Zum Metallerabschluss

Eine (Erst)Einschätzung.

Was zuallererst festgehalten werden muss: Ohne Protest- und Kampfmaßnahmen in den Betrieben, ohne die Warnstreiks in der Metallindustrie wäre der Metallerabschluss so nicht zustande gekommen. Die Aufkündigung bereits verhandelter Ergebnisse durch die Arbeitgeberseite sollte wohl die Mobilisierungsfähigkeit der Gewerkschaften in der Metallindustrie abtesten. Der Umfang und die Beteiligung an den Streiks hat wohl auch die Arbeitgeberseite überrascht und letztlich wieder an den Verhandlungstisch gebracht.

Der –  auch für folgende Kollektivvertragsrunden richtungsweisende – Kollektivvertrag ist damit nicht nur ein Erfolg der Gewerkschaften sondern insbesondere auch einer der Beschäftigten in der Metallindustrie. Der Dank Streikbewegung letztlich positive Abschluss der sich ausgesprochen mühsam und zäh gestaltenden Verhandlungen, zeigt allerdings auch deutlich, dass es in Zukunft wohl ohne breite Mobilisierung der Beschäftigten nicht gehen wird. Insbesondere wenn sich die Arbeitgeberseite einer ihr genehmen und geneigten Regierung sicher sein kann.

Für die Gewerkschaften muss das allerdings kein Nachteil sein. Ganz im Gegenteil: So gewinnen die Gewerkschaften an Rückhalt, Stärke in den Betrieb, so wird Gewerkschaft als unmittelbare, lebendige Interessenvertretung vor Ort erlebt. Dass Wirtschaft, Verteilung, Machtverhältnisse nichts „Gottgegebenes“ sind, sondern gestaltet und verändert werden können.

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Löhne steigen um mindestens 80 Euro, Lohnabschluss zwischen 3,0 und 4,3 %

Ein prozentual gestaffelter Lohnabschluss kombiniert mit einem Mindestbetrag, um den Löhne und Gehälter mindestens steigen müssen kommt grundsätzlich insbesondere unteren und mittleren Einkommensgruppen zugute, da diese prozentual stärker dazu gewinnen, als obere Einkommen. So auch bei diesem Metallerabschluss: Gefordert wurden ursprünglich mindestens 100 Euro bzw. + 5 % geworden sind es mindestens 80 Euro und 3,0 bis 4,3 %. Das ist ein Reallohnzuwachs insbesondere bei unteren Einkommensgruppen. Insbesondere hier sind Reallohnzuwächse sowohl aus verteilungs- als auch konjunkturpolitischen Gründen besonders wichtig, weil die finanzielle Stärkung unterer Einkommensgruppen besonders nachfragewirksam sind und so die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stabilisieren.

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Lehrlingsentschädigung

Die Lehrlingsentschädigungen steigen ordentlich an – um 100/90/80/70 Euro im 1./2./3./4. Lehrjahr.  Erhöhungen zwischen 16 und 4,6 Prozent. Diesem Abschluss gingen ähnlich zähe Verhandlungen voraus wie den anderen Ergebnissen. Der Arbeitgeberseite musste auch hier von den Gewerkschaften „auf die Sprünge“ geholfen werden – als Maßnahme gegen den gerade von Unternehmensseite überall diagnostizierten „Facharbeitermangel“ für ein Attraktivierung der Lehre zu sorgen. Dringend auch jenen Branchen zur Nachahmung empfohlen die ebenfalls einen Mangel an Fachkräften beklagen, aber keinerlei bis nur wenig Bereitschaft zeigen, Arbeits- und Einkommensbedingungen zu verbessern.

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Arbeitszeit -100 % Überstundenzuschlag für 11. und 12. Stunde und ab 51. Wochenstunde …

Mit dem Zuschlag von 100  Prozent zur 11. und 12. Stunde wollen GPA-djp und PROGE die durch das von schwarz-blau Arbeitszeitgesetz entstandene „Schieflage“ korrigieren. Das kann im Rahmen von Kollektivverträgen natürlich nur bedingt funktionieren. Der 100 %ige Zuschlag für die 11. und 12. Stunde bzw. ab der 51. Wochenstunden verteuert für die Arbeitgeberseite den 12-Stunden-Arbeitstag empfindlich und ist dahingehend zu begrüßen.

Weiters wurden die bisher befristeten 150-Prozent- Zuschläge für die Arbeit an vier Sonn- und Feiertagen im Jahr dauerhaft in den KV übernommen, ebenso die Wahlfreiheit zwischen Geld und Freizeit.

Zusätzlich wurde ein „Monitoring“ eingeführt, um das Recht auf Ablehnung der 11. und 12. Überstunde zu stärken. Wird das umstrittene „Freiwilligkeitsprinzip“ verletzt sollen die KV-Parteien sich dieser Fälle annehmen, bei Häufung sollen konkrete Regelungen im Kollektivvertrag festgeschrieben werden.

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… und was AUGE/UG-BetriebsrätInnen dazu sagen

Martin Gstöttner, stv. Betriebsratsvorsitzender (ArbeiterInnen) bei Plasser und Theurer, AUGE/UG Mitglied des PRO GE Landesvorstands in Oberösterreich und Spitzenkandidat der AUGE/UG zur OÖ AK-Wahle, ist über den Abschluss in Summe erfreut: „Gesundheits- und familienfeindlichen 12-Stunden-Tagen und 60-Stunden-Wochen wurde ein finanzieller Riegel vorgeschoben, und das ist gut so.“ Die Gefahr ausufernder 12-Stunden-Tage und 60-Stunde-Wochen sieht Gstöttner durch die hohen Zuschläge eingedämmt.

Mesut Kimsesiz, Betriebsrat bei Rheinmetall MAN und Kandidat der AUGE/UG zur AK Wahl in Wien, sieht den Zuschlag von 100  Prozent für die 11./12. Arbeitsstunde bzw. ab der 51. Wochenstunde zwar ebenfalls positiv – mit den  Zuschlägen allein dürfe man sich allerdings nicht zufrieden geben. Es darf nicht der Eindruck entstehen, man habe sich mit dem 12-Stunden-Tag abgefunden, 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche wären durch den Abschluss legitimiert: „Es muss nach wie vor Ziel der Gewerkschaften sein, dass der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche zurückgenommen wird, von ‚Freiwilligkeit‘ kann ja ohnehin nicht die Rede sein.“ Kimsesiz hätte sich im Vorfeld der Verhandlungen eine Ausweitung der Warnstreiks auf alle MetallerInnenbereiche – etwa auch auf die Fahrzeugindustrie – gewünscht, um den Druck auf die Arbeitgeberseite noch zu erhöhen.

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Was leider nicht erreicht wurde …

Der Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche, die 6. Urlaubswoche und Maßnahmen in Richtung Arbeitszeitverkürzung. Die Auswirkungen von gesetzliche möglichen 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche wurden zwar abgemildert aber keineswegs aufgehoben. Das wäre über den KV auch nur schwerlich möglich gewesen.

Die Arbeitgeberseite war hier offensichtlich zu keinen Zugeständnissen bereit, war sie doch die treibende Kraft hinter der Gesetzesänderung. Hier zeigt sich auch die Bedeutung von gesetzlichen Regelungen als Rahmen für KV-Verhandlungen. Wird dieser Rahmen zulasten der ArbeitnehmerInnen geändert,  verschlechtern sich auch Verhandlungsposition und Spielräume der Gewerkschaften empfindlich.
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Gleitzeit: Überstundenzuschläge und verpflichtende Zeitausgleichstage

Im Metaller-KV festgehalten wird, dass bei Gleitzeit angeordnete Überstunden mit Überstundenzuschlägen – im Falle der 11. und 12. Stunde mit 100 Prozent – zu entgelten sind. Zusätzlich  sieht der Kollektivvertrag vor, dass ArbeitnehmerInnen mit neu abgeschlossenen Gleitzeitvereinbarung ein Zeitausgleich im Umfang von zumindest 6 arbeitsfreien Tagen zusteht – eine besonders für Angestellte wichtige und begrüßenswerte Regelung, die richtungsweisend auch für Angestellte andere Branchen ist.

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Conklusio

In Summe ist das Metallerergebnis jedenfalls positiv zu bewerten und erfüllt auch durchaus den ihm oft zuerkannten Anspruch als „Orientierungsrahmen“ für kommende Kollektivvertragsverhandlungen. Für die Zukunft wird die Frage arbeitnehmerInnenorientierter Arbeitszeitmodelle und der Arbeitszeitverkürzung und Strategien, wie diese erreicht werden können, an Bedeutung zunehmen und stärker als bisher in den Fokus gewerkschaftlichen Handelns rücken müssen. Im Wissen, dass unter herrschenden politischen Mehrheitsverhältnissen, der Kampf um menschengerechte Arbeitszeiten alles andere als einfach ist.

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