Neues aus Vorarlberg: ÖGB-Landeskonferenz mit UG-Vorsitzkandidat

Am 16. Mai 2017 fand die 22. Landeskonferenz des ÖGB-Vorarlberg statt. So weit so unspektakulär? Keineswegs, denn Vorarlberg ist anders. In keinem anderen Bundesland ist die FCG so stark. So stark, dass sogar eine „Umfärbung“ des ÖGB im Ländle im Raum stand.

Anders als in „Restösterreich“ stehen die Mehrheitsverhältnisse an der Kippe. Das zeigte sich auch bei den Delegiertenzahlen: 65 Delegierte stellte die FSG, 62 Delegierte die FCG, 2 Delegierte die UG. Im Vorfeld der Konferenz konnte sich die FCG durchaus Hoffnungen auf den ersten „schwarzen“ ÖGB-Vorsitz machen. Wenig verwunderlich daher, dass rund um die Gewerkschafts- bzw. Fraktionsdelegierungen jede Menge Nervosität herrschte, die schließlich in einem handfesten Streit endete. Denn: Aus Sicht der FCG sollte diese im ÖGB längst eine Mehrheit bei den BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen stellen. Diese spiegelte sich allerdings bei den Delegierungen der Einzelgewerkschaften nicht wider. Die FCG warf der FSG Tricksereien vor. Die FSG-Mehrheit bei den Delegierten sei nicht rechtmäßig, so die ChristgewerkschafterInnen, ihnen würden Delegierte unterschlagen.


Unabhängig davon, ob der Vorwurf der FCG an die FSG nun stimmt oder nicht sei einmal so dahingestellt. Tatsache ist: Es  herrscht in den meisten Einzel-Gewerkschaften ein eklatantes Transparenz- und Demokratiedefizit. Insbesondere den „kleinen“ bzw. Nicht-Mehrheitsfraktionen in den Gewerkschaften werden Informationen hinsichtlich der Stärke der einzelnen Fraktionen, der fraktionierten Betriebsräte bzw. der Zuordnung von BetriebsrätInnen zu Fraktionen verweigert. Wir als UGlerInnen können davon Lieder singen … Selbst dem ÖGB ist es nicht möglich, eine Gesamtsicht der fraktionierten BetriebsrätInnen zu erhalten. Wie die Sache mit „Glashäusern“ und „Steinen“ allerdings nun mal so ist: in den FCG-dominierten Gewerkschaften – insbesondere in der GÖD – stellt sich die Situation nicht viel anders dar. Unabhängig davon, dass die UGöD viele Jahre um die Fraktionsanerkennung in der „schwarzen“ GöD kämpfen musste, delegierte nicht zuletzt die GöD in Vorarlberg keine/n einzige/n UG-VertreterIn zur  ÖGB- Konferenz! Und das trotz sensationeller UG-Wahlergebnisse jenseits der 60 Prozent an Vorarlbergs AHS und BMHS für die der UGöD zugehörigen Vorarlberger LehrerInneninitiative!
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Mario Lechner, UG-Kandidat und Personalvertreter

UG stellt Kandidaten für ÖGB-Vorsitz und thematisiert Demokratiedefizite …
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Unabhängig vom Streit zwischen rot und schwarz: Zünglein an der Waage für den neuen ÖGB-Vorsitz hätten die zwei Stimmen der UG-Delegierten sein können.  Die UG entschloss sich allerdings für einen anderen Weg: Mario Lechner, Personalvertreter und KIV/UG-Vertreter im Landesvorstand der Gewerkschaft younion entschied sich für eine eigenständige Kandidatur. Tatsächlich waren für Teile der UG weder der „rote“ Kandidat Loacker noch der „schwarze“ Bitsche wählbar. Angesichts bestehender Transparenz- und Demokratiedefizite, leidvoller Erfahrungen in der Vergangenheit allerdings auch aufgrund der aktuellen politischen Situation, war das Vorgehen der UG goldrichtig. Mit der Kandidatur Lechners gab es abseits der großen Fraktionen eine wählbare Alternative, gleichzeitig war die UG mit der Kandidatur in der Lage die massiven Demokratie und Transparenzdefizite in Gewerkschaften und ÖGB offensiv anzusprechen und zu thematisieren. Defizite, die erst diese verfahrene und zerstrittene Situation, das tiefe Misstrauen und die Spaltung des ÖGB verursacht haben. „Rote“ wie „schwarze“ GewerkschafterInnen stünden sich dahingehend um nichts nach. Der UG-Kandidat macht in seiner Rede auch öffentlich, dass FCG wie FSG in Vorgesprächen der UG versprochen hätten, eine Arbeitsgruppe zum Thema Gewerkschaftsdemokratie und Transparenz einzurichten. Er werden als künftiger UG-Vertreter im ÖGB-Landesvorstand jedenfalls dahingehend Druck machen, dass diese auch tatsächlich eingerichtet wird, so Lechner.
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… und das überraschende und doch nicht so außergewöhnliche Wahlergebnis
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Die Wahl der Delegierten zum ÖGB-Kongress brachte ein überraschendes und ein weniger überraschendes Ergebnis: wenig überraschend wurde Norbert Loacker, der Kandidat der FSG und amtierender Vorsitzender des ÖGB Vorarlberg mit exakt 65 Stimmen gewählt und erhielt die knappe Mehrheit von 50,8 Prozent. Sein Gegenkandidat – der Christgewerkschafter Bitsche – kam auf 59 Stimmen, weniger Stimmen, als die FCG Delegierte stellte. 4 Stimmen – bei 2 UG-Delegierten – entfielen auf den UG-Kandidaten Lechner. Mehr als die Fraktion „Abgeordnete“ zum Gewerkschaftstag stellte. Ein/e Delegierte/r enthielt sich der Stimme.
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Loacker sollte seine Funktion in der Mitte der Funktionsperiode – also in zweieinhalb Jahren – zurücklegen. Damit wären die Weichen für einen „Neustart“ im ÖGB gelegt, so die großen Fraktionen aus dem Chaos der 22. ÖGB-Landeskonferenz lernen und es mit Demokratie und Transparenz in den Gewerkschaften ernst nehmen. Das Chaos rund um die Delegierungen der Gewerkschaften waren jedenfalls kein Ruhmesblatt gewerkschaftlicher Demokratie und dienen nicht dazu, das Vertrauen in die Gewerkschaften zu stärken. Das braucht es allerdings, um den Herausforderungen der nächsten Jahre, vor denen die Gewerkschaftsbewegung steht, begegnen zu können. In Vorarlberg, aber längst nicht nur dort …

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Medien-Berichte zur 22. Landeskonferenz des ÖGB-Vbg:
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ORF Vorarlberg: ÖGB-Chef Loacker knapp wiedergewählt

vol.at: Norbert Loacker als ÖGB-Landesvorsitzender wiedergewählt

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Bericht von Markus Koza, Vorsitzender der UG im ÖGB und Mitglied des ÖGB-Vorstands, der als Ehrengast an der Vorarlberger Landeskonferenz teilnehmen durfte. Ein ausführlicher Bericht – insbesondere auch aus Sicht der Vorarlberger FreundInnen und weitere Hintergründe – folgt in der nächsten ALTERNATIVE.

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