb des Trägers bzw. der gleichen Gehaltsordnung des gleichen Kollektivvertrages Angleichungen geben. Unterschiede zwischen den Ländern, zwischen privatem und öffentlichem Bereich werden so geradezu verfestigt.

Die Zielsetzung der Erläuterungen findet sich auch nicht in den Voraussetzungen des Gesetzestextes. Ganz im Gegenteil steht die Möglichkeit mit dem Zweckzuschuss Aufgabenverschiebungen abzugelten im totalen Widerspruch zur eigentlichen Zielsetzung.

Darüber hinaus braucht es für die bessere und einheitliche Bezahlung des Personals im Pflege– und Betreuungsbereich eine Ausdehnung des Geltungsbereichs auf die Berufsgruppen des Betreuungsbereichs. Nur dann kann eine einheitliche Bezahlung angestrebt werden. Warum Sozialbetreuer:innen nur dann, wenn sie eigentlich falsch eingestuft sind, vom Geltungsbereich erfasst sind, ist absolut nicht nachvollziehbar.

Vor allem im Hinblick auf den Personalmangel, der sich in den nächsten Jahren noch verschärfen wird, ist eine dringende Attraktivierung des Bereichs notwendig und deckt sich mit den Forderungen der Unabhängigen Gewerkschafter:innen. Trotzdem kann der Zweckzuschuss dazu nur einen Teil beitragen. Weitere Schritte haben in Form von strukturellen Maßnahmen, der generellen Erhöhung der Gehälter und der Verbesserungen von Arbeitsbedingungen zu erfolgen.

Zu § 3

Abs. 1 Zi 3

Leider ist das Verständnis der Politik immer wieder davon geprägt, dass es im System der Pflege die Pflege und davon abgetrennte Bereiche gibt, in dem andere Berufsgruppen arbeiten. Tatsächlich arbeiten Pflegekräfte mit anderen Berufsgruppen an einem Bett. Die Einschränkung des Zweckzuschusses auf die Berufsgruppen der Pflege ist für uns der vollkommen falsche Ansatz, weil diese Einschränkung lediglich zur Umschichtung der Personalnot führen wird. Betreuung und Pflege sind schon gar nicht in einem Betrieb, aber auch nicht in der notwendigen Versorgungsstruktur voneinander abgrenzbar.
Selbst wenn man in einem ersten Schritt nur den klassischen Pflegebereich attraktivieren möchte, müssten zumindest alle Sozialbetreuungsberufe der vom Geltungsbereich erfassten Betriebe umfasst sein.

Abs. 2

Der Geltungsbereich ist um folgenden Punkt zu ergänzen:

6. in Anstalten die für die Unterbringung geistig abnormer oder entwöhnungsbedürftiger Rechtsbrecher, sowie in Krankenabteilungen in Justizanstalten

Schon bei der Corona Prämie wurde die Krankenabteilungen in Justizanstalten vergessen.

Zu § 4

Abs. 1

Im Sinne der Dringlichkeit mehr Menschen für den Pflegebereich zu erreichen, ist die Auszahlung erst im Mai 2023 überhaupt nicht nachvollziehbar. Diese späte Auszahlung ist vor den Beschäftigten mit nichts zu rechtfertigen. Ganz im Gegenteil ist zu befürchten, dass sich weitere Beschäftigte aus dem Bereich verabschieden. Für verhandelnde Kollektivvertragspartner ist es darüber hinaus unerlässlich schon vor den Verhandlungen zu wissen mit welchen Auszahlungen sie rechnen können. In der jetzt vorliegenden Form ist zu befürchten, dass der unerwünschte Effekt geschieht, dass keine Einigungen der Kollektivvertragspartner abgeschlossen werden kann.

Abs 1 ist um das Ziel, das Berufsbild der Pflege zu attraktivieren, zu ergänzen. Nur so kann die eigentliche Zielsetzung des Zweckzuschussgesetzes in die Verhandlungen der Kollektivvertragspartner einfließen. Ohne diese Zielsetzung ist zu befürchten, dass der Zweckzuschuss dazu benutzt wird, die weitere Nivellierung der Gehälter im Pflegebereich nach unten voranzutreiben.

Abs. 3

Das Konzept der Auszahlung ist im Ganzen nicht nachvollziehbar. Die Orientierung am Wohnbevölkerungsschlüssel ist im Zusammenhang für die Verteilung von Zweckzuschüssen für den Pflegebereich absolut absurd. Träger und deren Beschäftigte richten sich zwangsweise nicht danach, wie groß der Bevölkerungsanteil im Bundesland ist. Auch hat die Wohnbevölkerung nicht zwingend etwas mit der Versorgungsnotwendigkeit zu tun. Besonders die Altersstruktur kann sehr unterschiedlich gestaltet sein. Diese Art der Verteilung kann zum unerwünschten Effekt führen, dass einzelne Länder erst recht wieder ganz unterschiedlich bezahlen und Gehaltsdifferenzen nicht ausgeglichen werden.

Verwendung des Zweckzuschusses zur Abgeltung von Mehrleistungen oder höherer Verantwortung aufgrund des Verschiebens von Aufgaben:
Mehrleistungen und auch höhere Verantwortung müssen aufgrund der Systematik in den Kollektivverträgen immer dazu führen, dass eine Anpassung der Einstufung vorzunehmen ist. Konsequent gedacht würde dies unter Anwendung dieser Prämisse dazu führen, dass das Gesetz zur Umgehung von Einstufungskriterien auffordert. Außerdem ist dadurch davon auszugehen, dass langfristig weitere Verschiebungen von Kompetenzen in schlechter bezahlte Berufsgruppen erfolgen. Die damit kausal zusammenhängende Verschlechterung der Gehaltsstruktur des Pflegebereichs führt auch die Zweckwidmung des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz ad absurdum und ist daher abzulehnen.

Zu §5 Abs. 2 Z 2a

Gemäß §3 Abs 1 Z 1 bis 4 ist auf Z 1 bis 3 zu ändern.

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